Kapitel 5

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Elias richtete sich auf und hielt sich die Nase, welche leicht blutete. "Können Sie aufstehen?" Fragte der Direktor besorgt. "Ja, alles gut." "Soll ich einen Krankenwagen rufen?" Doch Elias schüttelte den Kopf. "Nein, es geht mir gut. Wirklich." Der pummelige Mann nickte. "Alle beide, in mein Büro." Ich musste schlucken. Das wars nun endgültig. Ich hatte meine zweite Chance gehabt und sie verspielt. Auf dem Weg in die Direktion bekam ich alles nur noch verschwommen mit und meine Augen brannten. Zitternd, vor Anspannung, nahm ich im Büro platz und starrte auf meine Finger, ehe der Mann welcher mir gegenüber saß los wetterte.

"Herr Makarow, ist Ihnen klar, was Sie da getan haben? Ich hab Ihnen eine Chance gegeben, obwohl ich von Ihrer Vergangenheit wusste, aber das war wohl ein gewaltiger Fehler. Ich werde jetzt die Polizei rufen und die entscheiden dann was mit Ihnen passiert. Sie sind hiermit der Schule verwiesen." Ganz ruhig Dima! Nicht wieder ausrasten. Das macht nur alles schlimmer. Stumm starrte ich auf meine geschundenen Fingerknöchel und mein Kiefer mahlte. Die konnten mich doch nicht einfach so verweisen! Und alles nur wegen diesem ekelhaften Schnösel. Ich war gerade mal einen Monat hier und jetzt sollte schon alles wieder vorbei sein?

Plötzlich ergriff Elias das Wort. "Warten Sie!" Ich stockte. "Es war meine Schuld! Ich hab angefangen! Er hat sich nur gewehrt!" Der Direktor sah ihn abschätzig an. "Ist das Ihr Ernst? Sie wollen mir weiß machen, dass ausgerechnet Sie angefangen haben?"

Ungläubig starrte ich ihn an. Wieso tat er das? "Hab ich aber! Ich habe mich provozieren lassen und wollte zuschlagen. Er war eben schneller." Der etwas untersetzte Herr, sank in seinen Stuhl zurück, schob seine Brille hoch und massierte sich das Nasenbein. "Nun, wenn das so ist, werd ich mir für Sie beide eine Strafe einfallen lassen. Heute Nachmittag putzen Sie die Sporthalle gemeinsam und Herr Makarow." Er wandte sich an mich. "Wenn ich mich recht entsinne haben Sie doch Probleme in Biologie und Mathe. Herr Rainbach kann Ihnen bestimmt helfen. So kommen Sie sich vielleicht näher. Ich erwarte Sie Montag, nach der Schule hier."

Wie verließen das Büro und er sprintete beinahe in die Klasse zurück, doch ich hielt ihn an der Schulter fest. "Warum hast du das getan?" Er schnaubte. "Glaub jetzt bloß nicht, dass wir Freunde oder so sind. Was weiß denn ich. Deinetwegen steck ich jetzt am Montag hier fest und darf dir beim lernen helfen. Und die Sporthalle kannst du heute schön alleine putzen. Bist mir eh was schuldig." Da hatte er recht also hielt ich lieber den Mund. Als wir die Klasse wieder betraten starrten uns alle an.

Ruhig ging ich auf meine Platz, wo ich sofort von Ronny ausgefragt wurde was passiert ist. Meine Antworten fielen relativ knapp aus, da ich bei Gott keine Lust hatte jetzt noch darüber zu sprechen. Nachdem ich den Tag hinter mich gebracht hatte führte mich mein Weg zur Turnhalle, wo ich Elias schon warten sah. Ich nahm genüsslich einen letzten Zug von meiner Zigarette, ehe ich sie am Boden austrat und mich in mein Verderben stürzte. Aber wenigstens hatte er es aufgegeben mir Moralpredigen über das Rauchen auf dem Schulhof zu halten.

Schweigend gingen wir hinein, wo er sich auf den Mattenwagen fläzte und keine Astalten machte mir zu helfen. Ich schnaufte, beschwerte mich jedoch nicht. Während ich alles ordnete und schrubbte, war er in ein Buch vertieft und beachtete mich kaum, außer wenn er mir ab und zu ein überlegenes Grinsen zuwarf, welches ich aber gekonnt ignorierte.

Es dauerte einige Stunden bis ich fertig war, doch um Sechs Uhr konnten wir endlich nachhause. Wir verließen schweigend das Gebäude, doch gerade als ich in die andere Richtung abbiegen wollte hörte ich seine Stimme hinter mir. "Wir treffen uns Montag nach der Schule bei dir." Ich lächelte leicht. Das passte so garnicht in mein Bild vom perfekten, reichen Musterschüler, dass er sich darauf herablassen wollte, meine kleine, verdreckte Wohnung zu betreten. Aber auf der anderen Seite würde es ihn vielleicht von seinem hohen Ross herunter hohlen und ihm zeigen, dass es auch Normalsterbliche auf dieser Welt gab.

Die Woche verlief schleppend, doch am Samstag wollte ich mich wieder mit Miriam, Paul und Ronny treffen, was mich meine missliche Lage vielleicht etwas vergessen lassen würde. Dieses Mal waren wir alle bei Miriam was wesentlich angenehmer war, da ihr Haus um einiges größer war, als Pauls spärliche Wohnung. Wir unterhielten uns den ganzen Abend, schauten Filme, futterten Pizza und lagen gemütlich auf dem breiten Sofa. Paul wirkte etwas gedankenverloren bis er verkündete, dass er kurz eine Rauchen ging und ich mich unauffällig anschloss.

Er ließ sich auf der Treppe vor der Haustür nieder und steckte sich eine Zigarette zwischen die Lippen ehe er mir die Schachtel auch hin hielt. Ich schnappte mir eine und wir schwiegen einige Zeit bis ich die Stille brach. "Sag schon, Kumpel, was liegt dir auf dem Herzen?" Er stützte seinen Kopf in die Hände und seufzte. "Ich weiß auch nicht. Es ist Ronny. Ich fühl mich aus irgendeinem Grund seit letztem Samstag nicht wohl in seiner Nähe. Ich hab das Gefühl es ist ihm unangenehm und er kann mir nicht mal mehr in die Augen sehen. Als wär ich giftig."

Ich legte meine Hand auf seine Schulter und sah ihn an. "Vielleicht war es schwer für ihn, dass Miriam dabei war. Er ist ziemlich in sie verliebt." Paul zog eine angeekelte Grimasse und ich musste lachen. "Was auch immer. Er wird sich schon wieder einkriegen." Meinte er dann, trat seine Zigarette aus und ging wieder rein. Ich folgte ihm. Der restliche Abend verlief ruhig und in der Nacht beschlossen wir, dass es sich nicht mehr lohnte, jetzt noch nachhause zu fahren, also blieben wir hier. Miriam hatte nur zwei Gästezimmer, weswegen sie meinte, dass Paul und Ronny das eine und ich das andere nehmen sollte. Ich sah Paul unsicher an und er verstand wohl, dass ich ihm anbot zu tauschen, doch er schüttelte den Kopf.

In der Früh wurde ich von lauten Stimmen geweckt. Ich brauchte kurz um mich zu orientieren, bis mir wieder einfiel wo ich war. Unten hörte ich Miriam und die anderen laut reden. Sie machten sich nicht einmal die Mühe etwas leise zu sein. Müde und entnervt schlurfte ich nach unten in die Küche, wo Paul am Herd stand und die anderen beiden aufdeckten. "Morgen." Rief Ronny fröhlich. "Auch schon wach?" Lachte Paul.

"Ja, ja, ihr mich auch." Murmelte ich und ließ mich auf einen der Stühle fallen. Ich war bei Gott kein Morgenmensch. Als wir alle zusammen beim Frühstück saßen, begann Miriam zu reden. "Was haltet ihr davon wenn wir morgen nach der Schule zusammen was unternehmen?" "Klingt gut." Meinte Ronny. "Hab keine Zeit." Erwiderte ich knapp. "Dann eben nur wir drei." Ich beneidete sie wirklich sehr. Ich hatte echt keine Lust mit dem Schnösel zu lernen aber naja, da kam ich nicht drum herum. "Sag mal" Miriam richtete sich an Paul. "Was machst du eigentlich beruflich? Oder gehst du auch noch zur Schule?"

Dieser schwieg und sah auf seinen Teller. Das Ganze war ihm sichtlich unangenehm. Ich war ja auch der einzige der wusste was er machte, auch wenn Ronny es sich vermutlich auch denken konnte. "Verkäufer" Nuschelte er leise. Naja so ganz gelogen war es ja nicht. Außerdem hatte er tatsächlich mal im Handel gearbeitet, nur war es eben schon Jahre her. Nach dem Frühstück verabschiedeten wir uns und ich ging nachhause. Den Sonntag über, gammelte ich auf der Couch und überlegte kurz ob ich mir die Mühe machen sollte für morgen aufzuräumen, doch entschied mich schlussendlich fürs, scheiß drauf.

I'm addicted to you | Boy X BoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt