Kapitel Acht

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Melodie besucht mich öfter und bietet mir immer ihre wohltuende Gesellschaft an. Das ist sehr nett von ihr, da ich hier wenige kenne. Gerade erzählt sie mir aufgeregt von dem mysteriösen Enrico. "Er hat diese wunderschönen Augen... und seine Haare! Ich weiß nicht, ich finde ihn einfach nur himmlisch." Verträumt blickt sie mir ins Gesicht und seufzt. "Aber es gibt doch diese Gerüchte über ihn. Du weißt schon... Dass er die Frauen vergnügt und sie zum Ehebruch verleitet?" 
"Ja, da wird so einiges geredet. Aber schließlich weiß nur er was die Wahrheit ist. Und mir hat er versichert..." Melodie bricht ab und schaut in ihre Teetasse.
"Entschuldige, aber wie bitte? Warum versichert er dir etwas? Gibt es da etwas, was du mir verheimlichst?" Ich stelle meine Tasse ab und beuge mich zu ihr rüber. "Melodie, er gilt als nicht ehrenhaft. Nicht ehrenhaft genug um so einer Schönheit wie dir den Hof zu machen. Bitte falle nicht auf ihn herein. Das sage ich dir als Freundin." 
Sie blickt mich an und nickt langsam. "Du hast recht. Ich sollte aufpassen. Und meiner zukünftigen Königin vertrauen." Dann lächelt sie wieder ihr breites Lächeln und nippt an dem Tee. "Erzähl du mir was von dir." fordert sie und beugt sich diesmal vor. "Gab es in deinem Land einige Liebschaften? Warst du mal verliebt?" flüstert sie und zwinkert.
Ich verschlucke mich und muss husten. "Nein, es gab keine. Ich war sehr oft im Land unterwegs und kenne auch die verschiedenen Grafensöhne und -töchter, aber nein, mein Herz hat niemand stehlen können. Ich habe aber einen ganz besonderen Jungen in meinem Leben. Nicht ein Bruder oder Verwandter. Aber er ist mein bester Freund."
Sie guckt mich aus großen Augen an. "Anne... Sowas darfst du niemals in der Nähe des Hofes erwähnen. Oder überhaupt erwähnen. Der Hof nimmt so etwas sehr ernst. Sie verdrehen Tatsachen und können dein Leben zur Hölle machen. Auch wenn der König weiß, dass es nichts verbotenes ist, sondern nur Freundschaft. Sobald der Hof auf Lügen beharrt, muss der König für seine eigene Sicherheit reagieren. Das wäre nicht gut für dich. Also pass auf." die letzten Wörter flüstert sie. "Das wusste ich nicht. Also dass der Hof hier so ungerecht sein kann." murmele ich und schaue auf meine Hände." Keine Sorge, nicht jeder ist so. Aber vertraue nur Leuten wie mir. Ich bin schließlich ein wenig in Enrico verliebt und muss das auch verheimlichen. Geheimnis gegen Geheimnis." lacht sie und spricht lauter. Meine Gedanken bleiben trotzdem noch bei Antonio hängen. Wie sehr ich ihn vermisse.
"Hast du keine Geschwister?" frage ich und sie schüttelt den Kopf. "Meine Familie starb als ich klein war. Ich weiß nicht warum, aber der König hat mich in seinen Hof aufgenommen. Ich weiß nicht genau weshalb. Nun ja, ich lebe hier jetzt schon seit einigen Jahren." Sie ist also der Mündel des Königs. Traurig nehme ich ihre Hand.

Nachdem Melodie gegangen ist, mache ich einen Spaziergang im Garten. Mir folgen einige Diener, und fragen ab und zu, ob ich etwas brauche. Hier laufen Gruppen herum, und alle starren mich an und reden leise. Ab und zu höre ich auch einige Wörter. "Das ist sie!"
"Ja, ich hab gehört dass..."
"Ihr Kleid ist..."
Genervt verdrehe ich meine Augen und gehe um einen Teich. In meiner Heimat war es nie so. Hier ist alles anders. Und ich habe jetzt schon keine Nerven mehr für den Hof. Ich starre auf das Wasser.
"Guten Tag, Miss."
Abrupt drehe ich mich um und schaue belustigt in Henrys Augen. "Guten Tag, Sir. Was führt Euch hierher?"
"Ich habe gehört, dass hier die Prinzessin Fensias herum läuft. Da wollte ich selbst mal einen Blick auf sie werfen." lacht er.

"Ah. Also so schnell geht etwas im Hof umher." Ich laufe ich weiter. Henry läuft neben mir her und schaut mich besorgt an. "Was ist denn los?"
"Ich habe das Gefühl, dass der Hof nur auf einen Fehler meinerseits wartet. Dass sie möchten, dass ich versage und einen Skandal verursache." 
"Anne..."
"Henry, du bist hier aufgewachsen und dich kennen sie. Sie lieben dich. Aber ich bin die Fremde und das stört sie." Er nimmt meine Hand und kommt etwas näher.
"Solange ich dich liebe und deine Hand halte, wird niemand dir etwas antun. Und sie werden dich auch lieben." Dann gibt er mir einen Kuss auf die Wange. Wir lächeln uns leicht an und laufen weiter.

Auf einmal hält Henry inne. "Was ist passiert?" frage ich und schaue in die Richtung, in die Henry guckt.

Uns kommt eine wunderschöne Frau entgegen. Sie hat große blaue Augen und braune, gelockte Haare. Ihre Gesichtszüge sind weich. Sie mustert uns beide, macht einen kurzen Knicks und geht rasch weiter, gefolgt von mehreren Mädchen. "Wer war das?"
Henry schüttelt den Kopf. "Sie wäre fast meine Verlobte geworden. Meine Eltern haben sich gegen sie entschieden." murmelt er und schaut mich lächelnd an. "Sie ist wunderschön." seufze ich und schaue auf meine Hände. "DU bist wunderschön. Wäre sie so schön wie du, hätten meine Eltern sich für sie entschieden, aber sie und ich wollten dich." flüstert er und tritt langsam auf mich zu. "Komm, wir gehen wieder in das Schloss. Es ist kühl."

Hand in Hand gehen wir zurück.


Liebe PrinzessinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt