22. Kapitel

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"Haselfell!", rief überrascht eine andere Stimme und Frostwind eilte an Nachtklangs Seite zu ihrer Freundin. "Wie's aussieht geht es dir gut", schnurrte auch Nachtklang. "Ja, mehr oder weniger", meinte die Braune etwas überrumpelt , "durftet ihr nicht nach mir sehen?"

Rochenherz zuckte unruhig mit der Schwanzspitze. "Aschensand gestattet nur Heilern Eintritt. Wie sieht es darin denn so aus?" "Es ist...voll. Aber ruhig dort. Ich dachte, du hättest dich mit Aschensand und jemand anderem über mich unterhalten?" Rochenherz überlegte kurz, ehe sie miaute: "Stimmt, aber Widderpfote hat sich auch verletzt, deswegen durfte niemand mehr den Bau betreten. Ihm geht es inzwischen wieder besser", fügte sie noch hinzu. 

"Weiß jemand, warum ich gestürzt bin? Ich erinnere mich nur noch daran, dass ich fiel", wollte Haselfell wissen. "Angeblich war da eine Art Schlucht, in die du gefallen bist. Die anderen aus deiner Gruppe mussten erst einmal außen herumlaufen um zu dir zu gelangen" 

"Oh...na ja, ich schätzte, ich sollte mich bei ihnen bedanken", miaute Haselfell etwas überrumpelt. "Noch ist nicht gesagt, dass du nicht stirbst. Einmal vor dem Tod gerettet zu werden bedeutet nicht, dass der Tod nicht erneut seinen Weg sucht", erklang eine Stimme hinter ihr. 

Die Kätzin wirbelte herum und erkannte Glutsturm der ihr in die Augen blickte. "Woah, seit wann bist du denn so pessimistisch?", wollte Frostwind wissen. Kopfschüttelnd seufzte Glutsturm "Jeder von uns kämpft gerade. Und bis jetzt stehen die Chancen aufs Überleben nicht sonderlich gut" 

"Dann sollten wir an der Tatsache etwas ändern", gab Nachtklang gleichgültig zu bekennen. "Die Frage ist wie", schnaubte Muschelharz, der sich ebenfalls zu ihnen gesellt hatte. Sofort fiel Haselfell der lange Kratzer auf seiner linken Flanke auf. "Das solltest du untersuchen lassen", murmelte die Braune und war überrascht, dass Muschelharz es hörte. 

"Sieht schön aus, nicht?", fragte er scherzhaft, "Aschensand wird es sich anschauen, wenn er weniger zu tun hat" "Glaub ja nicht, du kannst ihn überzeugen, Haselfell", warnte Glutsturm, "wir versuchen es schon seit Tagen" Rochenherz trat unruhig von einer Pfote auf die andere und deutete zögerlich mit ihrem Schweif Richtung Himmel. Wenn man es noch Himmel nennen konnte. 

Im Prinzip herrschte immer Nacht, so finster war es. Was Rochenherz jedoch allen mitteilen wollte war der riesige Blitz, der den Himmel spaltete. Mit einem lauten krachen Schlug der Blitz irgendwo in einem Teil des Waldes ein und ein monströses Donnergrollen folgte. 

"Der Blitz könnte ein Feuer ausgelöst haben", überlegte Muschelharz alarmiert. "Wir müssen hier weg", fügte auch Rochenherz hinzu. Glutsturm wechselte einen nachdenklichen Blick mit Giftflosse, die den Schutz eines Strauches verlassen hatte, um auf den neusten Stand der Dinge zu kommen. "Ist gut", entschied er dann. "Ich werde Sandstern berichten" und damit verschwand der rotorange Kater. 

Wenige Herzschläge später tauchte der Anführer auf und sammelte mit einem Schwanzschnippen alle möglichen Katzen um sich. "Wir werden aufbrechen, wenn wir bereit sind, nicht eher. Wir brauchen einen sichereren Ort", erklärte der sandfarbene Kater. 

"Eine Höhle vielleicht", schlug eine Katze vor. "Höhlen können schnell geflutet werden. Das wäre zu riskant", antwortete Espenschweif. "Ich...hätte eine Idee", meldete sich Birnentraum zu Wort. "Zweibeiner haben sichere und stabile Baue. Nein, damit will ich nicht sagen, dass wir Hauskatzen werden sollen", schnaubte sie verächtlich, "aber ich war schon einmal in einer sogenannten Scheune in der Nähe des Zweibeinerortes. Dort ist es relativ sicher und es gibt viele Mäuse - natürlich werden einige geflohen sein, aber es wäre eine Idee" 

Erstauntes murmeln machte sich unter den Katzen breit. "Keine schlechte Idee", erwähnte Kieselstern ein wenig beeindruckt. "Wir sollten es versuchen", überlegte Meerstern zögernd. "Aber es kann gefährlich werden. Ein hohes Risiko ist immer vorhanden, aber wenn wir dorthin reisen, sollten wir es so schnell wie möglich machen" 

"Dem Stimme ich zu", maunzte Wellenstern. Auch Sandstern nickte. "Macht euch bereit, wir brechen bald auf", beendete Wellenstern die Versammlung und die Katzen stoben auseinander. 

"Alle Schüler können Kräuter tragen. Und einige Krieger Junge!", rief Eberzweig noch, vermutlich verstanden es sogar noch einige Katzen im Getümmel. Haselfell blieb sitzen wo sie war und wartete bis Kiefernfell zu ihrer Tochter hinüberlief. "Haselfell!", maunzte sie erfreut, doch ihre Ohren zuckten angespannt. 

"Es freut mich, dass du wieder auf den Beinen bist", schnurrte auch Minzblatt, die sich einen Weg durch Gestrüpp zu ihrer Freundin bahnte. Kiefernfell nickte der WellenClan-Kätzin zu und wandte den Kopf wieder zu Haselfell um. "Ich muss mit dir reden", flüsterte sie leise, drehte sich um und schnippte auffordernd mit dem Schwanz. Die Braune warf Minzblatt einen entschuldigenden Blick zu. 

"Wir reden nachher", versprach sie flink, ehe sie ihrer Mutter hinterhereilte. Kiefernfell kletterte geschickt einen Baum hoch und machte es sich in der Astgabel gemütlich. Auch Haselfell schaffte es, den Baum zu erklimmen. Im SandClan wurde es jedem Schüler beigebracht über den Boden zu flüchten, falls Gefahr drohte. 

Besorgt musterte die Kriegerin sie. "Es gibt ein Problem - Aschensand hat herausgefunden, dass Giftflosse an einer Krankheit leidet, die wir nicht heilen können" "Nein!", schrie Haselfell. Giftflosse hatte ihr so viel beigebracht. Giftflosse war diejenige gewesen, von der sie Geschichten hören wollte. Giftflosse war mehr als nur eine Älteste oder eine Clangefährtin für sie. Giftflosse war eine der weisesten und liebenswürdigsten Katzen, die sie jemals kennengelernt hatte. 

"Es gibt nichts, was wir tun können?", fragte die Braune voller Verzweiflung. Mitfühlend sah Kiefernfell zu ihrer Tochter. "Nein", seufzte sie leise, "sie wird nicht mehr lange durchhalten. Aber sie hat darum gebeten, nochmals mit dir zu reden. Ich weiß, dass sie dir viel bedeutet. Sei stark" 

"Ich verstehe das nicht", klagte Haselfell, "vorhin ging es ihr brillant" Ihre Mutter erhob sich langsam. "Eine Krankheit die man nicht heilen kann ist keine Krankheit, bei der man Schmerzen erleidet. Zumindest ist es nicht immer so. Aber ihre Atemzüge werden weniger und ihre Augen trüber" "Ist es ansteckend?" Kiefernfell schüttelte den Kopf. 

Gemeinsam liefen die zwei Katzen zurück auf die Lichtung und krochen in den Heilerbau. Aschensand war, wie immer, bei Steinkralle und versorgte ihn. "Sie ist dort drüben", murmelte der Heiler abwesend und deutete mit den Ohren auf ein Nest auf der anderen Seite des Baues. 

Haselfell machte langsam ein paar Schritte auf das Nest zu. "Haselfell" Giftflosse hatte den Kopf leicht gehoben. Ihre trüben, glasigen Augen blickten sie traurig an. "Ich will auch noch nicht gehen", krächzte sie, als könne sie Gedanken lesen. "Ich bin stolz darauf, was der SandClan erreicht hat und was er erreichen wird. Ich bin stolz auf dich, Haselfell" Die junge Kätzin erwiderte ihren Blick ebenso voller Traurigkeit. 

"Lass mich nicht im Dunkeln tappen", flehte sie. Giftflosse hatte ihr immer Ratschläge gegeben. Vor allem die richtigen. Ein unglaublicher Schmerz breitete sich in Haselfells Brust aus. "Aber Haselfell - lass du mich nicht länger leiden. Ich habe ein schönes Leben gehabt, meine Kleine. Aber lass mich dir noch etwas sagen, bevor ich zum GeisterClan aufsteige: 

Eine dunkle Zeit ist angebrochen. Eine Zeit, in der Verrat und Hass regieren werden. Die Mächte müssen vernichtet werden! Haselfell, versprich mir alles zu tun, um den Clans zu helfen" Zaghaft nickte die Angesprochene. "Ich werde helfen", wiederholte sie. "Finde die Vergangenheit um die Zukunft zu retten", Giftflosses Augen schlossen sich und sie schlief ein. Ihre Augen würden sich nicht wieder öffnen aber noch war sie nicht tot. Noch. 

Haselfells Augen wurden feucht. "Mögest du in Frieden Ruhen", wisperte sie. 

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(Überarbeitet)

Geheimes FlüsternWo Geschichten leben. Entdecke jetzt