Am Morgen spüre ich leichte Kopfschmerzen. Ben und ich haben es gestern nicht nur beim Bier gelassen, sondern sind noch auf den Barcadi umgestiegen.
Ich muss mich also dazu zwingen, aufzustehen und eine Dusche zu nehmen. Meine letzten Stunden will ich wenigstens nicht nach einem Schnapsglas riechen.
Meine Wohnung wird mir fehlen. Allerdings ist für Sentimentalität jetzt keine Zeit. Ich ziehe mir eine schwarze Jeans und ein weißes Hemd darüber, ehe ich mit meinem Wagen zum Gerichtsgebäude fahre.
Auf dem Parkplatz stelle ich den Motor aus und atme noch einmal ganz tief durch, ehe ich aussteige, abschließe und im Gebäude verschwinde.
Mr. Wilder empfängt mich sofort mit einem mitleidigen Brief. Freddy sitz vor dem Gerichtssaal mit einem trügerischen Grinsen, Amaya schaut nur auf den Boden, doch unsere Blicke kreuzen sich kurz und ich kann Tränen in ihnen sehen. Ich wende meinen Blick ab und folge meinem Anwalt in den Saal.
Mit verschreckten Händen warten wir auf den Vorsitzenden. Die Staatsanwältin hat ein zufriedenes Grinsen auf den Lippen. Im Generellen herrscht eine bedrückte Stimmung. Freddy, Amaya, meine Eltern und Ben betreten den Zeugenstand und setzen sich.
Verwirrt gucke ich meinen besten Freund an, der eigentlich nichts von der heutigen Verhandlung wusste. Jemand muss es ihm gesagt haben. Ziemlich erzürnt, doch trotzdem traurig sitz er dort neben meinen Eltern. Warum die noch hier sind, weiß ich auch nicht.
Der Vorsitzende tritt ein und beginnt mit der Verhandlung. Er bittet mich an den Tisch, an dem ich schon bei der ersten Verhandlung befragt wurde.
"Nun Mr. Castiel der Fall soll ab heute zu den Akten gelegt werden, indem wir den Täter im Mordfall Rachel Castiel verkünden. Der endgültige Prozess hat sich hinausgezogen, doch ich muss ein Urteil fällen", sagt er ernst, woraufhin ich nur ein Nicken zustande bringe.
Diese ganze Situation fühlt sich surreal an. Als wenn ich träumen würde. Ich habe keine Ahnung, was auf mich zukommen wird, wenn die Entscheidung fällt, dass ich der Mörder bin. Es ist klar, dass ich für Jahre ins Gefängnis gehe. Ob mich meine Eltern oder Amaya besuchen kommen würden? Würden sie einfach so weiterleben können?
Das werde ich wohl bald herausfinden dürfen. Ben würde mich definitiv besuchen kommen. Er kann ohne mich gar nicht leben. Dieser Gedanke versucht ein Schmunzeln meinerseits, doch es verblasst bei dem Gedanken an das, was ich alles verpassen werde. Wie Ben endlich eine Freundin findet und vielleicht sogar eine Familie gründet, wie Amaya vielleicht irgendwann wieder spricht oder wie Aurelie groß wird. Ich würde mein eigenes Leben verpassen. Nicht mit der Frau zusammen sein, die ich irgendwie lieben gelernt habe oder nie selbst eine Familie gründen können.
"Mr. Castiel die Beweise und Ermittlungen deuten auf sie und somit verurteile ich sie im Mordfall Rachel Castiel für- " ertönt es plötzlich und ich habe das Gefühl, die Zeit bleibt stehen.
Es ist ruhig im ganzen Saal. Niemand sagt etwas nicht einmal ein überraschter, trauriger oder glücklicher Laut. Einfach Stille.
Die Tür des Gerichtssaales stört diese Ruhe, als sie energisch aufgeschlagen wird und ein Polizeibeamter bittet den Richter sprechen zu können.
"Wir unterbrechen die Verhandlung kurz", sagt er und verschwindet.
Ich begebe mich ebenso wie die anderen nach draußen. Freddy wird von einem seiner Männer an den Rand gezogen, welcher ihm dann irgendwas erzählt. Danach haut er schnell ab und der Kerl ihm hinterher. Ist besser so, wenn er nicht mehr da ist, dann ist er wenigstens nicht live dabei sollte ich für schuldig gesprochen werden.
Ich hole mir einen Kaffee in der Kantine und eile noch einmal schnell auf die Toiletten, ehe ich wieder in den Gerichtssaal komme. Gerade rechtzeitig, da der Vorsitzende die Verhandlung weiterführt. Doch es fehlen Freddy und Amaya.
"Wir werden diese Verhandlung unterbrechen, da ich Neuigkeiten habe. Die Kollegen von der Polizei waren so eben im Bordell La Désir und haben es aufgrund der Drogengeschäfte mit Durchsuchungsbefehl durchleuchtet. Man fand Drogen und am Interessanten die Tatwaffe, mit der Rachel Castiel erschossen wurde. Der Beweis für die Unschuld von Mr. Diego Castiel ist hiermit erbracht. Mr. Freddy Simpson ist der Mörder".
Ich sollte mich freuen, doch ich werde geplagt von Sorgen. Es bedeutet nichts Gutes, das Amaya zur gleichen Zeit wie Freddy verschwunden ist.
"Entschuldigung es ist dringend, aber ich denke, sie sollten das wissen", sage ich und richte mich auf. Wir müssen Amaya finden, denn ich ahne Böses.
"Was ist Mr. Castiel?" Fragt der Richter.
"Die Zeugin Amaya Dumont ist nicht mehr hier und ich glaube Freddy also Mr. Simpson hat ihr etwas angetan".
"Wie kommen sie darauf?" Erwidert mein Anwalt fragend.
"Sie hat hier vor Gericht gelogen, denn sie wusste, dass ich es nicht war. Aber auch nur, weil Freddy sie irgendwie in der Hand hat. Sie hat mir heimlich geholfen, indem sie mir Tipps gegeben hat wie die Sache mit der versteckten Kamera. Ich habe Freddy vorhin wutentbrannt aus dem Gebäude laufen sehen und ich denke, als er die Info erhalten hat, hat er gedacht Amaya hätte ihn verraten. Er wird ihr irgendwas antun, wenn wir sie nicht finden!" Erläutere ich diese ernste Situation.
"Wir gehen von einem geflüchteten Mörder ohne Skrupel aus der eventuell eine Geisel bei sich hat", sagt der Vorsitzende.
Die Polizei wird umgehend verständigt und sie versuchen Amayas oder Freddys Handy zu ordnen. Nach einer halben Stunde haben sie das Signal von Amaya.
Ich will mir meine Jacke schnappen und bei den Polizeibeamten mitfahren, doch ich werde gestoppt. Ich solle warten und nichts Unüberlegtes tun.
Nachdem sie los sind, fahre ich ihn dennoch so schnell wie möglich hinterher. Ich will Amaya in absoluter Sicherheit wissen und das kann ich nicht, wenn ich wie ein Idiot vor dem Gerichtsgebäude warte.
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La Désir
Novela Juvenil"Es sieht sehr schlecht für sie aus Mr. Castiel." Der Mann mittleren Alters guckt auf seine Akte, während seine Augen und seine gesamte Mimik nach schlechten Nachrichten aussehen. Aber was habe ich auch anderes erwartet. " -Die meisten Beweise deute...