Verschwitzt und etwas wackelig auf den Beinen betrete ich mit den anderen das Institut. Alec gibt uns genau einen Tag um uns für Edom fertigzumachen, schließlich wird das der größte und wichtigste Kampf den wir je angetreten sind. Zuerst laufe ich in das kleine Badezimmer und schließe die Tür ab. Hoffentlich kommt keiner auf die gleiche Idee, denn ich brauche ein paar ruhige Minuten. Während die meisten Strähnen mir ins Gesicht fallen, setze ich mich auf den kühlen Boden und lehne mich an. Das Gefühl, nicht von meinem Vater beschützt werden zu können, hatte ich vorher noch nie. Dazu kommt noch das Morgenstern- Feuer das keiner kontrollieren kann und ich weiß nicht was Jonathan und ich haben. Seit Jahren habe ich schon keine einzige Träne mehr vergossen, und das tue ich auch jetzt nicht. Ich muss stark sein, und das werde ich schaffen. Zur Hölle mit diesen Dämonen. Angespannt balle ich meine Fäuste, doch ich muss mich zusammenreißen. Das hier ist wichtig, und wenn wir es nicht durchziehen tut das keiner. Also los Phoebe, die Zeit rennt.
Widerwillig stehe ich auf und sehe mich noch einmal im Spiegel an. Meine Haare brauchen eine Wäsche, genauso wie mein Gesicht. Aber irgendwie sieht das ganz heiß aus mit meinem lockeren grauen Tanktop und meiner schwarzen engen Jeans. Aber vor allem sehe ich aus wie eine Kämpferin, die nicht aufhören wird bis alle in Sicherheit sind. Den Ruf muss ich nunmal verteidigen.Entschlossen bewege ich mich wieder zur Eingangshalle, während mir Isabelle und Alec gerade entgegenkommen. Sie lächelt mich sofort an als sie mich sieht, wie immer.
"Hey Phoebe, super Timing. Wir wollten grade in die Waffenkammer um weiter zu packen. Komm doch mit."
Ich nicke nur zustimmend und laufe im gleichen Tempo neben ihnen.
"Wir haben schon ein paar Rucksäcke mit allem möglichen gepackt. Bei der Hälfte weiß ich noch nichtmal, ob wir es überhaupt brauchen. Aber egal, irgendwie wird uns das schon nützlich sein."
Jetzt bin ich neugierig.
"Habt ihr auch an extra- Stehlen und Elbenringe gedacht?"
Izzy lacht mir ins Gesicht. Ich hätte wissen müssen dass die Frage überflüssig war. Bei ihrem Geschick hat sie wahrscheinlich ganz Brooklyn eingepackt.
"Das, und noch ein paar Flaschen Serum, Tränke und natürlich Seraph- Klingen."
"Auch gut. Wie sieht's mit Essen und Decken aus?"
"Darum wird Magnus sich schon kümmern."Wenn sie all das in nur ein paar Rucksäcke gekriegt hat, warum sind wir dann in der Waffenkammer?
"Und was fehlt noch?"
"Für das was uns zur Verfügung steht, gar nichts. Aber Cleophas meinte dass die eisernen Schwestern noch ein paar Sachen aus ihrem Lager teleportieren wollen. Die dürften ankommen in 3,2,1."
Genau in diesem Moment taucht eine große Ladung an Gadgets wie aus dem Nichts auf. Es sieht nicht nach Waffen aus, aber das ist bestimmt nur eine Tarnung. Oh man, wie gerne würde ich die jetzt alle ausprobieren. Ein paar von ihnen habe ich schon gesehen aber ich wusste ja nicht, dass es so eine Ladung davon gibt.
Aus dem Seitenwinkel bemerke ich, wie Alec uns abwechselnd ansieht, so als könnte er unsere Gedanken lesen.
"Na schön, ihr könnt damit spielen. Aber nur bis Jace und ich euch gleich wieder abholen."
Noch im selben Moment freuen wir uns wie kleine Kinder die Fernseh gucken dürfen. Es ist so schön jemanden zu kennen der genauso denkt wie du. Jemand wie Isabelle.
"Guck mal, das ist ein kleiner Ball und wenn man ihn dreht kommt ein Hebel raus."
"Ich glaube der ist zum Abfeuern von Sonnenstrahlen, wie nützlich."Ungefähr 10 Minuten hat es gedauert, bis Alec und Jace gemeinsam in der Tür standen.
"Wow."
Mehr ist Jace dazu nicht eingefallen.
Mittlerweile sind wir schonwieder in der Eingangshalle, um den Rest zu besprechen. Mal gucken wie lange das dauert, eigentlich wollte ich noch Jonathan besuchen.
"Alle aufgepasst, Magnus und ich haben einen Plan entwickelt. Wie ihr alle wisst, begeben wir uns morgen auf die Reise nach Edom. Antreten dürfen Clary, Jace, Phoebe, Izzy, Simon und wir beide. Bei Jonathan sind wir noch nicht sicher. Um dort maximal ausgestattet und vorbereitet zu sein, haben wir für jeden von euch ein paar Rucksäcke gepackt. Außerdem werden wir uns in Gruppen einteilen, nur so sind wir halbwegs sicher. Ziel ist es die Hybriden ausfindig zu machen und über sie zu deren Meisterin zu gelangen. Erwischt man nämlich sie, gehen damit auch all ihre Verwandlungen unter."
Entschlossen aber sichtlich angespannt schaut er in die Menge. Auch Magnus scheint das bemerkt zu haben, denn er streicht seinem Freund langsam über den Arm. Sofort sieht Alec wieder ruhiger aus.
"Gibt es noch irgendwelche Fragen?"Da niemand etwas sagt, nickt er nur stumm und verlässt mit Magnus das Podium. Eigentlich hätte ich eine Vielzahl an Fragen, aber auf die hat keiner eine Antwort. Ich wüsste gerne, ob wir je zurückkommen werden, oder ob wir unser Ziel erreichen. Obwohl, wenn ich recht drüber nachdenke will ich es vielleicht auch gar nicht wissen. Es würde mich nur davon abhalten zu gehen, aber ich muss es tun.
Bevor wir uns alle ausruhen, wollten wir nochmal ins Huntersmoon gehen, könnte ja das letzte Mal sein. Vielleicht ist es gut wenn ich mich mit Izzy fertigmache, dann denke ich an was Anderes als Edom.
Genau in dieser Sekunde sehe ich sie noch zur Tür rausgehen, und laufe ihr schnell hinterher.
"Hey Phoebe, was gibt's?"
"Ach nichts Wichtiges. Ich wollte nur fragen ob wir uns zusammen fertigmachen wollen."
"Ja das klingt super. Du kannst doch bestimmt noch ein paar tolle Kleider gebrauchen."
Jetzt sehe ich sie wieder lächeln, auch wenn ich weiß dass es nicht nur mir zu schaffen macht. Das ist ihr Element, genau wie Jace Klavier spielt und Alec trainiert wenn er sich entspannen muss. Bei mir ist es egal wie, Hauptsache ich bin abgelenkt. Sonst neige ich immer dazu, so viel zu denken dass ich mich selbst verrückt mache.Hat geklappt, denn während wir in ihrem Zimmer sitzen um uns zu schminken, fühle ich mich wohl. Ich hätte nie erwartet sowas im Institut zu fühlen, Sicherheit, Geborgenheit. Zu Hause. Was bedeutet das eigentlich? Ist es da wo du aufwächst, wo du bist oder wo du sein möchtest? Denn manchmal weiß ich nicht ob ich eins habe.
"Sag mal, wie lange lebst du eigentlich schon hier?"
Warm und lieb schaut sie mich an, bevor sie sich erinnert.
"Eigentlich schon immer, oder zumindest denke ich das gerne. Bis ich ungefähr neun war haben wir zusammen in Idris gewohnt, da gab es nur Alec und mich. Aber meine Jugend habe ich hier verbracht, an der Seite meiner Familie."
"Ich dachte Maryse und Robert sind in Idris mit Max?"
Behutsam trägt sie ihren Lidschatten auf.
"Ja das stimmt, aber noch nicht allzu lange. Sie haben damit gewartet bis wir erwachsen genug waren, aber woran macht man das fest? Es ist ja nicht so als würde ich mich ändern nur weil ich Geburtstag habe. Oder?"
"Nein natürlich nicht. Aber jeder erwartet das von einem, als wäre das bei jedem gleich. Bei mir war es ähnlich."Jedes Mal wenn Izzy mich anguckt, habe ich das Gefühl sie könnte mich lesen wie ein offenes Buch. Sie versteht mich, auch wenn ich nicht ausspreche was ich denke.
"Ich nehme an du willst deine Erfahrungen nicht mit uns teilen?"
"Nein, eigentlich rede ich nicht darüber. Aber irgendwann muss es sein."
Ich mache eine kurze Pause, dann hole ich wieder Luft zum Reden.
"In meiner Familie haben Training und Erfolg immer mehr gezählt als alles Andere. Mein Vater hat mich nie trainiert, er hat maximal zugesehen wenn Ithuriel das getan hat. Aber er hat ja auch viel zu tun."
Bedrückt sehe ich zu Boden.
"Hey hör mal, ich werde immer für dich da sein egal was passiert."
Sanft umarmt sie mich, mit dem Makeup- Pinsel immernoch in den Händen.
"Wir sollten langsam losgehen."Der Abend im Huntersmoon war ein voller Erfolg. Nicht nur unsere Truppe, sondern auch viele Unterweltler und Freunde sind gekommen um den Tag mit uns zu feiern. Was morgen in Edom passieren wird wissen wir nicht, deshalb mussten wir das Beste aus der Situation machen. Simon hat "Fragile World" für uns gesungen und Maja uns wegen unserer Mission ein paar Freigetränke verkauft. Ich hatte eine wundervolle Zeit hier, und hoffentlich habe ich das noch.
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A Shadowhunter from Heaven ✔️
Hayran KurguPhoebe ist die Tochter des Engels Raziel und wünscht sich, ein Shadowhunter zu sein. Eines Tages wird dieser Traum real, ihr Vater schickt sie zum New Yorker Institut. Mit dem Rat im Nacken und einem neuen Dämonenproblem müssen sie Clarys Erinnerung...