Ein verlassener Zoo. Das war diese Ruine gewesen durch dessen Dunkelheit Thea so nackt und blutverschmiert gestolpert war. Frei von jeglichen Bedenken, bis sie festgestellt hatte, das dieser Ort doch nicht so verlassen war, wie es zuerst schien. Es gab einen Schockmoment, doch aus anfänglicher Angst, wurden ungeahnte Glücksgefühle, welche darin ihren Höhepunkt fanden, dass ein fremder, alter Mann, sie zurück zu ihren Freunden führen wollte.
Mina lehnte an Aiden, die Arme um seinen Rumpf geschlungen, während dieser in behaglicher Stille verweilte und passiv, doch sicher interessiert, Haon's Geschichten lauschte. Haon, war der Name des Cowboys, welcher zuvor auf Thea geschossen, sich im Nachhinein jedoch ausgesprochen versöhnlich gezeigt hatte, was in Anbetracht seiner Tat, neben Reue und Einsicht zu zeigen, wohl auch das Mindeste war. Er hatte den Hut und seinen dreckigen, braunen Mantel abgelegt und trug darunter eine dunkle Lederhose, ein rot-braun kariertes Hemd und einen fetten Gürtel, genauer gesagt, einen breiten braunen Ledergürtel, mit einer fetten goldenen Schnalle, welche eine überlappende, ebenfalls golden-metallische Verzierung in Revolverform schmückte. Dieser Mann spielte den Cowboy voll aus, auch in seinem Gang und seiner rauen Art, ließen sich Referenzen erkennen. Interessierter noch als Aiden, lauschte Mora, die in einer anderen Ecke hockte, nervös ihr Sturmgewehr polierte und sich schreckliche Sorgen um Thea machte. Haon erzählte von seinen Erfahrungen mit Tieren die den Weg in die Hölle gefunden hatten, von der Bindung die nötig war, dass sich die Seelen von Mensch und Tier verbrüderten und von der heilenden Wirkung die das Blut jener Tiere auf den Menschen hatte, sowie von der Kraft die das Blut eines Menschen, einem Tier welches ihn verzehrte, geben konnte. Mina hatte von der heilenden Wirkung bereits am eigenen Leib erfahren, hatte Haon ihr doch ein wenig Blut, welches er in einer Glasampulle aufbewahrt bei sich trug, auf ihre Gesichtsverletzung gestrichen. Jene Verletzung, welche sie durch die Klaue des Löwen erlitten hatte und nun waren da zwar sichtbare Narben, doch waren die vor kurzem noch offenen Wunden, lang und tief, bereits vollständig verheilt. Der Raum in dem sich vier Menschen und ein Wolfshund befanden, war eine Art Mitarbeiter-Aufenthaltsraum am Rande-/ nahe dem Ein- und Ausgangsbereichs des Zoogeländes. In der Mitte des Raumes stand ein großer, runder Tisch auf welchem zwei Gewehre und eine große Karte lagen, die dutzende Kritzeleien zierten. Am Rand, gab es mehrere Sitzmöglichkeiten, welche sich in diesem Moment auch Großteils in Nutzung befanden und an zwei Enden des Raumes, gar es außerdem je einen Ausgang. In der Dritten von insgesamt vier Wänden, jener welche den Zoo von der Einöde trennte, thronte ein kleines, rechteckiges Fenster, welches verstaubt, aber noch heile war, von dort aus konnte man theoretisch die anreisenden Besucher beobachten, die es nicht gab.
Treue gelb-braune Augen. Die Wolfshündin namens Serafina, lag auf einem festen, für zwei Leute ausgelegtem Sofa, welches sie ganz für sich allein beanspruchte. Ihr Schwanz hüpfte hin und her, und hin und wieder streckte sie sich und gähnte, als wäre ihr langweilig. Sie hatte hellgraues Fell, welches zu ihrer Wirbelsäule hin immer dunkler wurde und sie liebte es gekrault zu werden. Ich sage bewusst >hatte< und >liebte<, weil diesen lieben, süßen Hund ein schrecklich grausames Schicksal erwartete. Ich will nicht zu viel vorwegnehmen, aber es hat mit Messern, Eingeweiden und brennenden Babywelpen zu tun, welche durch die Gegend taumeln und quietschen. ... Es ist beunruhigend sich vorzustellen, wie vielen Menschen während sie dies hier lesen, von eisiger Traurigkeit übermannt würden, als wäre soeben ein Teil von ihnen gestorben. ... Dem Hund passiert natürlich nichts, ich kann diese Empathie die die meisten Menschen einem Haustier entgegenbringen, einfach nicht nachvollziehen und wollte mich kurz darüber lustig machen und aufzeigen wie dumm das ist.
Also... Dem Hund geht's gut, Aiden und Mina geht's gut, Thea geht's auch gut, dass weiß nur Mora noch nicht, deshalb geht's ihr noch nicht so richtig gut. Sogar dem Löwen geht's gut, nur wollte Mina sich ungern mit diesem im selben Raum aufhalten, weil sie der ganzen Sache, dass diese Bestie auf einmal Aiden gehorchte, nicht ganz traute, auch wenn sie Aiden traute. Davon abgesehen wollte Haon aber auch nicht riskieren, dass der Löwe und Serafina, nicht auf anhieb beste Freunde werden und sich stattdessen an die Kehle gehen würden. Gerade hatte Haon erzählt - wie er einige Besitzer von Tieren schwinden lassen musste, weil diese ihre Begleiter schlecht behandelten, aber nicht damit aufhören wollten, - als eine, in zurechtgeschnürte und zusammengestutzte Cowboyklamotten gekleidete Thea um die Ecke bog. Das Blut war Großteils abgewaschen und ihre Haare waren zu einem langen Zopf nach hinten geflochten. Nun trug sie ebenfalls einen Cowboyhut, der zwar etwas kleiner, aber in seinem hellen braun, fast genau so schick und eindrucksvoll war, wie jener welchen Noah getragen hatte. Auch sonst ähnelten sich die Outfits der Beiden, was daran liegen mochte, dass es sich um Sachen handelte, die Noah gefunden und mitgenommen hatte, weil sie ihm gut gefielen, er jedoch feststellen musste, das sie ihm ein ganzes Stück zu klein waren. Noch bevor ihre Freunde sie erkannten, tauchte hinter Thea der alte Mann auf und richtete sich sogleich an Haon: "Haon! Sieht sie nicht Klasse aus?" Haon war überfordert, war es nicht seine Art jemandem Komplimente zu machen.. und dann noch einem Menschen. Bei einem Tier wäre es etwas anderes gewesen. Andererseits wusste er natürlich, dass er Thea noch eine Entschuldigung fällig war, für das was er ihr angetan hatte. "Sind ja auch meine Sachen." Murmelte er vor sich hin. Thea hob freundlich den Kopf. Plötzlich sprang Mora auf, die ihre Freundin erst gar nicht erkannt hatte: "Oh Gott, Thea! Geht's dir gut?!" Thea grinste und streckte die Daumen nach oben. Nachdem Mora ihre Waffe auf dem Boden abgelegt hatte, vorsichtig wie man mit einer Waffe eben sein sollte, stürzte sie los und fiel nur einen Augenblick später, Thea in die langen, dünnen Arme. "Zum Glück hat das funktioniert, es sah gar nicht gut um dich aus." Thea überlegte was Mora damit meinen konnte. "War ich deswegen in diesem Ding drin gewesen?" Nun meldete sich auch Haon wieder zu Wort: "Ihr Name war Noelle und sie war ein vietnamesisches Hängebauchschwein. Du solltest für ihren Dienst an dir Dankbar sein." Auf einmal wurde Thea traurig. "Ich versteh das zwar nicht, aber heißt das sie ist für mich gestorben?" Mora die ahnte worauf das hinauslaufen würde, warf sich lautstark vor jeder mögliche Antwort und versuchte das Thema zu wechseln. "Das ist doch jetzt egal, wichtig ist das es dir gut geht und du noch bei uns bist und wir hier jetzt alle Freunde sind!" Während der alte Mann hinter Thea zufrieden und verständnisvoll lächelte, schaute Haon nur fragend zu Mina und Aiden rüber: "Ist sie ein Kleinkind oder was?" Aiden reagierte gar nicht, aber Mina schaut böse zurück, denn niemand sollte es wagen ein schlechtes Wort über das Küken der Gruppe zu verlieren. Moras versuch ihre Freundin aufzuheitern glückte, denn nachdem sie gesagt hatte, dass nun alle Freunde wären, musste Thea etwas eingefallen sein und so strahlte sie nun übers ganze Gesicht. "Ach stimmt ja, ich habe noch eine Freundin gefunden die ihr vielleicht noch gar nicht kennt!" Als wenn sie gespürt hätte, dass hier von ihr die Rede war, stapfte plötzlich Franka, die riesige, wildwirkende Bärin durch den Flur, welchen auch Thea und der Alte genommen hatten, hinein in den mittlerweile etwas klein wirkenden Raum. Der Alte ging einen Schritt zur Seite und während Haon, Aiden und sogar Serafina, relativ unbeeindruckt wirkten, durchfuhr Mina und Mora ein ungutes, bedrohliches, wenn nicht gar panisches Gefühl. Jetzt bereute Mora ihre Entscheidung ihre Waffe einfach auf den Boden zu legen und krampfhaft klammerte sie sich an Theas Arm, auch um sie im Notfall mit sich fort ziehen zu können. Theas Laune war auf dem Höhepunkt. Mit einer zärtlichen Bewegung entfloh sie Moras Griffen und steuerte geradewegs auf die Bärin zu, welche voller Vorfreude grölte, was jedoch auch leicht als Drohung verstanden werden konnte. Bevor jemand etwas hätte unternehmen können und lange bevor Mina und Mora ihrer Schockstarre entkommen konnten, hatte sich Franka auf den Rücken gerollt und Thea kraulte ihr wie vom Teufel besessen den Bauch.
Alle schauten diesem Spiel, welches nicht mehr war als ein Quell der guten Laune und Positivität, aufmerksam zu. Dann stellte Haon den alten Mann vor, welcher Thea in Empfang genommen hatte und über den wir bisher noch am wenigsten erfahren haben. "Der Alte da, ist übrigens Dr. Charlie Oolith. Mein Partner... Gehilfe.. in der Ewigkeit." Charlie merkte wie schwer sich Haon tat und übernahm das Wort: "Doktor, Professor - Partner, Gehilfe... nennt mich Charlie und gut ist. Ich schau das es den Tieren gut geht und halte hier alles in Schuss." Es folgte ein kurzer Blick auf die leicht modrigen Wände: "Naja, so gut es geht eben. ... Und das dort ist Franka, unsere Bärin. Außerdem haben wir hier im Zoo noch zwei Pferde, einen Wolfshund, Serafina da drüben..." Er zeigte quer durch den Raum zu Serafina, welche daraufhin den Kopf hob, hatte sie doch soeben ihren Namen vernommen. "...und ansonsten ein paar Vögel, Schlangen, ein Hängebauchschwein... oh äh falsch, kein Hängebauchschwein." Verlegen überspielte er seinen Denkfehler und fuhr fort. "... aber ganz frisch, haben wir jetzt seit neustem noch einen Löwen." Kurze Stille. "Sein Name ist Sangkung." Aidens Worte ließen keinen Widerspruch zu, doch Mora schaute ihn dennoch irritiert an: "Findest du das nicht ein wenig rassistisch? Nur weil der Name irgendwie Afrikanisch klingt?" Aiden ließ sich nicht beirren. "Diesen Namen habe ich ihm nicht gegeben. Ich habe ihn von ihm erfahren." Moras rechthaberischer, angekratzter Ausdruck, war aus ihrem Gesicht verschwunden und während sich die Meinungen der Anderen in Irritation verworren, sah Charlie Aiden mit großen Augen an, hatte er dies nicht als zweifelhaftes Dahergeredet abgetan. "Wie euch Haon sicher bereits erzählt hat, ist es einem Tier, welches eine Besonders starke Bindung zu seinem Besitzer aufgebaut hat, möglich im nach dem Tod in die Hölle zu folgen. Allerdings gehen wir auch davon aus, das dieses Tier, genau wie der Besitzer dafür eine große Sündenlast auf sich geladen haben müssen." Aidens Gesichtsausdruck wurde melancholisch, leise flüsterte er Mina, die immer noch an ihm heftete, wie eine Girlande an einem Treppengeländer, seine Gedanken in ihre, von braunem Haar umringten Ohren: "Manchmal vergesse ich, dass wir alle hier sind, weil wir wirklich schlimme Dinge getan haben." Auch wenn es nur so nebenbei, nur ein kleiner Gedankengang gewesen war, verspürte Mina nun auf ein Mal unsagbare Reue. Was hatte sie nur getan um hier gelandet zu sein? Im Grunde wusste sie was sie getan hatte, aber so, auf diese alternative Weise, wie sie sie jetzt betrachtete, hatte sie sich diese Frage noch nie gestellt. Sie war einfach ein schrecklicher Mensch gewesen und vermutlich war sie es noch immer, wenn nicht gar mehr als je. ... Ein wirklich schrecklicher Mensch.
Charlie fuhr mit seiner Ansprach fort: "Wenn euch ein Tier in der Hölle begegnet und so unwahrscheinlich ist das gar nicht, dann wird es zu hoher Wahrscheinlichkeit ein Mensch sein, der in ein Tier verwandelt wurde. Ich rede nicht von Zauberei sondern der Veränderung des Körpers durch Kraftfähigkeiten, denn solche eine Modifikation am Menschen ist Vergleichsweise einfach und gar nicht so unbeliebt, wenn sie oft auch als Bestrafung, oder zur Einschränkung genutzt wird. Ich kannte mal einen Mann der hatte Hufe statt Hände, da hatte es jemand nicht so gut mit ihm gemeint. ... Man kann alles in allem viel mit sich anstellen lassen, das ist alles eine Frage von Geld, also Kraft, oder aber einem guten Handel. Wenn man ins Fegefeuer kommt, wird das jedoch wieder hinfällig, weil dort jegliche Veränderung verschwindet, sozusagen von einem abgewaschen wird." Mina schaute Franka an. War dieser Bär nicht ein wenig zu lieb und zu intelligent um einst ein wildes Tier gewesen zu sein? Vielleicht war sie im Zoo aufgewachsen... aber was, wenn diese Tiere die hier lebten eigentlich alles Menschen waren? Eine beunruhigende Vorstellung, aber sicher nur ihre dystopische Fantasievorstellung, welche ihr oftmals düstere Gedanken in den Kopf setzte. Etwas von Unverständnis behaftet, gab Mina daraufhin ihre Meinung preis: "Also das diese Erschaffer die so beliebt sind, super viele krasse Sachen können, das weiß man ja, aber ich würde mich trotzdem nie in ein Tier verwandeln lassen, mir höchstens Flügel zulegen, aber wer will das nicht gern." Haon verdrehte die Augen: "Also mir ist die Hölle zu hässlich um sie von oben sehen zu müssen." Mit einem Nicken pflichtete Charlie seinem Arbeitskollegen bei: "Am liebsten würden wir ja in eine Höllenzeit reisen, in welcher eine unberührte, ruhige Atmosphäre, Natur und Frieden herrschen, aber wir denken nicht das wir die ganzen Tiere so einfach mitnehmen könnten." Thea zuckte mit den Schultern: "Sie sind halt keine Pokémon." Ausschließlich Mora verstand worauf Thea anspielte und kicherte. Serafina schnaufte und Aiden sah erneut mitleidig zu ihr rüber: "Macht euch nichts draus.. mich hat man hier auch vergessen."
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Nyctophilia ✶ Regeln der Hölle
Fantasy✚ Totgeglaubte leben länger ✚ Eine Reise in die Hölle und zurück, vom Beginn der Ewigkeit, bis ans Ende der Zeit. Magie, Macht und Liebe wo man keine Liebe vermutet.