Chapitre 10

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"Also, wen wirst du küssen?", fragt sie gespannt.

"Grace."

Es fühlt sich an, als würde mein Herz für einen Moment aussetzten. Wie, als würde ich einen Stromschlag bekommen.

Was hat er gerade gesagt? WAS hat er gerade gesagt?

Er will dich küssen, Grace. Du sollst ihn küssen, flüstert mir eine Stimme aus meinem Oberstübchen zu.

Das hab ich schon verstanden, du Blitzmerker, flüstere ich in Gedanken zurück.

Er hat mich ausgewählt. Dabei ist diese Aufgabe nicht fair. Überhaupt nicht.

Aber kann ich nein sagen? Wie würde ich dann dastehen?

Ich schaue Jasper an. Seine Miene ist wie so oft ernst und unergründlich. Wie süß ich sein ernstes Gesicht manchmal finde, umso mehr verfluche ich heute diese Unergründlichkeit. Wieso müssen Jungs nur immer ein so gutes Pokerface haben?

Mir kann man meine Gefühle sicherlich aus dem Gesicht ablesen: Überraschung, Schock, Verwirrung, Angst, Panik, Unbehagen und ein bisschen Aufregung.

Mein Blick wandert zu Jasmine. Sie sieht genauso schockiert, überrascht und verwirrt wie ich aus. "Du musst das nicht tun", flüstert sie mir zu. "Das ist nur eine bescheuerte Aufgabe in einem noch bescheuerteren Spiel."

Das stimmt. Ich muss ihn nicht küssen. Ganz davon zu schweigen, dass ich überhaupt keine Ahnung habe, wie man richtig oder überhaupt küsst.

Plötzlich höre ich eine Stimme: "Sie wird es nicht machen, Leute. Du kannst dir schon einmal jemanden anderen aussuchen, Jasper."

Ich beiße wütend auf die Zähne. Woher kam die Stimme? Etwa aus Nancys Richtung? Das reicht jetzt.

Aber kann ich jetzt wirklich aufstehen und einfach gehen? So tun, als wäre es mir egal? Als würde mir diese beschissene Aufgabe auf gut Deutsch am Arsch vorbeigehen?

Oder bin ich dann verklemmt? Prüde? Oder ein Feigling?

Aber wenn ich einwillige - wirke ich dann wie ein begeistertes Fangirl, das drauf und dran ist, Jasper zu küssen?

Ich erinnere mich an Jasmines Worte: Du musst das nicht tun. Das ist nur eine bescheuerte Aufgabe in einem noch bescheuerteren Spiel.

Sie hat recht.

Und aus diesem Grund werde ich Jasper küssen.

Es ist schließlich nur eine Aufgabe. Nur ein Spiel.

Plötzlich habe ich eine geniale Idee.

"Ich werde Jasper nur küssen, wenn ich damit meine Aufgabe erfüllt habe." Ich sehe Naira jetzt fest in die Augen, die nicht wirklich zu verstehen scheint, was ich meine. "Wenn ich dran gekommen wäre, hätte ich Pflicht gewählt. Indem ich Jasper küsse, möchte ich damit meine Pflichtaufgabe sozusagen abgearbeitet haben, wenn ihr versteht, was ich meine."

Naira scheint es zu begreifen, da sie langsam nickt. Jasmine sieht mich mit großen Augen an, aber ich kann auch Bewunderung in ihrem Blick erkennen. Ich selbst bin auch ein bisschen stolz auf meinen spontanen Einfall. Somit komme ich nicht verklemmt und feige rüber. Als hätte ich Angst davor, Jasper zu küssen. Aber auch nicht, als würde ich Jasper unbedingt küssen wollen. Tue ich ja auch nicht. Ich will ihn gar nicht küssen. Wenn ich nicht diese irrsinnige Aufgabe bekommen hätte, wäre ich nie auf die Idee gekommen, ihn zu küssen.

Wobei eigentlich Jasper diese irrsinnige Aufgabe bekommen hat und mich dann ausgewählt hat. Also ist Jasper hier der Irrsinnige, oder?

"Okay."

Higher LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt