Ich folge Jasper durch das Haus über die Treppe nach oben. Hier sind zwar noch manche Gäste anzutreffen, doch im oberen Stockwerk ist um Einiges weniger los.Jasper öffnet die Tür zu einem Zimmer. Es ist sicher nicht sein Zimmer, da hier zu wenig Mobiliar vorhanden ist. Die Ausstattung besteht aus einem Schrank, einem Spiegel, einer kleinen Kommode und einem Bett. Ich gerate kurz aus der Fassung, als auf dem Bett ein eng umschlungenes Paar sitzt. Bevor ich mich peinlich berührt abwenden kann, ruft Jasper barsch: "Raus mit euch!"
Die beiden schrecken auseinander und verlassen beschämt das Zimmer.
Jasper knipst das Licht aus und öffnet die Balkontür. Wir treten hinaus. Ich bin nicht gerade begeistert von der Idee, mich wieder in die Kälte zu stellen, aber ich beschwere mich nicht. Je schneller wir dieses Gespräch hinter uns bringen, desto besser ist es.
Jasper lehnt sich mit verschränkten Armen an das Geländer. Sein Gesicht ist nur im gedimmten Licht der Außenleuchte, die an der Wand hängt, zu erkennen. Trotz der geringen Lichtquelle sind seine Gesichtszüge gut zu sehen. Verärgerung spiegelt sich in seinem Ausdruck wider. Da ich mir diese Genugtuung zumindest für einen Moment gönnen will, frage ich gespielt ahnungslos: "Was ist denn los?"
"Das fragst du jetzt nicht ernsthaft."
"Wie du siehst, schon."
"Warum hast du dieses Lügenmärchen verbreitet?", schleudert er mir entgegen.
"Du meinst solch ein Lügenmärchen, wie du es verbreitet hast?", halte ich dagegen.
Er schnaubt genervt. "Das ist kindisch, Grace. Die ganze Aktion ist kindisch."
"So? Und du bist wohl ganz unschuldig, oder?"
"Das habe ich nie behauptet, aber das mit David ist ja wohl-", Jasper macht eine ausholende Handbewegung, um nach den passenden Worten zu suchen, lässt es dann aber bleiben.
"Was denn? Ich sehe hier nicht das Problem. Es ist auf jeden Fall eine bessere Lösung als deine. Niemanden stört es und dadurch lassen sich nicht alle auf meine Kosten unterhalten." Letzteres betone ich verächtlich.
Anschließend füge ich noch provokant hinzu, was ich im Nachhinein lieber hätte lassen sollen: "David hat es auch nicht gestört."
"Das kann ich mich vorstellen", murmelt Jasper mit zusammengebissenen Zähnen. "Am Ende ist es nicht mal gespielt."
"Wer weiß", antworte ich vage. Das ist natürlich gelogen. Zwischen David und mir läuft so viel wie bei einem defekten Wasserhahn, nämlich gar nichts. Aber Jasper in dem Glauben zu lassen und ihn damit auf die Palme zu bringen, ist schlichtweg ein Vergnügen.
Seine grünen Augen blitzen. Jetzt ist er wirklich wütend.
"Wer weiß, vielleicht war das, was ich behauptet habe, auch nicht gespielt", schießt er zurück.
Autsch. Das hat gesessen.
Augenblicklich kreisen meine Gedanken wieder dahin zurück. Grace hat zu sehr geklammert.
Es sollte mir nichts ausmachen, aber das tut es. Ich bekomme Panik, als mir die Tränen in die Augen schießen. Bitte nicht jetzt. Nicht hier.
"Touché", murmele ich tonlos.
"Ich dachte, du wolltest doch, dass es endlich vorbei ist", wirft Jasper nun etwas ruhiger, aber immer noch feindselig ein und geht einen Schritt näher auf mich zu.
"Natürlich wollte ich das", antworte ich wie aus der Pistole geschossen, doch überzeugend klinge ich nicht gerade.
"Dann verstehe ich es immer noch nicht. Okay, ich hätte es vielleicht anders ausdrücken können. Aber ansonsten? Und jetzt noch das mit David-"
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Higher Love
Teen Fiction"Ich könnte meine Meinung noch ändern." "Wirklich?" Hoffnungsvoll sehe ich ihn an. "Wenn du mir einen Gefallen tust." "Was für einen Gefallen?" Grace und ihre beste Freundin Jasmine sind von klein auf unzertrennlich. Schon seit dem Kindergarten ken...