Irgendwann tief in der Nacht kommt es dazu, dass ich einschlafe. Mein Wecker klingelt jedoch schon um 7 Uhr morgens. 4 Stunden Schlaf sind eindeutig nicht genug. Ich gehe schnell duschen und mir etwas zu essen machen. Mit einem einfachen Shirt und einer Jeans schnappe ich mir meine Jacke und fahre zum Gericht.
Ich würde nicht freiwillig zugeben, dass ich nervös bin. Doch so ist es. Ich kann nur hoffen, dass Mr. Wilder mich solange vor der U-Haft bewahren kann, dass ich irgendetwas finde, das mich nicht als den Mörder meiner eigenen Schwester betitelt.
"Guten Morgen Mr. Castiel kommen Sie doch bitte mit mir in den Saal. Der Vorsitzende wird gleich erscheinen. Wir erheben uns kurz, bis er uns bittet, uns wieder zu setzen. Die Staatsanwältin wird die Anklage verlesen. Dann werden erst sie befragt und dann die weiteren Zeugen Mr. Simpson, Miss Dumont, Mrs. Williams, Mr. Colen, Miss Adams und ihre Eltern. Wir hoffen auf das Beste".
Mein Verteidiger nimmt Platz und ich setze mich neben ihn. Gegenüber von uns nimmt die Staatsanwältin Platz. Da das hier eine öffentliche Verhandlung ist, sitzen um die 20 Zuschauer auf den Stühlen hinter der Absperrung.
Nervös knacke ich die Knochen in meinen Fingern, als der Vorsitzende herein spaziert kommt. Jeder erhebt sich und setzt sich erst wieder, als der Richter ebenfalls Platz nimmt.
"Wir haben uns heute hier im Mordfall von Rachel Castiel versammelt. Wenn Sie bitte die Anklage verlesen würden" Er guckt zur Staatsanwältin und sie erhebt sich.
"Der Angeklagte Diego Castiel wird beschuldigt, seine Schwester Rachel Castiel am 08.05.2022 im Bordell La Désir erschossen zu haben. Er wird angeklagt wegen Mordes und befindet sich derzeit nicht in U-Haft." Sie lässt ihr Stück Papier wieder liegen und setzt sich.
"Danke Mrs. Sayed wir kommen nun zur Befragung des Angeklagten. Bitte setzen Sie sich hier nach vorne an den Tisch".
Mit einem letzten Blick zu meinem Verteidiger gehe ich nach vorne und nehme Platz.
"Sie heißen Diego Castiel und sind 25 Jahre alt stimmt das?"
"Ja das stimmt".
"Sie arbeiten derzeit als was?"
"Eigentlich als Bauingenieur in einer Firma, doch seit diesem Verfahren bin ich suspendiert", gebe ich ehrlich zu.
"Gut sie wissen, das sie die Wahrheit sagen müssen, wenn nicht, machen sie sich laut Gesetzbuch strafbar. Wir verhandeln hier heute die Frage, ob sie ihre Schwester an diesem Freitag erschossen haben. Was können sie uns dazu sagen?"
"Ganz einfach, ich war es nicht. Ich habe meine Schwester nicht ermordet. Ich hätte alles für sie getan".
Die Staatsanwältin guckt mich an und ihr Blick sagt mehr als tausend Worte. Sie glaubt mir einen Scheißdreck. An einer Tafel hängen Bilder von Rachel, wie sie tot auf dem Boden liegt. Es ist grausam.
"Was ist in dieser Tatnacht genau geschehen? Können Sie uns das etwas näher erläutern?"
"Ich wollte Rachel abholen. Ab und zu fragte sie mich, ob ich sie aus dem La Désir abholen kann, und wenn ich Zeit hatte, habe ich das auch gemacht. In dieser Nacht habe ich auf dem Parkplatz auf sie gewartet. Nach 20 Minuten war sie immer noch nicht da und ich bin rein. Nachdem ich etwas herumgeirrt bin, war ich kurz vor den Umkleiden. Ein Raum zwischen Büro und Umkleiden. Da lag sie. Tot und bleich. Ich bin auf die Knie gestürzt und habe versucht, sie wieder zu beleben, doch es war schon lange zu spät. Die Schusswunde ging direkt durch ihr Herz. Ich habe auf die Wunde gedrückt, um die Blutung zu stillen. Vergeblich natürlich." Ich atme tief durch. Das alles Revue passieren zu lassen ist härter als gedacht hätte "Ich bin mir sicher, dass es Freddy war".
"Sie meinen bestimmt den Zeugen Freddy Simpson?" Unterbricht mich der Richter doch ich nicke. Ja, genau der.
"Ja genau der. Er und eine Frau, ich glaube, eine Angestellte kamen zu mir. Er beschuldigte mich, ich hätte seine Freundin getötet. Die Frau sagte nichts. Sie sah total verängstigt aus. Die Polizei kam und nahm mich fest. Freddy hat ihnen erzählt, ich hätte auf sie geschossen. Dabei war er es doch" den letzten Teil meines Satzes schreie ich, woraufhin mich der Richter ermahnt.
Wie soll ich dabei ruhig bleiben, wenn ich als Mörder meiner Schwester beschuldigt werde?!
"Gibt es noch Fragen an den Angeklagten?" Er richtet sich an meinen Verteidiger und an die Staatsanwältin, die jedoch verneinen.
Er bittet mich, neben meinem Verteidiger Platz zu nehmen. Den Stuhl rücke ich zurück und gehe hinter das Pult. Währenddessen wird Freddy in den Saal gerufen. In seiner typischen Lederjacke und der Sonnenbrille mit den gelben Gläsern auf dem Kopf stolziert er hier hinein. Ein süffisantes Grinsen liegt auf seinen Lippen. Wie gern ich ihm das vom Gesicht schlagen würde.
"Ihr Name ist Frederik Simpson, sie sind 39 Jahre alt und sind Betreiber des Bordells 'La Désir' richtig?"
"Darauf können Sie wetten", lacht er. Ich kann sehen, wie der Richter ihm einen straffenden Blick zu wirft und die Staatsanwältin die Augen verdreht. Die sind genauso wenig von ihm angetan wie ich.
"Wie sie wissen, geht es um den Mord an Rachel Castiel. Schildern sie uns doch bitte was am 08.05.2022 passiert ist".
Freddy lehnt sich lässig zurück und grinst nach oben." Ich habe mit Amaya, meine süße Barkeeperin, über eine Gehaltserhöhung gesprochen. Da war dann so ein Geräusch. Ein Schuss. Wir haben uns verwirrt angeguckt und sind dorthin. Da beugte er sich über mein süßes Mädchen und war voller Blut. Amaya wäre fast umgekippt. Na ja, wir haben die Bullen gerufen und die haben den Sack dort" er zeigt auf mich "festgenommen".
"Mr. Simpson sie haben sich so in einem Gerichtssaal nicht zu verhalten! Noch so eine Beleidigung und sie erhalten ein Ordnungsgeld".
Freddy lügt doch, wenn er sein ekelhaftes Maul auf macht. Von wegen. Er hat sie doch ermordet.
"Mr. Simpson so wie es sich anhört, kannten sie das Opfer sehr gut nicht wahr?" Mein Verteidiger erhebt sich und steuert auf Freddy zu.
"Kann man so sagen. Die Kleine war wild wie der Teufel. Natürlich hatten wir was miteinander", er lacht dreckig.
"Sprich gefälligst nicht so von meiner Schwester, du widerlicher Bastard!" Brülle ich.
"Mr. Castiel soll ich Ihnen auch ein Ordnungsgeld verpassen!" Ich gucke den Richter entschuldigend an.
"Na, also bitte. Wir sehen doch alle, dass der Angeklagte ein stärken Hass auf Mr. Simpson hat. Er will ihm den Mord anhängen", die Staatsanwältin tritt vor und jeder hört ihr zu.
"Also bitte, das ist totaler Schwachsinn! Ich habe meine Schwester geliebt und hab sie unterstützt! Er hat sie doch nur ausgenutzt! Sie wollte weg von ihm und er hat ihr das angetan!"
"Was meinen Sie mit Sie wollte weg von ihm?" Fragt mich der Vorsitzende.
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La Désir
Jugendliteratur"Es sieht sehr schlecht für sie aus Mr. Castiel." Der Mann mittleren Alters guckt auf seine Akte, während seine Augen und seine gesamte Mimik nach schlechten Nachrichten aussehen. Aber was habe ich auch anderes erwartet. " -Die meisten Beweise deute...