Kapitel 15

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♠️Aris♠️

Was habe ich mir nur dabei gedacht? Das hat man davon wenn man zu gutmütig ist. Ich dachte es wäre okay, wenn ich die Chefinnen frage, ob Tom in meinem Zimmer schlafen kann, während ich auf die Couch gehe. Doch wie es aussieht habe ich mir damit nur noch mehr Ärger mit Blair eingehandelt.

Aber mir tat Tom so leid. Seit Jahren schon passt er auf Mikis auf wenn ich arbeiten muss. Also finde ich es nur fair, wenn ich ihm jetzt ebenfalls helfe, nachdem er plötzlich weinend im Club vor mir stand. Er fragte mich, ob er nicht auch dort übernachten könnte wo ich untergekommen bin, denn seit dem Brand tingelt er von einem Bekannten zum anderen. Doch die ließen ihn immer nur für eine Nacht bei ihnen schlafen. Jetzt hat er niemanden mehr und im Gegensatz zu mir hat er wirklich alles verloren. Alle seine Papiere, Kreditkarte und Ausweis, alles befand sich in seiner Wohnung. Zum Glück hatte seine Mum noch die originale Geburtsurkunde, die sie ihm sofort, zusammen mit ein bisschen Geld, schickte, damit er wenigstens alles neu beantragen konnte.

Toms Eltern wohnen in Kanada, weshalb er nicht einfach zu ihnen gehen kann und das Geld reichte gerade für die Bearbeitungsgebühren und etwas zum Essen, nicht aber für einen Flug. Vielleicht sollte ich ihm das Geld für ein Ticket geben. Hauptsache er gerät nicht in die Schusslinie zwischen mir und Blair. Dem scheint seine Anwesenheit gar nicht gepasst zu haben. Und was Mikis angeht, das habe ich auch nicht verstanden. Ich dachte er mag Tom. Wieso hat er dann mit den Augen gerollt und seine Nase gerümpft. Das werde ich ihn nachher fragen, denn es lässt mir keine Ruhe.

Mich strengt das alles so sehr an. Am liebsten würde ich mich in eine Ecke verkriechen und selber heulen. Seit dem Brand, der jetzt schon ein paar Tage her ist, habe ich nicht ein einziges Mal geweint. Ich kann auch nicht. Ich muss stark sein. Für Mikis und für mich. Was macht Mikis wenn ich zusammenbrechen sollte? Er wäre vollkommen auf sich alleine gestellt. Das kann und darf nicht passieren, auch wenn ich gerade nicht weiß, wich ich das alles schaffen soll.

Ich hatte schon einmal so einen Zusammenbruch, als Max sich von mir getrennt hatte. Damals hab ich mich im Schlafzimmer verbarrikadiert und kam nur heraus, um aufs Klo zu gehen. Ich habe kaum getrunken, kaum gegessen und mit niemandem gesprochen.

Zu diesem Zeitpunkt waren zum Glück meine Eltern zu Besuch und haben sich um Mikis gekümmert, wofür ich sehr dankbar war. Doch wenn mir das jetzt passieren würde, dann wäre niemand da. Absolut niemand. Ich bin nicht so stark wie ich aussehe, keiner ist das. Jeder hat mal einen Punkt wo er zusammenbricht und nicht mehr kann und im Grunde ist das auch keine Schande. Die Frage ist nur, ob man sich aus diesem Loch wieder hoch kämpft, oder darin versinkt. Mit Mikis Hilfe und der meiner Eltern habe ich es nach zwei Wochen wieder geschafft, mich raus zu kämpfen. Doch es war ein harter Kampf.

Jetzt bin ich voll vom Thema abgekommen. Was mach ich denn jetzt mit Tom?

"Aris?"

Wenn man an den Teufel denkt.....

"Was gibts Tom?"

"Es tut mir leid, wenn du wegen mir Ärger hast, ich denke ich sollte wieder gehen", sagt er und seine Traurigkeit ist nicht zu übersehen.

"Ich schätze, ich hätte vorher mit ihm sprechen sollen, denn immerhin ist es seine Wohnung", gestehe ich schuldbewusst, denn seine Bitte um etwas Rücksichtnahme hat mich durchaus getroffen.

"Es ist doch jetzt auch deine Wohnung. Aber Mikis war auch nicht so begeistert davon, dass ich da war." Er wirkt total geknickt und ich kann ihn verstehen. Ablehnung tut immer weh.

"Ja, darüber möchte ich mit ihm auch noch sprechen. Schlimmer für ihn war glaube ich eher, dass du dich einfach auf meinen Schoß gesetzt hast, damit hast du ziemlich falsche Signale ausgesendet."

"Mhm ja, es tut mir leid.", erklärt er mit hängenden Schultern. Er tut mir wirklich leid und ich will und werde ihm helfen.

"Schon gut. Ich spreche mit den beiden, solange bleibst du trotzdem hier. Wo sollst du denn auch hingehen."

"Danke Aris."

Tom kommt auf mich zu und umarmt mich sanft. Löst sich dann wieder und geht zurück in mein Schlafzimmer.

Seufzend gehe ich in die Küche, sehe kurz die Schränke durch und mach mich dann auf den Weg einzukaufen.

Als ich durch die Mall schlendere, fällt mein Blick auf drei Personen, die sich fast kugeln vor Lachen. Was? Das gibt es doch nicht.

Eilig gehe ich zu der Eisdiele, wo an einem der Tische Mikis und Jasper zusammen mit Blair sitzen und sich köstlich über irgendwas amüsieren.

"Na habt ihr Spaß?", frage ich verbittert und verletzt.

Mikis zuckt zusammen und steht von seinem Stuhl auf.

"Dad, ich. Jasper und ich..."

Ich lass ihn gar nicht ausreden und wende mich Blair zu.

"Macht es dir Spaß, mir meinen Sohn wegzunehmen?", gifte ich ihn an und höre nur im Hintergrund, wie zwei Stühle verrutscht werden.

"Ich nehme dir deinen Sohn nicht weg verdammt. Während du dein Spielzeug auf dem Schoß hattest, bin ich in mein Zimmer, hab mich angezogen und bin gegangen. Mikis und Jasper habe ich hier zufällig getroffen und dann haben wir eben beschlossen, gemeinsam ein Eis essen zu gehen. Was zum Teufel ist daran schlimm, Aris?"

"Du mobbst mich seit Jahren, dann muss ich bei dir einziehen und stelle fest, dass du mit meinem Sohn ziemlich gut klar kommst, dann versuche ich einem Freund zu helfen, der genauso wie ich obdachlos ist und bekomme dafür Gegenwind von allen Seiten. Und jetzt treffe ich dich hier mit meinem Sohn. Was denkst du wie das aussieht? Für mich? Mikis interessiert sich im Moment kein bisschen für mich. Mir scheint, für ihn existierst nur du. Immer du. Egal wo ich hinschaue, nur du. Was ist dein Problem, Blair? Was genau hast du vor? Was willst du?"

"Gar nichts will ich von dir, am Wenigsten dir deinen Sohn wegnehmen", spuckt er mir entgegen und in seinen Augen liegt tiefe Erschütterung und Verzweiflung.

"Weißt du, andere haben Kinder, aber haben sie noch nie gesehen"; ergänzt er leiser, als ist es nicht für meine Ohren bestimmt.

"Warum machst du so einen Aufstand, nur weil ich mich mit Mikis gut verstehe und ihm dabei helfe, das was geschehen ist zu verarbeiten. Du hast schließlich auch jemanden der dir hilft."

Was meint er damit? Mikis kann jederzeit zu mir kommen wenn es ihm nicht gut geht und das weiß er und was soll das heißen, ich habe auch jemanden an meiner Seite der mir hilft?

"Ich habe niemanden Blair. Ich mach alles alleine mit mir aus."

Sage ich erschöpft, drehe mich um und lass ihn allein am Tisch zurück, ohne nochmal zurück zu blicken.

Meine Gedanken drehen sich in meinem Kopf. Sie versuchen das gerade gehörte zu verarbeiten, doch es ist einfach zu durcheinander und zu kryptisch. Ich verstehe es nicht.

Er klang so traurig, als er meinte, dass andere Kinder haben, die sie noch nie gesehen haben. Dann war er wieder so sauer, als er behauptete, ich hätte jemanden und dann noch die Anspielung auf Tom.

Denkt er, ich und Tom? Was? Oh Gott nein, niemals. Zwischen uns nicht mehr als Freundschaft. Ich weiß schon seit einiger Zeit dass er auf mich steht, aber eigentlich habe ich ihm gleich klipp und klar gesagt dass ich nichts von ihm möchte. Deshalb hab ich ihn auch von meinem Schoß geschoben, sobald ich mich von dem Schock über Mikis und Blairs Reaktionen erholt hatte.

Hat Tom das denn immer noch nicht verstanden? Shit. Das ist nicht gut. Das ist gar nicht gut. Noch ein weiteres Problem, dass ich lösen muss und bei dem ich der Starke sein muss.

Kopfschüttelnd verlasse ich die Mall und gehe zurück ins Resort. 

Resort de la Pheya 13 - MikisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt