Prolog

69 10 3
                                    

Vorsichtig spähte die braune Kätzin durch die Zweige des Baues. Hinter ihr erklang ein wehmütiges Mauzen aber sie hatte keine Zeit sich auf das kleine Fellbündel hinter ihr zu konzentrieren. "Sch, Kleines...Mama ist gleich wieder da", beruhigte die Kätzin liebevoll. Sie trat aus dem Bau und lief zum anderen Ende der Lichtung. Dort wartete bereits jemand auf sie. "Der Clan wird unruhig", miaute er besorgt. "Wie geht es ihr?", fügte er noch fragend hinzu.

Die Braune legte den Kopf schief. "Kein Anzeichen von grünem Husten. Ich hoffe, dass bleibt vorerst so. Wir haben schon zu viele Katzen im letzten Mond verloren" Bitterkeit klang deutlich bei den Worten mit. Tröstend sah der Kater sie an. "Wir sind stark. Wir werden nicht untergehen" die Kätzin nickte. "Ja - du hast recht" ihre Augen waren traurig zu Boden gesenkt.

"Aber wir werden nie wieder so sein, wie wir einst waren: Wir werden Ampferflut nie mehr jagen sehen. Schieferkralle nie wieder Witze reißen hören. Haferpelz geschickte Pfoten nie wieder beim Kräutersortieren beobachten...so viele Verluste. Gräserherz, Baumsprung, Marderstreif. Mondsturm, Zedernreh. Moor...", sie machte eine dramatische Pause, "Moorjäger"

Mitfühlend sah der Kater sie an: "Es ist nicht alles verloren. Du hast sie noch. Und den Clan, der an deiner Seite steht. Wir müssen lernen zu vertrauen."

Die Braune wandte sich ohne ein weiteres Wort zu sagen ab. Sie wollte weg, weg von diesem Lager. Weg von der Trauer, die es mit sich trug. Weg von dieser Last. Doch sie konnte nicht. Sie musste sich um wichtigeres kümmern, ihr Junges zum Beispiel. Sie legte sich dicht neben den kleinen Körper und schlief ein.

***

Sie erwachte auf einem kleinem, fast flachem Hügel. Als sie sich umsah, entdeckte sie einen See. Vorsichtig trat sie näher. Ein Schritt. Und noch einer. Sie wollte einen Schluck trinken, da sah sie ihr Spiegelbild. Und das Wasser vibrierte. Es nahm eine neue Form an, es zeigte diesen Tag. Diesen Tag, an dem sie so viel verloren hatte. Es zeigte, wie ihr Gefährte verblutete, wie Haferpelz der Krankheit zum Opfer viel und so viele weitere Verluste.  Sie konnte sich nicht losreisen. Sie durchlebte es wieder; diesen Schmerz. Diesen leeren, toten Blick. Diese unendliche Stille.

Plötzlich rammten sie zwei Pfoten von der Seite in die Flanke und sie wurde zurückgeschleudert. Mit einem dumpfen Aufprall landete sie unbeholfen auf dem Boden. "Sandstern", hauchte sie, als sie den verstorbenen Anführer erkannte. "Nenn mich Apfelstern.", miaute er und sah sie wütend an. "Was hast du dir dabei gedacht? Der See des Verderbens ist nicht um sonst für Katzen wie dich nicht gestattet! Du hättest für immer hier stehen können! Und was zum GeisterClan tust du hier überhaupt?", fuhr er sie an.

Die Braune blickte unschuldig auf ihre ebenfalls braunen Pfoten. "Ich bin hier aufgewacht. Woher sollte ich wissen, dass ich in eurem Territorium aufwache? Ihr zeigt euch ja nur Heilern und Anführern", blaffte sie. Apfelstern schüttelte den Kopf. "Keine Katze hat dich hergeschickt ... offenbar ... nein, das kann nicht sein" "Was kann nicht sein?", fragte die Kätzin neugierig. "Sag", forderte sie ihn unvermittelt auf. "Es kann nicht wahr sein ... aber als du gegen Blattstern gekämpft hast ... hast du offenbar etwas von ihrer Macht erhalten. Sie konnte in Träumen wandeln, an irgendwelche Orte, um dort, im Schlaf, Dinge zu erledigen, die ebenfalls in der Realität geschehen", maunzte er ungläubig.

"Es ist eine ungeheuer mächtige Kraft, sie darf niemals wieder verwendet werden!" "Aber ich habe diese Kraft nun", meinte die Braune gleichgültig. "Ich kann sie nicht einfach aus meinem Körper verbannen"

Bestimmt sah der ehemalige Anführer sie an. "Nun gut. Aber du darfst in deinen Träumen niemals wieder eine Katze angreifen. Egal, was sie dir antut. Flieh davor, verstanden?" ernsthaft nickte die Königin. Apfelstern wandte sich schon zum Gehen um, blieb dann jedoch stehen. "Dein Junges", hauchte er. "Es könnte ebenfalls diese Kraft besitzen" die Braune überlief ein Schauer. "Sie ist nicht so wie Blattstern, dass versichere ich dir!", miaute sie flehend. "Das ist nicht so einfach. Bei dir wissen wir, dass du zu den Guten gehörst. 

Ihren Charakter kennen wir nicht. Sie könnte noch mehr als diese Kraft von Blattstern geerbt haben, falls sie sie überhaupt hat. Sollte sie auch nur einmal ähnlich wie Blattstern handeln und ihre Kraft so einsetzten, wie sie es tat, müssen wir die Clans schützen. Und wir müssen sie selbst vor sich selbst schützen. Tut mir leid", seine Augen leuchteten geknickt. "Nein!", fauchte die Braune genervt. "Sie kann nichts dafür. Die Gabe kommt von Blattstern. Und Blattstern hat sie von euch bekommen, weil sie damit die Prophezeiung erfüllen sollte! 

Es ist eure Schuld, dass ich diese dämliche Gabe überhaupt habe! Weil ihr nichts als tote Katzen seit! Ihr habt das Unheil über die Katzen gebracht. Wegen euch ist Moorjäger tot. Weil ihr ihr diese Gabe gegeben habt!" "beruhig dich", miaute Apfelstern sanft. "Niemals", widersprach die aufgebrachte Kätzin. "Doch. Setzt dich. Und jetzt bleibt genau dort." nach einiger Zeit konnte die Kätzin wieder einfacher Atmen. "So ist es doch besser.", maunzte der Kater mitfühlend. "Moorjäger und seine Freunde sind hier in guten Pfoten. Sie sind hier glücklich und warten auf dich", beruhigte er sie weiter, doch die Braune hatte schon wieder ganz andere Ideen.

"Kann ich ihn sehen?", fragte sie. "Nein", entschied der Kater bewusst. "Du wurdest nicht hergerufen. Du bist eigenständig gekommen, du musst zurück"

Doch die Kätzin schüttelte den Kopf. "Ich würde niemals an diesen Ort mit Absicht gehen!", verteidigte sie sich. "Ich bin eingeschlafen und hier aufgewacht. Jemand muss mich hier hergeholt haben", sagte sie bestimmt. 

"In der Tat, das war ich", ein großer grauer Kater trat aus den Farnen. "Mein Name ist Flüsterwelle", stellte er sich vor. "Und ich muss dir etwas zeigen" er blickte in eine Pfütze, neben dem See des Verderbens. Er hielt seine Pfote hinein und zog sie wieder hinaus. "Sie hinein"

Die Braune tat wie befohlen. Vorsichtig wanderten ihre Augen zur Pfütze. Man sah, eine braungetigerte Kätzin. "Blattstern!", miaute sie geschockt. "Was hat das jetzt mit ihr zu tun?", fragte sie verblüfft. "Alles und nichts", gab Flüsterwelle als Antwort "Toll" miaute die Braune frustriert. 

"Achte auf die Katzen die ihrem Charakter und ihrem aussehen ähneln. Achte auf sie, aber beschuldige sie nicht". 

erklang seine Weise Stimme ein weiteres Mal, dann verschwand er. 

Die Kätzin erwachte und zog mit dem Schweif den kleinen Körper näher an sich. Ich werde dich beschützen. Koste es was es wolle. Sie werden dir nichts antun.  


....................................................

(Überarbeitet) 

Geheimes FlüsternWo Geschichten leben. Entdecke jetzt