Kopfschmerz

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Frank Sutton strengten die Konzentrationsübungen, welche ihm Doktor Freshham stetig aufgab, merklich an.

Heute erschien es Frank Sutton besonders schlimm nach den Übungen. Dabei brachte das Wort 'schlimm' es eigentlich nicht richtig zum Ausdruck, was Frank zu fühlen schien. Neben einem gewissen Maß an Stolz auf sich selbst, war da immer dieser innerliche Kampf mit sich, der Leere in seinem Kopf von Mal zu Mal näher zu kommen. Es erschien Frank Sutton so, als stehe er immer in seiner Gedankenwelt vor einem mit Wasser gefüllten Graben, den er noch zu überwinden hätte, um doch endlich gegen diese Leere im Kopf angehen zu können.

Doch warum gelang es ihm selbst nicht, diesen Graben mit Wasser zu überwinden. Irgendwie stand dort eine Blockade im Kopf- eine Blockade, die sich wie eine Art von Schutzwall vor dem befand, was er eigentlich für sich zu klären hoffte und zu ergründen suchte.

Wenn es nun wirklich eine Art von Schutzmechanismus war, die er im Geiste für sich aufgebaut hatte?

War dieses Koma ein letztlicher Ausdruck des Selbstschutzes?

Hatte sich Frank Sutton vielleicht doch seinerzeit mit Peter Bellamy erzürnt? Gab es diesen Streit, den die Leute von Scotland Yard anhand der Spurenlage für mehr als wahrscheinlich ansahen? Und wie weit war dieser Streit vielleicht sogar eskaliert zwischen den Beiden? Blutspuren soll es gegeben haben- sowohl von Frank Sutton und noch mehr Blut wohl von Peter Bellamy.

Allein die Vorstellung, dass sich Frank mit seinem guten Freund und lange auch beruflichen Weggefährten derartig gefetzt haben soll, erschien Frank unmöglich. Peter Bellamy war ein recht ruhiger und besonnener Zeitgenosse.

Und im Grunde fragte sich Frank Sutton ständig, ob er selbst in der Lage wäre, im Streit mit Peter Bellamy die Kontrolle verloren zu haben. Steckte in ihm vielleicht irgendwo ein zur Gewalt neigendes Monster?

Schützte sich sein Körper und sein Geist seinerzeit durch das eingetretene Koma davor, dieses Monter nicht kontrollieren zu können?

Und wenn es dieses Monster in ihm gab- konnte es wieder ausbrechen und sich seiner Person erneut bemächtigen? Was würde in solch einem Falle geschehen? Und wem würde er vielleicht dann Schaden zufügen? Sich selbst? Melina Hargraves? Oder Jemanden, der völlig unbeteiligt als Dritter zufällig anwesend sein würde?

Fragen über Fragen bestürmten Frank Sutton- nun, da er sich merklich und immer häufiger vor dieser unbekannten Schwelle in seinem Erinnerungsvermögen befand- einer Hemmschwelle vielleicht? Vielleicht war es auch einfach nur ein Schutzmechanismus, der Erlebtes nicht erfassen und verarbeiten konnte?

Freshham hatte eine besondere Art, Frank immer neu zu motivieren.

Doch heute- nach fast fünf Stunden intensiven Übens- schien Frank Sutton mit einem Male irgendwie die Weiterführung der Sitzung zu blockieren.

Auch Melina Hargraves war dies aufgefallen.

Melina saß in den Sitzungen zumeist abseits im Zimmer. Sie beobachtete eine Zeitlang den Fortgang der Sitzungen. Melina nahm sich bewusst zurück, um dem Doktor Freshham nicht in die Parade zu fahren oder Frank Sutton abzulenken.

Doch nun schien es, als würde Frank Sutton jegliche Konzentration auf die Übungen mit einem Male fehlen.

Doktor Freshham indessen schien Frank kaum noch zu erreichen.

„Kommen Sie, Herr Sutton. Sie schaffen diese Abstraktionsübungen. Ähnliche Aufgaben haben sie doch bereits erfolgreich gemeistert. Gehen sie bitte noch einmal in sich- vielleicht gedanklich einige Schritte zurück. Versuchen sie Muster zu erkennen, die in den abgebildeten Darstellungen vorhanden sind und treffen Sie dann eine gezielte Auswahl."

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