11. Die ganze Wahrheit

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Claire

Ich ziehe die Nase kraus, als ich wach werde, da mich etwas kitzelt. Blinzelnd öffne ich die Augen, doch kneife sie wegen der Helligkeit, die das Zimmer durchströmt, sofort wieder zusammen.

Ich spüre eine Hand auf meinem Bauch, der frei liegt, da mein Oberteil ein Stück hoch gerutscht ist. Erneut öffne ich die Augen und blinzle gegen die Helligkeit an.

Nun wird mir auch klar, was meine Nase gekitzelt hat. Ein flauschiges Etwas liegt direkt vor meinem Gesicht. Verwirrt hebe ich den Kopf und erkenne, dass es sich bei dem kleinen Wollknäul um eine Katze handelt. Sie ist graubraun, um die Augen schwarz und an der Brust, der Nase und zwischen den Augen, bis zur Stirn rauf, weiß.

Wie kam sie oder er, hier rein?

Als die Katze wohl wegen meiner Bewegung wach wird, sehen mir zwei ozeanblaue Augen entgegen.

Wow! Sie ist wirklich wunderschön! Oder er! Es könnte schließlich auch ein Männchen sein!

"Na du? Was bist du denn für ein Hübscher oder eine Hübsche?" frage ich leise, als auch schon Zayn hinter mir sich beginnt, zu bewegen. "Soll ich mir Sorgen machen um dich oder wieso führst du Selbstgespräche?" ertönt auch schon seine raue Morgenstimme. "Ich führe doch keine Selbstgespräche! Und überhaupt, guten Morgen." "Guten Morgen. Mit wem redest du dann?" "Mit der Katze." Und schon spüre ich, wie sich Zayn aufstützt und über meine Schulter schaut.

"Wie kommt die denn hier rein?" fragt Zayn verwirrt. Gleich so verwirrt wie er ist, sehe ich ihn an, bis ich seinen Blick folge, der sich aufs offene Fenster gerichtet hat. Ein einfaches "Oh." verlässt zeitgleich unsere Lippen, was uns leicht lachen lässt.

Die Katze steht auf und schmiegt sich zwischen uns. Zayn krault ihr über den Kopf, als sie plötzlich spielerisch nach seinem Arm schlägt und versucht, diesen zu fangen. "Ey!" lacht Zayn und auch ich muss lachen.

"Mein Arm ist nicht zum Fressen!" Die Katze legt sich zwischen uns hin und fängt an zu schnurren. Ich kraule ihr Fell.

"Sie mag einfach deine Tattoos nicht." lache ich, da sie bei mir nichts tut. Zayn verzieht sein Gesicht. "Meine Tattoos sind toll!"

Die Katze rollt sich auf die Seite und zeigt mir ihren Bauch, als Aufforderung, dort zu kraulen, was Zayn schließlich für mich übernimmt.

"Was machen wir mit ihr oder ihm?" frage ich. "Ich denke, wir lassen das Fenster einfach offen, damit sie oder er gehen kann, wenn sie beziehungsweise er es will." Einverstanden nicke ich und kuschel mich an Zayn, während ich die Katze auf meinen Bauch hebe. Ihr Schnurren wird lauter und sie legt sich auf meiner Wölbung nieder.

"Ich will sie behalten." grinse ich. "Die gehört sicher jemanden." nuschelt Zayn in mein Haar. "Mh, leider." gebe ich ebenso leise zurück.

Einige Minuten ist es still. Die Katze ist währenddessen auf meinem Bauch wieder eingeschlafen.

"Zayn?" frage ich leise. "Mh." brummt er als Antwort. Einige Sekunden ist es still, da ich nicht so recht weiß, wie ich ihn das fragen soll, was ich fragen will.

"Also...Ähm...W-Willst du die ganze Wahrheit wissen?" Er bewegt sich und stützt sich auf seinen Unterarmen ab, um mir ins Gesicht schauen zu können. "Die ganze Wahrheit?" fragt er verwirrt. "Ja. Wegen... Über die Entführung." stotter ich und bin mir auf einmal nicht mehr ganz so sicher, ob ich ihm das wirklich erzählen kann oder soll. "Ich will dich nicht zu etwas drängen." "Machst du nicht." "Okay, dann erzähl."

Ich atme tief durch und denke nach, wo ich anfangen soll und was er noch nicht weiß.

"Also... Ich hab dir doch erzählt, dass die mich in ein Zimmer eingesperrt haben und mich eigentlich wirklich töten wollten." murmel ich und bringe Zayn dazu, sich anzuspannen. "Wusstest du, dass dieser Marten West einen Sohn hat?" frage ich und Zayn starrt mich einige Sekunden an, ehe er langsam den Kopf schüttelt.

"Sein Name ist Maik. Maik West. Soweit ich weiß, hat sein Vater mich vor ihm versteckt, warum auch immer. Aber eines Tages ist er ins Zimmer, in dem ich eingesperrt war, gekommen. Er kannte mich nicht und zuerst hatte ich wirklich Angst vor ihm, aber er war...er war nett und bat mich, ihm zu erzählen, warum ich hier bin. Ich hab ihm dann grob erklärt, dass es um Rache geht und er...keine Ahnung, ich wurde keine zwei Wochen später frei gelassen, obwohl dieser Marten immer wieder gesagt hat, dass er mich umbringen wird, sobald ich das Baby geboren habe." Zum Ende hin, wird meine Stimme immer leiser, bis schließlich Tränen über meine Wangen fließen.

"Hey, schon gut. Shhh." Zayn kuschelt sich an mich und versucht mich zu beruhigen, was nicht gerade klappt. Automatisch drehe ich mich auf die Seite, zu ihm, wodurch die Katze wieder wach wird und vom Bett runter springt und durch das Fenster verschwindet. "Ich beschütz dich. Es wird alles gut." nuschelt Zayn in mein Ohr und wischt die Tränen weg, woraufhin sofort wieder neue kommen.

"Ich wurde vergewaltigt." wimmer ich und Zayn erstarrt nun völlig. Ich kralle mich an ihm fest und schluchze und weine an seinen Hals.

"Von wem?" kommt es monoton von ihm. "I-Ich weiß nicht. Al-Als ich im Zimmer fest-festgehalten wurde, da schauten immer wieder irgendwelche Männer nach mir u-und da war a-auch d-der Typ dabei." Zayn zieht mich näher an sich, sodass er sich nun quer über mir befindet, als würde er so alles von mir fernhalten können. "Wir müssen nochmal zur Frauenärztin." sagt er nach einer Weile. "Nein." "Doch Claire. Da diskutiere ich nicht rum. Du musst untersucht werden. Du könntest Krankheiten oder Verletzungen haben. Wie lange ist das her?" will Zayn ernst wissen. "V-Vielleicht eine Woche." murmel ich. Er seufzt und ich sehe in seinen Augen die Mordlust. Trotzdem bin ich überrascht, dass er so...so ruhig geblieben ist. Eher hätte ich damit gerechnet, dass er aufspringt und herum wütet.

"Jetzt weiß du alles." murmel ich. Er schließt gequält die Augen und legt seine Stirn auf meine. "Ich verspreche dir, keiner dieser Gang kommt dir nochmal so nah. Das schwöre ich und sollte es auch nur einer wagen, sich uns zu nähern, ist er tot."

Gegen halb zehn schaffen wir es aus dem Bett und gehen runter in die Küche, wo uns seine Eltern begrüßen, die am Tisch sitzen und sich unterhalten. Wir setzen uns ebenfalls hin und nehmen uns aus dem Brotkörbchen eine Brotscheibe.

"Wollt ihr auch was trinken?" fragt Zayns Vater Mikel. "Kakao, wenn ihr habt." kommt es von mir und Zayn nickt zustimmend. "Natürlich." Cheyenne steht auf und richtet uns einen Kakao. "Danke." bedanken wir uns.

"Wie geht es euch?" fragt Mikel. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie mich Zayn ansieht. "Gut." antworte ich mit einem aufgesetzten Lächeln. "Das ist schön." lächelt er zurück. "Willst du morgen eigentlich in die Schule?" fragt mich Cheyenne. Ich zögere, nicke dann aber.

Ich will nicht noch mehr verpassen!

"Bist du dir sicher? Ich meine, in der Schule wirst du nicht deine Ruhe haben." kommt es besorgt von Zayn. "Ja, ich weiß, aber ich will nicht noch mehr verpassen! Ich will die Klasse nicht wiederholen."

~

Glaubt ihr, war das wirklich die ganze Wahrheit oder kommt noch was?🤔
Und seid ihr auch so überrascht wie Claire, dass Zayn so ruhig darauf reagiert?🥺
Danke fürs Lesen und voten!🥰
Bis Mittwoch, beim nächsten Kapitel!🤗💕

Pretty strong girlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt