chapter 14 • grayson

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G R A Y S O N

Der Wind weht leicht durch Malias feuerroteres Haar und ich kann nicht anders, als sie anzuschauen. Kaum wage ich es zu blinzeln, denn ich will ihren Anblick nicht eine Sekunde missen. Wir sind bis zur nächsten Bushaltestelle gelaufen, etwas entfernt von der Schule, damit wir nicht erwischt werden, obwohl wir ohnehin nur noch 2 Stunden über uns ergehen hätten lassen müssen. Aber auf Spanisch und Mathe kann ich gut verzichten. Wer braucht den Scheiß schon?

Nach einer kurzen Wartezeit hält der etwas heruntergekommene gelbe Bus vor uns und wir steigen ein. Besonders gut riecht es darin nicht.

Na hoffentlich hat hier keiner reingepisst.

Auch Malia rümpft kurz die Nase. Zusammen setzen wir uns in die hinterste Reihe und schweigen die kurze Fahrt lang. Die Stille zwischen uns ist nicht unangenehm, sondern irgendwie genau perfekt. Manchmal braucht man eben nicht viele Worte, um sich zu verstehen.

Gott, seit wann denke ich so poetisch?

Mit einem Quietschen hält der Bus und ich schwinge mich locker nach oben, wobei ich Malia mit mir ziehe. Es ist so warm draußen, dass ich meine Lederjacke vorher noch im Spind abgelagert habe, um nicht den kompletten Tag verschwitzt auszusehen. Und womöglich sogar so zu riechen.

Schnell holen wir uns ein Eis, welches ich bezahle und setzen uns auf eine Parkbank.

»Menschen deren Lieblingseis Schokolade ist, sind totale Langweiler«, sagt Malia und betrachtet grinsend mein Eis, dass aus zwei Kugeln dunkler Schokolade besteht.

Ich verziehe die Augenbrauen. »Sagt die, die ein Vanilleeis in der Hand hält.« Also wenn eine Eissorte basic ist, dann ja wohl Vanille. Oder Erdbeere.

»Vanilleeis ist ein Zeichen für Bodenständigkeit«, erklärt Malia lachend und ich schüttel den Kopf.

»Es ist aber ziemlich abgehoben von dir, dich über mein Lieblingseis lustig zu machen.« Ich mache einen Schmollmund.

Malia lacht weiter. »Ich habe nur festgestellt, dass du ein Langweiler sein musst.«

»Ich bin kein Langweiler!« Nun verschränke ich die Arme vor meiner Brust, was Malia nur noch mehr dazu veranlagt, zu schmunzeln. Ich sehe vermutlich aus wie ein bockiges Kind.

»Nun gut, dann beweis es.« Auch Malia verschränkt ihre Arme. »Wahrheit oder Pflicht, Grayson

Über meine Arme zieht sich trotz der enormen Hitze hier in Arizona eine Gänsehaut, als Malia meinen Namen ausspricht. Es muss an der Art liegen, wie sie ihn betont hat, so bestimmt und doch ganz leicht.

Meine Güte, reiß dich zusammen!

Vermutlich hat Violet recht. Ich bin einfach nur ein hormongesteuerter Junge.

»Pflicht« sage ich ohne zu zögern und Malia wirkt nicht überrascht. Schließlich ist Wahrheit für die Langweiler.

Malia scheint kurz nachzudenken, dann kommt ihr eine Idee: »Erzähle mir dein tiefstes Geheimnis.«

Mental war ich allerdings schon darauf vorbereitet, ein Tier zu imitieren oder willkürliche Wörter durch die Gegend zu schreien.

»Ist das nicht eher etwas für die Kategorie Wahrheit?«, frage ich, um meiner Aufgabe auszuweichen. Währenddessen überlege ich, was ich Malia als >mein tiefstes Geheimnis< verkaufen kann.

»Kann sein. Trotzdem ist es jetzt deine Pflicht, mir die Wahrheit zu sagen.«

»Also gut«, sage ich. »Mein Bruder ist die Person auf der Welt, die ich am wenigsten leiden kann.«

»Komm schon, Grayson. Das ist nun wirklich kein Geheimnis.«

»Der Grund, warum ich ihn nicht mag, ist entscheidend.«

»Dann erzähl ihn mir.«

»Nö«, sage ich und Malia wirkt enttäuscht. »Vielleicht ein anderes Mal.«

»So macht das Spiel aber keinen Spaß«, beschwert sie sich und ich versuche sie mit einem anderen Geheimnis aufzumuntern: »Ich erzähle dir dafür etwas Anderes über mich. Eine Top-Secret-Information.«

Ich bereue es jetzt schon, mit der Top-Secret-Information angefangen zu haben. Denn das könnte jetzt entweder in die Hose gehen, oder meinen Tag bereichern. Oh man, ich bin so dumm.

»Also, Malia..« Ich nehme ihre Hand und lehne mich geheimnisvoll zu ihr. Dann flüstere ich: »Es gibt da so ein Mädchen, was ich zur Zeit ziemlich interessant finde.«

Ich blicke sie erwartungsvoll an. Doch als sie nichts sagt, rede ich weiter. »Kleiner Tipp, sie hat rote Haare.« Ich zwinkere ihr zu und als sie den Mund immer noch nicht aufmacht, macht sich Verzweiflung in mir breit. Meine Top-Secret-Information war also doch keine so gute Idee.

Mit jeder Sekunde die vergeht, werde ich nervöser. Es fühlt sich schlimm an, diese Ungewissheit. Ich schaue Malia tief in die Augen und sehe, wie sich Tränen in ihren Grünen bilden. Bitte nicht.

»Ich wollte dich nicht wieder zu weinen bringen«, murmele ich verzweifelt. »Es tut mir leid.« Was habe ich falsch gemacht? Meine Güte, ich wollte sie zum Lächeln bringen. Es läuft alles aus dem Ruder.

»Ich muss jetzt gehen«, murmelt Malia und steht von der der Parkbank auf. Dabei gleitet ihre Hand langsam aus meiner. Genauso leer wie meine Hand nun ist, fühle ich mich in diesem Moment.

Ich bin ein Idiot.

A/N: nach einem halben jahr ein neues kapitel. ups.

𝐃𝐄𝐄𝐏𝐄𝐒𝐓 𝐒𝐎𝐔𝐋𝐒Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt