Kapitel Neununddreißig

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Meine Hand fährt über den Grabstein.

Tränen steigen in meine Augen, ich schluchze auf und umklammere die Hand meines Mannes. Der kleine Junge neben mir spielt mit ein paar Blumen.

"Geht es Schatz?"

Ich nicke und drehe mich um. "Las uns gehen."

Ich hebe meinen Sohn hoch und gehe ein paar Meter. Als mein Gatte nicht hinterherkommt, bleibe ich stehen und drehe mich wieder um.

"Du hast sie so geliebt."

"Sie haben mich auch geliebt." murmele ich. Er kommt auf mich zu und streicht unserem Sohn über das Haar. Dann gebe ich Henry meine Hand und wir laufen zurück zu unserer Familie.

Meine Mutter ist vor kurzem gestorben und mein Weg hat mich wieder in meine Heimat geführt.

Das Leben ist schon komisch.

Du wirst geboren, wächst auf und stirbst wieder.

Deine Großeltern sterben, deine Eltern sterben und dann du. Unser Leben kommt uns so lang vor, doch im Prinzip ist es nichts.

Meine Tochter ist verheiratet und hat ein Kind.

Die Zwillinge sind oft auf Reisen.

Und mein kleiner Sohn wächst. Er wird auch erwachsen, irgendwann in ein paar Jahren. Doch bis dahin werde ich ihn gut behüten. Ich bleibe kurz stehen und atme den Duft der Blumen ein. Wie wundervoll das Leben ist wenn man es in allen Zügen genießt. Jeder Augenblick ist besonders. Dann lächele ich meinen Ehemann an.

Henry und ich setzen unseren Weg fort.

Hand in Hand gehen wir auf unsere kleine Familie zu. Sophie und John stehen etwas abseits und spielen mit ihrem Sohn, während Antonio ihnen lachend zuschaut. Kate und Harry unterhalten sich mit Antonios Frau über ihre vergangenen Reisen und über ihre Pläne.

"Harry!"

Schreiend läuft William George Eric auf Harry zu und umarmt ihn von hinten. Dieser lacht und setzt ihn auf seinen Schoß. "Was ist passiert, Will?"
"Ich habe eine Frage." seine kleinen Zähne sind strahlend weiß, während er zu uns rüber schaut.

"Ist Mama ein Engel?"

Sie schauen mich an und Harry fängt an zu lachen.

"Ja, sie ist ein Engel." murmelt Henry und küsst mich.

Ich lache und setze mich neben Ravenna. Sie ist das komplette Gegenteil von Melodie. Ihre Haare sind blond und ihre Augen sind fast schwarz. Sie wirkt wie eine düstere Frau, doch in ihrem Inneren ist sie eine wundervolle Person.
"William ist wirklich süß." Sie blickt ihn verträumt an.

Sie hatte bis jetzt kein Glück mit Kindern. 
"Anne, ich erwarte ein Kind." Und jetzt richtet sich ihr Blick auf mich. "Denkst du Sophie ist damit einverstanden? Meinst du, sie ist dann traurig oder sowas in der Art?"
Ich überlege kurz. "Nein, bestimmt nicht. Sie wird sich freuen. Und Antonio?"

"Er ist in die Lüfte gesprungen." Lachend schauen wir in seine Richtung. Sein Blick ist so auf Sophie fixiert.

Dabei merkt er nicht wie Henry ihn von hinten schubst. Er fällt vornüber und lacht dabei. Dann steht er auf und sie raufen sich, während William daneben steht und sie abwechselnd anfeuert.
Nach einigen Minuten hören sie auf und setzen sich. Antonio legt den Arm um Henrys Schultern und flüstert ihm was zu. Henry dreht sich um und schaut mich grinsend an.
Dann steht er auf und stellt sich vor mich.

Ich stehe ebenfalls auf und er zieht mich etwas weiter weg von der kleinen Familie. "Ich wollte dir etwas sagen." murmelt er und zieht eine Kette aus seiner Tasche. Sie ist gold, hat einen Diamanten in der Mitte und strahlt, wie seine Augen im Moment.
"All die Jahre haben wir mit vielen Sachen gekämpft. Wir haben unser erstes Baby, Melodie und viele weitere Menschen verloren. Wir haben so viel durchgemacht.
Und doch stehen wir jetzt hier. Sophie ist erwachsen, Kate und Harry sind eigenständig und wir haben wieder einen kleinen wundervollen Sohn. Ich muss dir einfach sagen, dass ich dich über alles liebe. Du bist meine Sonne, mein Mond und meine Sterne. Du bist mein Alles. Ich kann einfach nicht beschreiben, wie sehr ich dich liebe. Dein Lächeln, deine Augen, einfach alles. Ich bin so stolz auf uns. Ich liebe dich."

Dann legt er mir die Kette in die Hand und beugt sich vor. "Ich dich auch." murmele ich, bevor seine Lippen auf meine treffen und die Welt um uns herum verschwindet. Es gibt nur noch ihn und mich.

Für immer.


Liebe PrinzessinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt