Nachtschichten in einem Krankenhaus haben manchmal ein seltsames Eigenleben.
Dieses Eigenleben wird nicht als vorhersehbar zu beschreiben sein. Es entsteht ohne erkennbare Vorzeichen und ist zuweilen sehr irritierend.Das bekam in dieser Nacht auch Melina Hargraves zu spüren.
Da ist es 02:30 Uhr in der Nacht, als Melina sich aus dem Schwesternzimmer nur einmal schnell einen Kaffee holen möchte- und dann steht in einem der Patientenzimmer der Intensivstation des „St. Martin" urplötzlich ein stationsfremder Patient vor den Betten. Vollkommen orientierungslos, barfuß und nur im Nachtzeug.
Wenn man also denkt, eine ruhige Nacht zu bekommen – so ohne eingehende Notfälle oder Auffälligkeiten, dann kann solch ein Moment schon einmal für einen ordentlichen Schrecken in der Nacht sorgen. Man wird dadurch von einem Moment zum nächsten Moment urplötzlich aus der gewollten Gelassenheit in einen Panikzustand versetzt.
Eine solche Situation kann einer in Ausbildung befindlichen Medizin- technischen Assistentin im Abschlusspraktikum das Blut in den Adern gefrieren lassen und sorgt dafür, belebend wach zu bleiben.
„Hallo?", spricht Melina den älteren Mann daher mit leiser Stimme an. „Wer sind sie? Und auf welche Station gehören sie?"
Der Mann sieht Melina mit großen und übernächtigten Augen an. Er bringt kein Wort heraus.
Auch wenn man als angehende Krankenschwester einiges gesehen hat- solche Momente bergen ein Potential für Horrorfilme. Mitten in der Nacht- im dunklen Patientenzimmer, in welchem nur Notlichte und einige Lichter der anzeigen an den Geräten leuchten.
„Kommen sie! Ich bringe sie nach Hause!", sagt Melina daher ruhig und umfasst vorsichtig und sacht die Arme des Mannes, um ihn auf den Flur heraus zu schieben.
'Wie dumm kann man nur sein!', denkt sich Melina und ärgert sich.
Nicht über den seltsamen Unbekannten ärgert sie sich. Viel mehr über sich selbst. Denn man hat ja in der Theorie zumindest gelernt, mögliche Schlafwandler oder Verwirrte nicht anzufassen, da sie dann im Schreck über die Berührung um sich schlagen könnten.
Aber was soll's – Der Mann muss hier heraus, bevor einer der hier liegenden frisch Operierten wach wird und überreagiert. Und der Mann bleibt ja auch ruhig.
Wie auch immer der Fremde in die Intensivstation gelangte, wird wohl ein innerbetriebliches Mysterium bleiben. Aber er war halt nun einmal hier und musste wieder dorthin, wo er hingehört.
Aus einem anderen Patientenzimmer kam- Gott sei es gedankt- die Stationsschwester Virginia. Sie drückte den Warnknopf noch kurz inaktiv- spähte aber schon zu Melina und den fremden 'Gast'.
Schwester Virginia kam näher und blieb stehen, um irritiert auf den Besucher zu schauen. Erst danach kommt sie Melina an der anderen Seite zu Hilfe.
„Wo war er denn?", flüsterte Schwester Virginia hinter dem Rücken des Mannes leise zu Melina herüber.
„In der 104! Keine Ahnung, wie er hier reinkam. Er stand einfach nur da- mitten im Raum!"
Virginia rollte mit den Augen, so dass nur Melina dies wahrnehmen konnte. Dann schob auch sie den Unbekannten weiter- in Richtung des Schwesternzimmers. Gemeinsam platzierte man den 'Gast' dort auf einen abgestellten Rollstuhl.
„Bitteschön!", sprach Virginia und forderte Melina auf, bei dem Unbekannten zu bleiben, während sie selbst die Nachbarstationen anrufen wollte.
Melina wollte mit einigen Worten den Mann beruhigen- und wohl auch sich selbst.
„Ja. Schön sitzenbleiben. Sie sind hier gut aufgehoben. Alles ist gut. Wir kümmern Uns um sie."
Der Mann blinzelte kurz, starrte weiter Löcher in die Luft- ohne andere Reaktionen zu zeigen.

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Coin Dreamer
Khoa học viễn tưởngIn einer noblen Privatklinik erwacht ein Mann aus einem Komazustand. Obgleich sich der Patient verständigen kann und alles wahrnimmt, scheint seine Erinnerung vollkommen ausgelöscht. Doch es sind diese entfallenen Erinnerungen, welche für Scotland Y...