Kapitel 20 - Tag 7 [Annalena]

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Dies ist das letzte Mal, dass ich hier in der Geschichte den Mittwoch verkünde. Ich bin gerührt. Liebe Grüße an euch, egal wo ihr das lest. Und eine gute Unterhaltung. <3


Kapitel 20 – Tag 7 [Annalena]



Annalena saß im Taxi nach Potsdam.

Was für eine verrückte Woche, dachte sie und sah aus dem Fenster. Es regnete, was keine ungewöhnliche Wettererscheinung für Mitte Herbst in Deutschland war. Gleichzeitig spitzte jedoch die Sonne durch die Wolken.

Annalena hielt Ausschau nach dem Regenbogen.


Die letzten Vorträge, die für heute angesetzt oder auf heute verschoben worden waren, waren ausgefallen. Und so checkten sie und ihre Kolleginnen und Kollegen gleich nach einem ausgiebigen letzten Frühstück aus dem Hotel aus.

Die Fahrt in der Seilbahn (die glücklicherweise wieder in Betrieb war) zum Tal zurück war atemberaubend gewesen.

Auf der Fahrt den Berg hoch vor sieben Tagen hatte Annalena die Aussicht gar nicht richtig zu schätzen gewusst.

Doch als sie heute, nach einer anstrengenden Fortbildungs-Woche neben Robert in der Gondel gesessen hatte, und seine Hand die ihre umfasste, da konnte sie sich ein Lächeln nicht verkneifen. Zum Glück hatten sie und Robert sich ausgesprochen.

Unter der Bahn nutzten einige Frühaufsteher*innen den Morgen und befuhren bereits die Pisten. Das Weiß glitzerte in der späten Morgensonne und ließ den steilen Hang mit seinen schneebedeckten Bäumen beinahe märchenhaft aussehen.

Annalena sah zu Robert, der begeistert aus der Gondel rausschaute. Und dann bemerkte er wohl, dass sie ihn beobachtete, denn er drehte sich zu ihr und schenkte ihr ein bezauberndes Lächeln. Sie drückte seine Hand und erwiderte das Lächeln.

Im Tal angekommen verabschiedeten sie sich von Markus Söder, der nicht mit dem Flieger nach Berlin zurückkehren würde. Sein Ziel war München. Der Rest von ihnen stieg in einen Bus, der sie alle zum nächsten Flughafen brachte.

Annalena fühlte sich etwas unwohl dabei, dass sie einen Inlandsflug nutzten. Aber dafür waren sie vor einer Woche die sieben Stunden mit dem Zug gefahren und irgendwie waren die Tickets für den Flug ja jetzt schon besorgt worden.

In der Luft las Annalena das Buch zu Ende, das sie von Alice geliehen bekommen hatte. Janine und Saskia unterhielten sich mit Robert, der neben ihr am Gang saß. Und Christian hatte, da war sie sich ziemlich sicher, mit der Stewardess geflirtet und sich ihre Nummer geklärt.

Später hatte er sich dann zu Annalena umgedreht und irgendwas von Annalis geredet. So hieß wohl die Flugbegleiterin. Annalena zeigte ihm einen Daumen hoch und dachte sich nichts dabei. Typisch Lindner. War doch nett; er freute sich jedenfalls wie ein kleines Kind.

Dann brachte sie Alice ihr Buch zurück und sie unterhielten sich kurz darüber.

Nach ein paar Minuten kam sie zu ihrem Platz zurück. Sie beschloss noch ein bisschen der Unterhaltung von Saskia, Janine und Robert zu folgen. In Berlin schien die letzten Tage viel passiert zu sein. Die nächste Woche würde wohl wieder ordentlich Stress bringen.

Vor dem Flughafen warteten schon die Taxen.

Sie verabschiedeten sich voneinander, denn sie hatten alle verschiedene Ziele. Am Montag war wieder Sitzungswoche, doch heute fuhr der Großteil von ihnen nochmal in ihre Wahlkreise zurück.

Während ihr Fahrer das Gepäck verlud, standen Robert und sie in angenehmer Stille neben dem Wagen. Als der Fahrer den Kofferraum zuhaute verabschiedete Robert sie mit einer Umarmung und einen Kuss auf die Stirn und dann stieg Annalena ein und er schloss die Tür. Sie winkte ihm noch mal zu, als der Wagen losfuhr.


Ihr Smartphone vibrierte und sie sah drauf. Eine neue Nachricht.

Ein Bild.

„Der letzte Morgen."

Annalena betrachtete es.

Es zeigte ein wunderschönes Naturschauspiel: Das Alpenglühen. Sie hatte es die letzte Woche selbst zwei Mal am Abend gesehen. Aber so unglaublich, wie es hier aussah, war es nicht gewesen. Das toppte alles.

Sie sah aus dem Fenster. Die Wolken hatten sich mittlerweile aufgelöst. Und da war der Regenbogen! Hastig öffnete sie die Handykamera und schoss ein Foto. Sie schickte es als Antwort auf das Bild.

Das Taxi hielt am Bordstein und Annalena steckte ihr Smartphone weg. Sie wurde plötzlich ganz unruhig. Sie würde jetzt gleich ihre Töchter und Daniel wieder sehen. Wer hätte ahnen können, dass eine Woche so kurz und zugleich so lange sein konnte.


Annalena stand vor der Wohnung und kramte gerade ihren Schlüssel raus, als eben diese geöffnet wurde. Eine Sekunde später wurde sie von glücklichen „Mama!"-Rufen begrüßt und stürmisch umarmt.

Sie ging in die Hocke und nahm die beiden Mädchen in den Arm, dann gab sie jeder einen Kuss auf die Stirn. „Ich habe euch vermisst."

„Wir dich auch!"

„Ja. Wie war es im Urlaub?"

Annalena lachte und sah zu Daniel, der schmunzelnd auf den Flur raustrat und kurz erklärte, dass das kein Urlaub, sondern Arbeit gewesen war.

„Eine Fortbildung? Was ist das? Was macht man da?"

„Das ist wie", Annalena überlegte kurz, „Da hab ich mir ganz viele Vorträge angehört, um noch mehr zu lernen. Dinge, die wichtig sind für meinen Beruf."

„Das klingt langweilig", meinte ihre Jüngste und brachte Annalena zum Lachen.

„Wir haben dir einen Kuchen gebacken!"

Annalena lächelte und sah die Mädchen an. „Das habt ihr? Das ist aber lieb von euch."

Dann sah sie zu Daniel, der die drei immer noch schmunzelnd betrachtete.

„Geht schonmal vor und wascht eure Hände", sagte er zu den Mädchen.

Sie nickten eifrig und rannten in die Wohnung.

Annalena kam wieder aus ihrer Hocke und lief auf Daniel zu.

Er überreichte ihr einen Strauß schöner Tulpen, gelbe und orangene, und zog sie dann in eine Umarmung.

„Willkommen Zuhause."

„Danke Daniel." Sie lächelte und genoss die Umarmung.

Als sie sich voneinander lösten roch Annalena an den Blumen und Daniel holte ihren Koffer und die Tasche in die Wohnung.

„Wie war deine Woche?"

„Mama!", rief ihre Älteste schon aus dem Esszimmer.

Annalena und Daniel grinsten sich gegenseitig an. Er schloss die Wohnungstür und Annalena begann ihren Mantel und die Schuhe auszuziehen.

„Interessant. Das wirst du mir nicht glauben. Wenn die Kinder heute Abend im Bett sind, erzähl ich dir alles."

Daniel lächelte. „Dann bin ich ja mal gespannt. Bei uns war auch einiges los."

Zusammen liefen sie zum Esszimmer und wurde schon von den zwei ungeduldigen Mädchen in Empfang genommen. Die Vase für die Tulpen stand auf dem Esstisch bereit.

„Mama, schau! Das ist der Kuchen."

Daniel warf nochmal einen Blick zu Annalenas Koffer, der auf dem Gang stand. Er war froh, dass sie jetzt wieder hier war.

„Wow, der sieht aber wirklich lecker aus. Da hattet ihr doch bestimmt Hilfe."

Er blickte lächelnd zum Tisch, an dem Annalenas Aufmerksamkeit bereits wieder von ihren Töchtern monopolisiert wurde. Dann zog er die Tür zum Esszimmer zu.

Das war vielleicht eine Woche gewesen.

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