Was du am Besten kannst

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Daniela rannte mit einer Umhängetasche in das Martin-Klinikum wo die Empfangsdame sie erschrocken ansah, als sie abrupt davor stehen blieb. „Kommissarin Daniela Stamm", begann sie keuchend und zeigte ihren Ausweis, „meine Kollegen wurden eingeliefert!", erklärte sie und die Empfangsdame tippte sofort die Informationen in ihrem Computer ein und nickte. „Ihr Kollege, Kommissar Ritter hat sie angemeldet. Ihre Kollegin wurde bereits versorgt. Sie hatte eine Platzwunde, die man kleben konnte. Ihr junger Kollege wird gerade noch operiert. Kommissar Ritter und Kommissarin Schimke sind im Warteraum. Zweiter Stock, links!", gab sie durch und Daniela verabschiedete sich mit einem dankenden Nicken, bevor sie sich zu den Aufzügen begab und den Knopf betätigte.

Als sich dieser öffnete, wich Daniela mit einem aufgesetzten Nicken einer Krankenschwester aus, ging in den Lift und drückte den Knopf für den zweiten Stock. Als sich die Türe wieder schloss, atmete sie tief durch und sammelte sich.

Denn in ihr brodelte ein Vulkan. Die Tatsache, dass die ganze Operation aufgrund eines übermütigen Security-Mann scheiterte und nun Henry, Johanna sowie auch Philipp darunter leiden mussten, nagte natürlich auch an ihrem Nervenkostüm. Am liebsten würde sie nun gemeinsam mit Michael und Charlie das ganze Theater durchsuchen und Spuren finden, die zu den Tätern führen würden, doch sie wusste auch, dass sie nun gebraucht wurde. Und zwar in einer Art und Weise, die sie nur selten zeigte. Ihr Bauchgefühl sprach da eine eindeutige Sprache.

Als der Aufzug mit einem lauten Ping das zweite Stockwerk ankündigte, schritt Daniela nach dem Öffnen der Türe nach draussen und folgte den Hinweisschildern an den Wänden, die zu Wartebereich führten, wo sie sofort Ihre Kollegen erblickten, da sie die Einzigen im Wartesaal waren. Während Robert wie ein eingesperrtes Tier hin und her lief und dabei das Handy am Ohr hielt, sass Johanna auf einem der Stühle und hatte sich in Roberts Jacke gekrallt, die um ihren Schultern hing.

„Hey", begrüsste Daniela sie langsam, als sie den Wartesaal betrat und setzte sich sofort neben Johanna, die zu ihr blickte. An ihrer Schläfe klebte ein dickes Pflaster.

„Hey", grüsste Johanna sie zurück und strich sich dann über die gesunde Schläfenseite. „Michael und Charlie räumen das ganze Theater um wenn's sein muss. Wir finden irgendwas, das uns zu Philipp führt!"

„Versuch mich nicht aufzumuntern Dani", begann Johanna leise und nickte auf Robert, „ich höre ja schon die ganze Zeit, wie die Lage ist. Die sind verschwunden und wir müssen warten, bis die sich mit einer Forderung bei uns melden." Dani atmete tief durch.

„Was uns aber auch zeigt, dass Philipp noch lebt. Sie können uns keine Forderungen stellen, wenn sie nichts gegen uns in der Hand haben!"

„Die haben einfach geballert Dani. Deshalb liegt Henry nun auch mit offenem Bauch auf dem Operationstisch. Ich wäre mir da nicht so sicher!"

Ruckartig, zog Johanna, Roberts Jacke von sich, schmiss sie auf Stuhl nachdem sie aufgestanden war und stürmte zur Damentoilette.

„Micha, ich...", wollte Robert das Telefonat beenden, doch Daniela hielt eine Hand hoch. „Darum kümmere ich mich", sagte sie sofort und nahm die Tasche, die sie zuvor auf den Boden gestellt hatte, wieder an sich.

„Joschi, beruhig dich!", mahnte Dani, nachdem sie Joschi zur Damentoilette gefolgt war. Doch Johanna schlug ihre flache Hand gegen die Wand, so dass ein Teil von Henrys getrockneten Blutes an dem Tapet hängen blieb. „Philipp wurde gerade von diesen Mistkerlen irgendwo hingebracht. Das, weil er nicht wollte, dass ich nochmals mein Trauma durchleben muss."

„Joschi, das weisst du doch..."

„...ich hab es in seinen Augen gesehen, Dani!", unterbrach Johanna ihre Kollegin sofort und nun, begannen sich erneut die Tränen in ihren Augen zu sammeln. „Er hatte sich komplett ergeben. Und das nur weil ich..." Die junge Kommissarin unterbrach sich selbst , faltete die Hände hinter den Kopf zusammen und begann, wie ein wildes Tier hin und her zu laufen.

„Er wollte dich und Henry retten, Joschi. Du weisst wie Philipp ist. Er will nie wieder einen Kollegen, oder eine Kollegin verlieren. Dafür würde er alles tun. Charlie konnte ihn nicht mehr halten, als die ersten Schüsse von Aussen her zu hören waren. Ausserdem wollen wir alle nicht, dass du das nochmals durchstehen musst. Du bist damals beinahe draufgegangen, falls du es nicht vergessen hast!"

Da war er! Dieser Ton der jeder von Dani kannte. Die erfahrene Polizistin war zur fürsorglichen Mutter gewechselt, die aber noch immer die Tatsachen vor Augen hatte. Der mahnende Ton war zwar forsch und doch konnte man genau heraushören, dass sie sich sorgte.

„Wir hätten wahrscheinlich alle wie Philipp reagiert. Jeder von uns war damals so voller Angst! Wir hätten dich verlieren können Joschi. Wir hatten dich quasi schon verloren, wenn Philipp nicht eisern durchgehalten hätte und dich reanimieren konnte. Du gehörst zu uns Joschi, wir wollen dich nicht nochmal verlieren!"

Auf Danis letzten Satz hin, stoppte Joschi und blieb zitternd stehen. Ihre Augen waren direkt auf Dani gerichtet und die Tränen liefen nun über ihre geröteten Wangen.

„Was soll ich nun tun, Dani?"

Die Angesprochene, ging langsam auf Joschi zu und nahm ihre Hände in die ihre. „Nun, warten wir erst Mal ab, was die Ärzte zu Henry sagen. Robert, Micha und Charlie sind schon mit Hochdruck daran, eine Lösung zu finden. Tim ist nun auch dazugestossen. Ich denke, für Henry wird es auch erst Mal wichtig sein und gut tun zu sehen, dass du wohlauf bist. Er kennt die Geschichte schliesslich ja auch. Und dann..." Langsam löste sich Dani wieder und griff zur Tasche, die sie mitgebracht hatte „...dann kannst du Philipp zeigen, was ihn immer so stolz auf dich macht. Deine Kämpfernatur und dein heller Geist. Dass du trotzt einem Sturm immer funktionierst. Und da ihr ja immer einen auf „ich hab was gut bei dir" macht: Kannst du nun bei ihm wieder was gut machen!" Sie übergab Johanna die Tasche und diese blickte hinein. Darin waren Reinigungstücher, ihre normale Kleidung, sowie ihre Dienstwaffe.

„Ich weiss, dass du das kannst Joschi. Trotz dem Schock warst du bei Henry und hattest ihn beruhigt und umsorgt, viele schon erfahrene Kollegen, sind bei solchen Situationen schon komplett erstarrt. Du aber nicht. Du hast sofort reagiert und erste Hilfe geleistet, obwohl du dich zuerst deinem eigenen Trauma stellen musstest und dann mit angesehen hast wie ein Kollege und guter Freund entführt wurde. Du hast den Schalter schon gut in dir, du merkst es manchmal einfach noch nicht! Und wenn ich dich richtig einschätze, willst du die Beiden doch genau so gern hinter Gittern sehen, wie jeder von uns! Ich seh's in deinen Augen." Joschi sah auf und sie atmete tief durch. „Gib mir fünf Minuten!", sagte sie nun mit fester Stimme und verschwand in einen der Toilettenkabinen.

Einige Minuten später, kam Johanna aus der Kabine, komplett umgezogen und abgeschminkt. Am Gürtel war der Halfter mit ihrer Pistole und die wundgelaufenen Füsse, waren nun wieder in Socken und bequemen Turnschuhen.

Während sie die Tasche auf den Boden stellte, band sie sich ihren Pferdeschwanz, doch die bereits geflochtenen Zöpfe, hatte sie aufrecht erhalten.

„Habt schliesslich lange genug daran gehabt", erklärte sie auf Danis fragenden Blick. „Magazin", kündigte diese dann an und reichte das angesprochene Objekt an Joschi, die ihre Waffe hervor nahm und dann das Magazin einsetzte, dass sie dann einrosten liess und anschliessend die Waffe sicherte, bevor sie wieder in den Halfter steckte.

„Ich schwör dir, sobald ich weiss und gesehen habe, dass Henry durchkommt, sollen die Beiden froh sein, dass ich noch Moral und Anstand habe...sonst würden sie wie die wirklichen Bonnie und Clyde enden! Ich persönlich will die Beiden nur hinter schwedischen Gardinen verrotten sehen."

K11 - Bonnie & ClydeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt