3. Freddy

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"Rachel hatte mir zwei Wochen vor ihrem Tod von Freddy erzählt. Dass sie ihn liebe, aber dass sie diese Beziehung nicht mehr führen kann."

"Und wieso konnte ihre Schwester dies nicht mehr?"

Ich atme tief durch und erzähle, was sie mir berichtet hatte. "Irgendetwas wegen Drogengeschäften. Sie wollte mir nichts Genaues erzählen aber sie wollte nicht mehr bei Freddy sein. Irgendetwas hat sie allerdings gehindert zu gehen. Ich bin mir sicher, sie hat an diesem Tag zu Freddy gesagt, dass sie nicht mehr will. Da ist er ausgerastet und hat sie erschossen."

"Das ist doch an den Haaren herbeigezogen. Sie haben ihre Schwester umgebracht, Mr. Castiel. Warum sollte Mr. Simpson das tun?" Mischt sich die Staatsanwältin ein.

"Aus Angst, meine liebe Kollegin" widerspricht ihr Mr. Wilder. "Mr. Simpson musste um seine Existenz und um eine Strafe bangen. Seine Möglichkeit war es also nur besagtes Opfer loszuwerden. Liebe hin oder her. Es ist nicht das erste Mal, dass der Zeuge in Erscheinung tritt wegen Drogengeschäften. Ein weiterer Fehltritt in seiner Strafakte und er säße lange Zeit hinter Gittern".

"Hören Sie doch auf. Ihr Mandat hat seine Schwester getötet. Warum weiß keiner, aber die Indizien deuten alle auf ihn. Spätestens wenn wir die Tatwaffe finden".

Die beiden diskutieren, während ich Freddy beobachte. Wie konnte er mit dieser Lüge so weit kommen.

"Das reicht erst einmal", er richtet sich an beide Anwälte "Mr. Simpson, wie kam es denn dazu, dass Rachel Castiel bei ihnen arbeitete?"

"Ganz einfach. Sie war ein heißes Ding und versaut. Die Kleine wollte unbedingt bei mir arbeiten. Mit 18 kam sie zu mir und ich habe sie eingestellt. Seitdem hat sie als eine meiner Nutten mit unseren Kunden geschlafen".

"Wissen Sie wie das Verhältnis zwischen Mr. Castiel und ihrer Angestellten war?" Fragt mein Verteidiger.

"Nein davon habe ich nie was mitbekommen. Aber allzu gut kann es ja nicht gewesen sein nicht wahr" er lacht dreckig vor sich hin, während ich mir dieses scheiß von meinem Platz aus anhören darf.

"Sie scheinen nicht sehr betroffen über den Tod ihrer Lebensgefährtin zu sein Mr. Simpson".

Wie auch wenn er sie erschossen hat.

"Ach wissen sie, das Leben geht weiter." Sagt er nur und lehnt sich wieder in seinem Stuhl zurück.

"Gut, wenn es keine weiteren Fragen gibt, würden wir mit Miss. Dumont fortfahren".

Sowohl die Staatsanwältin als auch mein Verteidiger verneinen. Besagte Frau wurde zusammen mit einer anderen etwas älteren Frau hereingerufen.

Ich habe sie ab und zu mal gesehen, wenn ich Rachel abgeholt habe. Da sah sie irgendwie fröhlicher aus, aber jetzt. Sie sieht leer aus.

Die braun haarige junge Frau setzt sich auf den Platz der eben noch von Freddy benutzt wurde. Jener sitzt nun weiter hinten, wo die befragten Zeugen Platz nehmen dürfen. Ihre Begleitung zieht sich nach der Aufforderung des Richters einen Stuhl heran. Keine Ahnung, wofür sie diese Frau braucht.

"Wie ich den Papieren entnehmen kann, ist das ihre Übersetzerin Mrs. Cox, auf die sie heute angewiesen sind, da sie unter einer psychogenen Aphonie leiden. Wie es dazu gekommen ist, klären wir gleich, doch zuerst einmal klären wir Ihre Daten."

Sie nickt und der Vorsitzende redet weiter.

"Sie heißen Amaya Dumont, sind 22 Jahre alt, arbeiten im La Désir als Barkeeperin und sind Zeugin in diesem Verfahren. Sie wissen, dass sie die Wahrheit sagen müssen" er guckt kurz zu ihr, und nachdem sie zugestimmt hat, fährt er fort "Soweit ich weiß, wurden sie von einem Psychogenen begutachtet, der zu dem Entschluss kam, dass sie seit der Tatnacht unter einer psychogenen Aphonie leiden. Bedeutet also, sie können aufgrund eines Ereignisses nicht mehr sprechen. Allerdings beherrschen sie die Gebärdensprache, welche Mrs. Cox für uns übersetzen wird."

Amaya zeigt mit ihren Händen, was Mrs. Cox als ein 'Ja genauso ist es' übersetzt.

"Also dann schildern sie uns doch bitte was in der Tatnacht geschehen ist".

"Ich habe mit meinem Boss Freddy an der Bar über eine Gehaltserhöhung gesprochen. Da haben wir den Schuss gehört. Freddy ist hingelaufen. Ich bin ihm hinterher. Wir haben Diego, den Bruder von Rachel", sie guckt vorsichtig zu mir hinüber. Ihr Gesicht ist ganz blass "über ihr gefunden. Wie er voll mit ihrem Blut war und sie lag einfach nur so da. Dann bin ich wieder zur Bar gelaufen. "

Mrs. Cox übersetzt alles, während Amaya spricht. Wieso lügt sie? Sie war nicht dabei, als Freddy mich gefunden hat. Diese Frau bestimmt zum größten Teil gerade darüber, ob ich in den verschissenen Knast gehe oder nicht. Nach dieser Verhandlung kann sie sich auf etwas gefasst machen. Ich bekomme sie schon irgendwie dazu, die Wahrheit zu sagen.

"Miss. Dumont wissen Sie etwas über das Verhältnis zwischen dem Opfer und dem Angeklagten?" Fragt mein Verteidiger Amaya.

Sie guckt erst nach hinten zu Freddy, ehe sie den Kopf schüttelt. Plötzlich wird die Tür aufgestoßen. Hektisch kommt eine Dame herein, die sich entschuldigt zu stören. Sie rennt auf ihren kurzen Beinen nach oben zum Vorsitzenden und flüstert ihm etwas ins Ohr.

"Es tut mir leid, aber es ist ein Notfall. Die Verhandlung wird unterbrochen. Sie erhalten den genauen Termin per Post", damit erhebt er sich und eilt hinaus.

Verwirrt sitzen alle auf ihren Plätzen, doch langsam leert sich der Saal.

Mr. Wilder schiebt mich an meinem Rücken hinaus. Bei Freddys gehässigem Lachen muss ich mich zusammenreißen, nicht auf ihn loszugehen. Er strahlt förmlich aus, dass er sich überlegen fühlt. Ich verabschiede mich von meinem Verteidiger, der jetzt in sein Büro eilt. Die meisten Menschen sind schon gegangen. Allerdings steht die Person, die ich abfangen wollte, noch ziemlich unschlüssig da.

"Ey warte mal ein Augenblick" rufe ich, als auch sie sich zum Gehen abwendet. So schnell lasse ich sie nicht davonkommen. Ich will antworten.

Sie ignoriert mich und verschnellert ihre Schritte. Ich stoppe sie an ihrer Schulter. Wie eine Statue aus Stein bleibt sie stehen, doch sie dreht sich nicht um. Da sie auch keine Anstalten macht, dies zu tun, wechsle ich auf ihre Seite, damit ich sie angucken kann.

Ihr Blick ist nach unten gerichtet. Sie vermeidet jeglichen Augenkontakt.

"Willst du mir vielleicht mal sagen, warum du lügst? Warum du diesen Bastard deckst und mich in den Knast bringen willst? Warum dir der Tod von Rachel so egal ist?!"
Ich muss mich zusammenreißen, nicht zu brüllen. Obwohl meine Worte schon ausreichen, dass die Frau vor mir still weint.

Seit der Verhandlung weiß ich, dass sie mir nicht mit Worten antworten kann oder will. Auch das 'du' nehme ich mir jetzt einfach mal heraus. Diese Frau ist der verdammte Grund, wieso ich angeklagt bin.

Kaum habe ich nicht aufgepasst, ist sie verschwunden. Jetzt stehe ich allein vor dem Gerichtssaal. Voller Wut und Verzweiflung. Mein Herz hämmert wie wild gegen meine Brust.

Irgendwie werde ich schon noch beweisen, dass es Freddy war. Dass er meine Schwester erschossen hat und dass diese Frau, die meinen Hass verdient hat, lügt.

La DésirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt