Als der Timer dann klingelt, schrecken wir wieder auseinander und bevor der Kuchen anbrennt, hole ich ihn schnell aus dem Backofen und stelle ihn auf die Ablage des Spülbeckens. „Können wir den jetzt schon probieren?", fragt Jamie ganz aufgeregt, wie ein kleines Kind, dass noch nie in seinem Leben Schokoladenkuchen gegessen hat. „Ich glaube nicht, du würdest dir nur die Zunge verbrennen", schüttle ich mit dem Kopf. „Wie lange muss der Kuchen abkühlen?", kommt es darauf von ihm, wobei er zwischen mir und dem Kuchen hin und her schaut. „So eine Stunde auf jeden Fall", überlege ich laut. „So lange?", fragt er mit ganz großen Augen nach, worauf ich nicke. „Und was machen wir in der Zeit?" „Wie wäre es mit Kartenspiele?" „Nein, das ist so langweilig. Lass uns in den Pool", sagt Jamie und nimmt meine Hand in seine. Gemeinsam gehen wir aus der Küche und ziehen uns einzeln in unseren Zimmern um, bevor wir uns wieder am Pool treffen. Hand in Hand springen wir in das Becken und bleiben erstmal Unterwasser. Leicht lächelnd, damit nicht zu viel Wasser in mein Mund läuft, schaue ich ihn an, was er mir gleich tut und zu mir schwimmt, sodass er nur wenige Zentimeter vor mir ist. Auf einmal legt er seine Lippen auf meine, was sich erst komisch anfühlt, da um uns herum nur Wasser ist, ich den Kuss aber dennoch erwidere. Außer Atem muss ich den Kuss zwischen uns unterbrechen und an die Oberfläche tauchen, um neue Luft einatmen zu können. Jamie folgt mir darauf und lächelt mich genauso verliebt an, wie ich ihn.
„Hey ihr zwei!", reißt uns eine Stimme aus unserer kleinen perfekten Welt. Verwirrt drehe ich mich zu der Stimme und erkenne, dass es unser Nachbar, der Elektriker, ist. Mit seinem kleinen Sohn, der letztes Jahr im Frühling geboren ist, steht er am Gartenzaun und winkt uns zu. „Hi", erwidere ich seine Begrüßung, was Jamie mir grummelnd nach macht. Warum er auf einmal nicht mehr so gut drauf ist, weiß ich nicht genau. „Habt ihr gerade mal eine Minute für mich? Es ist gut, dass ich euch sehe. Ich habe eine Frage an euch", fragt er und, worauf wir nicken und aus dem Becken gehen, damit er nicht so schreien muss. Schnell ziehe ich mir noch ein Handtuch über, da es mir dann an der Luft ein bisschen frisch ist. Jamie bleibt einfach in seiner Badehose und sieht damit viel zu gut aus. „Was ist denn los?", frage ich unseren Nachbar, als wir bei ihm angekommen sind. „Die Großmutter meiner Frau hat am Wochenende Geburtstag und da sie im Altersheim im Kanton Tessin lebt, will meine Frau dorthin fahren und sie besuchen. Wir können unseren Sohn nicht mitnehmen, weil es zu stressig wird uns wir auch nur das Wochenende dafür Zeit haben. Aus unserer Familie kann leider keiner auf Simon aufpassen und wenn ihr zwei Zeit habt, dann würden wir euch gerne als Babysitter einstellen, schließlich kennen wir euch schon ziemlich lange. Wir wollen Simon nicht in Fremde Hände geben. Natürlich würden wir euch auch dafür bezahlen. Jeder von euch würde 100 Franken bekommen", erklärt er uns, worauf Jamie und ich uns fragend anschauen. „Ihr könnt euch das ruhig bis morgen überlegen, wenn ihr Zeit dafür braucht. Ihr wisst ja, wo ihr mich findet", lächelt er uns noch an, ehe er mit Simon auf dem Arm geht und Jamie und ich uns ratlos ansehen.
„Willst du das machen?", frage ich ihn schließlich und begebe mich zu den Liegestühlen, wo ich mich draufsetze und auf Jamie warte, dass er sich auf den anderen Liegestuhl legt. „Ich weiß nicht, ich habe noch nie auf ein Baby aufgepasst, aber 100 Franken ist ziemlich viel und ehrlich gesagt, kann ich das Geld gerade gebrauchen", zuckt er mit den Schultern. Verwirrt schaue ich ihn an, da ich nicht verstehe, warum er dieses Geld braucht, wenn er doch einfach seinen Vater fragen könnte. „Meine Eltern geben mir zwar Taschengeld, aber ich habe mir letzten Monat von meinem ganzen Geld erst eine neue Spielkonsole und Spiele dafür geholt. Das war ein wenig teuer und ich habe etwas im Auge, was ich kaufen möchte", erklärt er mir darauf. „Frag doch einfach deine Eltern. Tine oder Mats geben dir dafür bestimmt Geld, für was auch immer du es brauchst", schlage ich vor, doch er schüttelt den Kopf. „Sie sollen es nicht wissen, weil sie unnötige Fragen stellen würden. Es ist eine Überraschung", bleibt er geheimnisvoll und legt sich komplett hin, was ich schließlich auch tue. „Ich kann 100 Franken auch gebrauchen. Wollen wir es dann machen? Wir sind ja zu zweit und zur Not können wir ja Dad oder deine Eltern fragen", frage ich ihn. „Lass es uns machen", nickt er und legt dabei das typische warme Jamie Lächeln auf, für welches ich alles tun würde. Dieses Lächeln ist mit Abstand das schönste Lächeln, das ich jemals gesehen habe. Ich bin wie süchtig danach. Sobald er dieses Lächeln aufsetzt, muss ich automatisch auch Grinsen und hänge ihm gebannt an seinen Lippen. So war das schon früher und so wird es wahrscheinlich auch immer sein. „Dann werden wir es machen", nicke ich zufrieden und lege das Handtuch auf den Boden, damit ich mich sonnen kann.
Gegen Abend kommen dann die anderen zurück und erzählen uns von ihrem Tag, worauf wir ihnen von dem Job als Babysitter erzählt haben. „Das ist doch eine tolle Sache. Macht das auf jeden Fall", redet Dad uns Mut zu, wo Tine ihm zustimmt. „Boah, hab ich Hunger", meldet sich dann Mala zu Wort und hält ihre kleine Hand symbolisierend auf ihren Bauch. Mala und ich haben beide kleine Hände, die wir von unserer Mutter geerbt haben. Leon hingegen hat nicht so kleine Hände und hat mich früher damit immer aufgezogen, dass er größer und besser ist. Irgendwann hatte er dann sein Handy hinter die Couch fallen gelassen, wo er nicht drangekommen sind, weil seine Hände zu groß waren und als ich ihm dann sein Handy rausgeholt hat, entschuldigte er sich für seine blöden Bemerkungen über meine Hände. Seitdem hat er mich nie mehr wegen meiner kleinen Hände geärgert. „Jamie und ich haben vorhin Schokokuchen gebacken. Wenn ihr wollt, dann können wir den jetzt essen", schlage ich vor, wodurch Jamies Augen wieder riesengroß werden und er schnell nickt. „Oh ja! Schokokuchen!", rufen Mala und Marie freudig, ehe sie schon in die Küche rennen und nur kurze Zeit später mit Tellern zurück kommen. „Jamie hat freiwillig eine Küche betreten?", hinterfragt Tine misstrauisch und schaut ihren Sohn an. „Ja, Mama. Ich hatte Lust auf Schokokuchen und wollte ihn dann mit Leiah backen. Ohne sie hätte ich das ja nicht hinbekommen", nickt Jamie selbstverständlich und verschwindet auch in der Küche, um den Kuchen zu holen.
„Ich hoffe der schmeckt", murmle ich und gebe darauf jedem ein Stück auf den Teller. Als dann alle ein Kuchen haben, weil wir mit dem Essen immer warten, bis jeder einer was hat, fangen wir an den Kuchen zu essen. Im ersten Moment schmeckt er okay und ich wollte Jamie schon loben, allerdings wird der Kuchen dann ganz salzig, worauf ich das kleine Stück, was ich im Mund hatte, ausspucke. Jamie sieht mich fragend an, nimmt dann auch ein Stück in den Mund und bekommt dann auch ganz große Augen und würgt den Kuchen wieder aus. Den anderen geht es genauso. „Was habt ihr da bitte gebacken?!", will Marie wissen und trinkt einen großen Schluck Wasser, um wahrscheinlich den Geschmack aus dem Mund zu bekommen. „Schokokuchen...nach Omas Rezept", murmle ich und schenke mir auch ein Glas Wasser ein, da der Geschmack wirklich ekelhaft ist. „Wer hat denn den Zucker und so abgewogen?", fragt Tine nach und rümpft dabei die Nase. „Ich, warum?", meldet sich Jamie zu Wort. „Da ist wohl einer verliebt, was?", schmunzelt sie ihn an, wodurch er nervös hin und her schaut. Kurz habe ich das Gefühl, dass er ein kleines Stück von mir wegrutscht, verwerfe es allerdings wieder, da sein Stuhl sich nicht bewegt. „Wie? Warum?", stottert Jamie aufgewühlt. „Man sagt doch, dass wenn man verliebt ist, das Essen oft versalzt. Kennen wir sie?", lächelt seine Mutter ihn neugierig an. „Mom! Ich bin nicht verliebt, hör auf so peinlich zu sein", beschwert Jamie sich und lehnt sich auf seinem Stuhl zurück. „Schatz, das muss dir doch nicht peinlich sein. Es ist vollkommen normal, dass man sich verliebt", redet Tine weiter drauf los. „Ich weiß, ich bin aber nicht verliebt! Wie oft denn noch, Mom. Und selbst wenn, in wen sollte ich denn verliebt sein. Die einzigen mit denen ich die letzten Tage Kontakt hatte, wart ihr. Ich will jetzt echt nicht, dass sich jemand schlecht fühlt, aber ich bin in keinen von euch verliebt. Ein Glück, denn dann würde ich mir Sorgen machen, schließlich seid ihr meine Familie", schüttelt Jamie angewidert den Kopf, wodurch ich kurz die Luft anhalte. Sicherlich hat er mich damit nicht gemeint, oder? Er hat mir gestern ja gestanden, dass er in mich verliebt ist. „Das nächste Mal wiege ich einfach den Zucker ab", erlöse ich Jamie, da Tine ihren Mund nochmal aufgemacht hat, so aber nichts sagen konnte. „Genau, wenn es denn ein nächstes Mal gibt", nickt Jamie mir dankend zu. Kurz darauf fangen alle auch schon wieder ein Gespräch an, während Maya und Marie nach was Essbarem suchen. Vorsichtig und ganz unauffällig, spüre ich auf einmal Jamies Hand auf meiner, die auf meinem Bein liegt. Schnell verwebt er unsere Finger miteinander, was ich natürlich gerne mitmache. Leicht drückt er meine Hand und ich sehe das als Zeichen, dass er mich vorhin nicht meint und froh ist, dass ich Tine unterbrochen habe.
-Emma
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Der Sommer meiner Träume
ChickLitDie siebzehnjährige Taleiah (Leiah) Müller fährt wie jede Sommerferien mit ihrem Zwillingsbruder Leon, ihre vierzehnjährigen Schwester Mala und ihrem Vater in das Sommerhaus der Evans', die seit Jahrzehnten mit ihrer Familie befreundet sind. Dort s...