19. Kapitel

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Haselfell lief zu ihrem Wacheposten und beschäftigte sich mit der Frage, wie schlecht es wirklich um die Clans stand. Auf der einen Seite war der GeisterClan da, der die Katzen beschützte. Auf der anderen Seite, reichten selbst die mächtigsten Katzen nicht, um einen Sturm aufzuhalten. 

Und es würde sehr lange dauern, bis die Lager wieder voll und ganz sicher waren. Haselfell seufzte. Nach dem Kampf war vor dem Kampf, wie Giftflosse mal gesagt hatte. Es dauert nur einige Zeit, bis der nächste Kampf anrückt. Und dieser Kampf wird gegen die Macht des Tieres geführt. 

Die junge Kriegerin schüttelte ihren Pelz und konzentrierte sich auf die Wache. 

***

"Haselfell, hast du dich schon mit den Ältesten unterhalten?", ließ Kiefernfells Stimme Haselfell erschrocken zusammenzucken. Die junge Kriegerin drehte sich zu ihrer Mutter um. "Ich...äh nein", gestand sie. Kiefernfell verdrehte die Augen "Dacht' ich's mir", murmelte sie ein wenig belustigt, ein wenig verärgert. 

"In zwei Tagen musst du wissen, was du sagen wirst", erinnerte die langhaarige nochmals und verschwand dann wieder in Richtung der Lichtung. Haselfell seufzte und setzte sich. Sie stand etwas abseits von allen anderen Katzen, die von Glutsturm zu Patrouillen eingeteilt wurden, denn Haselfell musste üben. 

So was mausehirniges, zeterte die Braune in Gedanken. Es war ein Teufelskreis; Haselfell hatte eine Idee, was sie auf dieser Versammlung sagen sollte bis sie diese kurzzeitig wieder vergaß. Und um auf die Idee wieder zu kommen, musste sie erst wieder auf die Idee kommen, was also schlicht nicht möglich war. 

Es war knapp ein Viertelmond vergangen, seit Haselfell das letzte mal mit Sandstern geredet hatte. Und auch sonst hatte sie sich nicht viel mit jemandem unterhalten sondern immer nur Worte gewechselt. Einige Katzen hatte Haselfell nicht einmal mehr angeschaut, eigentlich verkroch sie sich die meiste Zeit des Tages irgendwo im Lager wo sie alleine war und ging dann Nachts auf Einzelpatrouille. Glutsturm hatte ihr diesen Vorschlag gemacht und es war ein guter. 

Die junge Kätzin war ziemlich mitgenommen von all dem und konnte nicht verarbeiten, wie die friedliche Welt, in der sie so lange gelebt hatte zusammenbrach. Inzwischen hatte Haselfell sich etwas mehr an die Umstände gewöhnt und hielt nicht mehr allzu viel Abstand zu anderen Katzen. 

Diesen Abstand hatte sie ja nur gehalten, damit sie den anderen nicht im Weg stand. 

Dass verfuchste an der ganzen Sache war nur, dass Kiefernfell recht hatte - Haselfell musste noch mit den Ältesten reden. 

"Haselfell?", wurde sie erneut aus den Gedanken gerissen. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass ihr jemand näher gekommen war. "Ja?", fragte sie matt. Es war Glutsturm, der die Patrouillen eingeteilt hatte, der zu ihr gekommen war. "Vielleicht solltest du dem Lager erstmal wieder näher kommen. Also dass du mal im Heilerbau herumstöberst, in der Kinderstube vorbeischaust, sowas eben. So kommst du auch wesentlich schneller wieder auf den Stand der Dinge", schlug er vorsichtig vor. 

Haselfell hatte beinahe jede Katze angefaucht, die ihr geraten hatte, das Lager auch mal wieder tagsüber zu verlassen oder im Lager herumzulaufen. Doch gerade kam ihr der Vorschlag ganz in Ordnung vor, sie wollte ja sowieso wieder anfangen ein möglichst normales Clanleben zu führen. 

"Ja, gerne", antwortete sie, immer noch tonlos, aber wenigstens irgendwie. "Gut", meinte Glutsturm erleichtert und lief weiter. Vermutlich versuchte er den anderen Katzen, die die gleichen Sorgen und Probleme hatten wie Haselfell den gleichen Vorschlag zu machen. 

Haselfell stellte sich wieder hin und lief langsam zur Kinderstube wo man schon von weitem freudiges Quicken hörte. Als Haselfell den Bau betrat schnurrte Rochenherz erfreut. "Geht es dir wieder etwas besser?", fragte sie schien aber eigentlich keine Antwort zu gebrauchen, ihre Stimme klang schon so erleichtert. "Ja", antwortete Haselfell freundlich. "Ich nehme mal an, dass es deinen Jungen auch gut geht", meinte sie und deutete auf die zwei Fellbündel die auf dem Boden der Kinderstube rauften. 

Erst kurz nachdem sie die Worte gesprochen hatte wurde ihr klar, dass das vermutlich die meisten waren, die sie in diesem Viertelmond gesprochen hatte. 

"Und wie", schnurrte Rochenherz glücklich. Auch Strandstachel unterhielt sich noch ein bisschen mit beiden Kätzinnen bis Haselfell beschloss erstmal den Heilerbau zu besuchen. 

***

Dort angekommen begrüßte Aschensand sie matt, schien sich aber dennoch zu freuen dass Haselfell wieder herkam. Steinkralle ging es immer noch nicht besser, im Gegenteil - sein Zustand hatte sich verschlechtert und das konnte man erkennen, ohne das man Heiler war. 

"Eine innere Blutung war noch nicht gestillt und ich habe innere Wunden nur sehr selten behandelt. Der GeisterClan hat mir schon alles mitgeteilt, was er weiß aber ich fürchte, Steinkralle wird den Sturm nicht überleben. Ich gebe ihm Mohnsamen, damit er sich ausruhen und die Schmerzen vergessen kann", murmelte Aschensand leise. 

Haselfell nickte langsam und sah sich um. Der Heilerbau war aufgeräumt, hier und da lagen ein paar Mohnsamen verstreut aber mehr auch nicht. Außer Haselfell, Aschensand und Steinkralle war nur Wolkenriss im Bau, der jetzt praktisch Aschensands helfende Pfote war. 

Haselfell verließ den Bau wieder und ging hinüber zum Ältestenbau. Also gut, Haselfell. Jetzt wird's entweder gut oder schlecht, aber schlechter als schlecht geht zum Glück nicht, überlegte Haselfell und betrat den Bau. 

Krebsfuß schnarchte in seinem Nest und Krokusblume unterhielt sich mit Feuerblitz. Beide schienen Haselfell bemerkt zu haben, redeten jedoch entspannt weiter. 

Nur Giftflosse kam auf sie zu. "Sandstern sagte mir, ich soll dir helfen. Also werde ich das tun", meinte die alte Kätzin und lief mit Haselfell in den hinteren Abschnitt des Baues. 

"Du hältst eine Rede vor fast allen Katzen der Clans. Der GeisterClan wird dir sowieso zuhören und vielleicht sogar Katzen, die vor einem Tag noch Junge waren. Was solltest du also nicht sagen?" - "Ich...sollte keine Panik verbreiten und keine Grenzgeschichten die schon Vergessenheit sind ansprechen", rätselte Haselfell. Giftflosse nickte. "Versuch generell das Thema Grenzen zu vermeiden. In dieser Situation sind wir gemeinsam eins, da helfen uns Grenzen nicht weiter. Du kannst aber über alle als Gesamtbild reden. Wie viel die Clans schon gemeinsam geschafft haben, die Wildschweine oder Blattstern. Rede über erfolge und rede so, dass sie dir zuhören"

"Du kannst das viel besser als ich", seufzte Haselfell. "Mag sein, junge Kätzin, aber genau darum bist du hier. Um sprechen zu erlernen. Abgesehen davon habt ihr jungen Katzen sowieso überall eine große Klappe, daher bezweifle ich sowieso nicht, dass du den Mund nicht öffnest" Haselfell entwich ein leichtes Schnurren. 

"Wenn du redest, rede mit Worten die jeder versteht, bring Beispiele die die Gemeinsamkeit der Clans unterstützen. Und der GeisterClan wacht über jede Katze, vergiss nicht, dass mit einzubauen", fuhr Giftflosse fort. Dann schnippte sie mit dem Schweif und gab Haselfell so das Zeichen zu gehen. Dankbar nickte Haselfell und lief Richtung Ausgang. 

"Nicht alle Stürme kommen, um dein Leben zu zerstören, Haselfell. Einige kommen nur, um den Weg freizuräumen", miaute Giftflosse ihr noch hinterher. 

Haselfell drehte sich um, mittlerweile glänzten ihre Augen Wahrscheinlich voller Zuversicht. Sie nickte Giftflosse zu und verließ zielstrebig den Bau. Sturm, du kannst kommen. Die Clans sind bereit.  

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(Überarbeitet)

Geheimes FlüsternWo Geschichten leben. Entdecke jetzt