Zayn
Wie hypnotisiert starre ich Claire an, als wir das Polizeirevier verlassen.
Sie wirkt sehr...distanziert. Irgendwie von sich selbst ausgegrenzt.
Mit dem Blick zu Boden gerichtet, läuft sie Richtung Auto. Als ein Bild ihres verwundeten und vernarbten Rücken vor meinem inneren Augen aufflammt, werden meine Gedanken abrupt in finstere Materien befördert.
Wer auch immer ihr das angetan hat, wird leiden! Um sein verficktes Leben betteln und wenig später flehen, sterben zu dürfen! Willst du etwa erneut die Wut der UBF auf dich und somit automatisch auf Claire lenken? Nein verdammt, natürlich nicht! Dann lass es sein und kümmere dich besser um Claire! Ihr scheint es ja momentan alles andere als gut zu gehen, wie man deutlichen sehen kann!
Ich halte ein Seufzen zurück. Auch wenn ich das ungern zugebe, hat meine innere Stimme recht. Claire geht es absolut beschissen und da sollte ich meine Energie nicht darin stecken, alle Typen, die ihr ein Haar gekrümmt haben, aufzusuchen und abzuschlachten!
Nein, Claire und das Baby haben Priorität!
Mein Blick fliegt erneut zu meiner Freundin und anschließend zu Bryan, der sie ebenfalls ratlos ansieht.
Ratlos. Genau so fühle ich mich gerade. Ich habe absolut keine Ahnung, was ich sagen oder machen soll. Glücklicherweise ergreift Claires Mutter das Wort.
"Claire Schatz, wir werden übers Wochenende zusammen nach einer Therapeutin für dich suchen, okay?"
Ich muss wohl nicht erwähnen, dass Claires Reaktion darauf alles andere als positiv war und das ist noch eine Untertreibung! So habe ich sie noch nie erlebt!
Sie hat ihre Mutter angeschrien, was ihr einfalle, das zu sagen und das sie keine Hilfe bräuchte und es ihr gut gehe. Keiner von uns ist vom letzteren Argument überzeugt, was Claire allerdings absolut gar nicht interessiert.
Bei ihr zu Hause angekommen, verschwindet sie sofort hoch in ihr Zimmer. Überfordert sehe ich zu ihrer Familie.
"Warum ist Claire so?" spricht Bryan meine unausgesprochene Frage laut aus. "Sie ist traumatisiert. Ich schätze, das ist Abwehrverhalten oder so. Auf jeden Fall werde ich mich trotzdem mal nach Therapeuten in der Nähe umsehen." antwortet Marion.
"Wann wird die Presse von Claires Auftauchen erfahren?" frage ich angespannt.
Ein paar Tage nach Claires scheinbaren Tod, haben Paparazzis herausgefunden, wo sie wohnt und auch mich hat man einige Tage lang vor und nach der Schule am Schulhof abgefangen, gleich wie meine Freunde. Nachdem Wachleute die Schule und ihr zu Hause gesichert haben, hat das Auflaueren zum Glück aber aufgehört, also nicht der Rede wert. Aber der Fakt, dass Claire jetzt doch nicht tot ist, ist wie ein gefundenes Fressen für die Medien!
Ich bin mir nicht sicher, ob die sich erneut so schnell abschrecken lassen.
"Ich schätze, spätestens in den nächsten Stunden." gibt Claires Vater seine Einschätzung preis, die mir einen eiskalten Schauer über den Rücken fegen lässt. "Dann solltet ihr wo anders hin, am besten untertauchen. Die ganzen Paparazzis werden sowieso in naher Zukunft wieder hier vor der Matte stehen und das ist wirklich das letzte, was Claire gebrauchen kann. Eine Horde wissbegieriger Journalisten, die sie nicht in Ruhe lassen wollen." gebe ich ernst von mir.
"Und wohin sollen wir deiner Meinung nach?" fragt Claires Mutter mit verschränkten Armen. "Habt ihr keine Verwandtschaft hier in der Nähe?" stelle ich verwirrt eine Gegenfrage. "Nein. Meine Schwester wohnt noch am nächsten, aber selbst sie ist beinahe eineinhalb Stunden Autofahrt entfernt." "Naja... Wenn das für euch und für Claire okay ist, kann ich sie mit zu mir nehmen." "Die Medien wissen nicht, wo du wohnst?" "Nein. Dafür habe ich gesorgt." "Wie soll ich das verstehen?" Verwirrt und aufmerksam mustert mich Hannes. "Ich bin nie auf direktem Weg nach Hause gefahren und bevor ich in meine Straße einbog, bin ich immer gefühlt hundert mal sicher gegangen, dass mich auch niemand mehr verfolgt."
Das ich über rote Ampeln, im Ortsgebiet teilweise bis zu 100km/h schnell und teils auch querfeldein gefahren bin, lasse ich in meiner Erzählung wissentlich aus.
Das würde sehr wahrscheinlich nicht sehr... vertrauenserweckend sein.
Kurz gesagt; Auf der Flucht vor den Paparazzis habe ich mehr Regeln und Gesetze gebrochen, als in meinem gesamten Leben zuvor!
"Claire muss zu ihrer Frauenärztin!" ruft Marion auf einmal geschockt aus. "Wegen dem Baby?" fragt Bryan, der bisher nur stumm da stand und sich nicht an der Unterhaltung beteiligt hat. "Ja! Wir müssen sicher gehen, das es dem Baby gut geht. Noch dazu kann die Frauenärztin jetzt auch das Geschlecht bestimmen." Gegen Ende hin, wechselt ihr Ton ins aufgeregte. "Es ist ein Junge." informiere ich sie und beiße mir gleich darauf strafend auf die Zunge.
Verdammt! Vielleicht wollte Claire das ihren Eltern sagen..!
"Woher...?" "Claire hat es mir gesagt." unterbeche ich sie sofort. "Ja, aber woher weiß sie es?" Unwissend zucke ich mit den Schultern.
Es stellen sich mir noch sehr viele Fragen, bezüglich ihrer Entführung und der Gefangenschaft. Ich kann nur hoffen, dass sich diese mit der Zeit klären und ich solange mit dieser Unwissenheit klar komme.
Claire braucht Zeit, um alles erstmal verarbeiten zu können und wir müssen ihr diese Zeit nunmal geben!
"Ich gehe mal hoch zu ihr." "Okay und bitte hilf ihr beim Packen." Verwirrt sehe ich Hannes an. "Sie wird ab heute für die nächste Zeit bei dir leben." "Pass auf sie auf. Ich vertraue auf dich!" kommt es ernst von Bryan, immerhin geht es hier um seine Schwester. "Versprechen." verspreche ich es ihm deswegen, ehe nochmal Claires Vater zu Wort kommt. "Und vergesst nicht zu verhüt- Ach, stimmt. Dieser Hinweis kommt ja zu spät." murmelt er und lässt mich einen Moment perplex schauen, als ich begreife, was er eben sagen wollte.
Ich beiße mir auf die Unterlippe, nicke leicht, wobei keiner wissen kann, für welche Aussage das Nicken nun steht, ehe ich hoch husche, um der Situation zu entkommen.
Das Claire bei mir ist, kommt mir ganz gelegen. Ich kann sie im Auge behalten, auf sie aufpassen und im Notfall eingreifen, sollte etwas passieren. Noch dazu hat sie bei mir den Bonus, dass sie sicher vor den ganzen Paparazzis ist.
Dachte ich.
DU LIEST GERADE
Pretty strong girl
Teen Fiction~Pausiert~ 1. Teil: Pretty shy girl 2. Teil: Pretty broken girl Claire hat die Entführung der UBF-Gang überlebt, doch die Erinnerung und das Geschehene nagen fest an ihr und sie bekommt allmögliche psychische Probleme. Zayn, deren Freunde und ihre F...