Kapitel 14 - Das Mädchen

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Etwas Kaltes legte sich um seinen Arm. Er spürte die Finger einer Hand. Dann wurde er zur Seite gerissen und prallte auf etwas Hartes. Seth öffnete die Augen.
„B-Bruder?"Vor ihm lag Michael, immer noch mit Augenbinde, seine Hände um seinen Arm geschlungen. Er schaute sich nach hinten, dort brannten immer noch die rosa Flammen. Als er an sich hinabblickte, sah er nur leichte Brandspuren. Seine Kleidung war leicht angesengt und die Haare auf seinen Armen verbrannt, aber abgesehen davon schien er unverletzt.„Gott sei Dank, du lebst!", sprach Michael und zog ihn noch näher an sich heran. Bevor er es realisiert hatte, lag er in den Armen seines Bruders.


„Aber es ist noch nicht vorbei", fügte er schließlich hinzu. Sofort schaute Michael zu Gohar hinüber. Sie hatte sich inzwischen wieder angezogen, hielt aber immer noch den silbern schimmernden Dolch in ihrer Hand. Vor ihr tanzte ein schattenhaftes Wesen über den Boden. Jedoch schien es fast zu zerfließen. Lange dunkle Schwaden flossen von ihm hinab. Bianca und Kristoff gaben immer wieder einzelne Schüsse auf das Wesen ab. Es schien sie nicht zu verletzen, aber nach jedem Treffer schwankte es umher. Die Klinge in Gohars Hand blitzte im Schein des Feuers.


„Jetzt!", schrie die Anführerin. Auf diesem Befehl hin gaben die beiden Rebellen eine Salve an Schüssen auf den Schatten ab. Donnern hallte durch die Ruinen und das Wesen wurde regelrecht hin und her geschleudert. Sein Schemen wurde immer kleiner und der schwarze Rauch verteilte sich über den Boden. Gohar trat einige Schritte nach vorne und stieß den Dolch mitten in die Finsternis. Das Wesen heulte auf und augenblicklich wurde all die Schwärze in die Klinge gesogen. Gohar schwankte, behielt aber das Gleichgewicht. Der Rauch verschwand und das Messer färbte sich schwarz. Nur wenige Sekunden danach zog sich diese Schwärze in den weißen Edelstein zurück, der am Ende des Griffes eingefasst war.


Für einen Augenblick herrschte vollkommene Stille. Alle waren angespannt, und fragten sich, ob es nun vorbei war. Auch das pinke Feuer wurde langsam kleiner und schrumpfte zu einer kleinen Flamme, die gerade so den innersten Kreis ausfüllte. Dann brach Jubel aus. Bianca und Kristoff streckten die Fäuste in die Luft. Auch die anderen Männer stimmten mit ein. Nur Gohar blieb ruhig stehen und betrachtete das Messer.Ein Schrei ließ die Feierstimmung augenblicklich ersterben. Sofort wandten alle ihren Blick in die Richtung, aus der er gekommen war. Einer der Männer war verwunden. Er hatte eben noch an einer Hauswand gelehnt.„Alle bereit machen! Und lasst die Augenbinden oben, solange wir nicht wissen, was uns erwartet!"


Kristoff und Bianca richteten ihre Gewehre auf die Dunkelheit. Jedes Geräusch war vergangen. Absolute Stille. Doch da war etwas. Ein entfernter Laut. Es klang so, als würde jemand Barfuß über den Boden gehen. Tap, tap, tap, tap. Dann verstummte auch dieses. Seth hielt den Atem an. Was war da bloß in den Schatten?Ein Mann flog durch die Luft und knallte nur wenige Meter vor den Brüdern auf den Boden. Es war jener Rebell, der gerade noch am Rand gestanden hatte. Er trug immer noch seine Augenbinde, aber in seinem Oberkörper prangte ein Loch, das so aussah, als hätte ihm jemand mit einer Faust hindurchgeschlagen.Entsetzt sah Gohar auf ihren Kameraden hinab. Sie Biss die Zähne aufeinander.„Na los! Zeig dich schon du Teufel!"


Tap, tap, tap. Jetzt hörte man auch wieder das seltsame Geräusch. Aus dem Dunkel trat eine Frau, gehüllt in beige Tücher, ihr Gesicht von einer Kapuze verdeckt. Nur die langen Haare sah man heraushängen. Sie ging langsam nach vorne. Sagte nichts, schaute zu Boden. Seth schluckte. War sie das? Aber das ist nur ein junges Mädchen!Gohar schrie ihr etwas entgegen. Schrie auch, dass sie stehen bleiben solle. Nach einigen weiteren Schritten tat sie das auch endlich. Das Mädchen antwortete in einer fremdartigen Sprache, die jener, die Gohar beim Ritual benutzt hatte, nicht unähnlich war. Gleichzeitig war da eine zweite Stimme. Sie klang völlig anders und schien nicht wirklich vom Mädchen zu kommen. Vielmehr hallte sie durch die Gemäuer und drang direkt in Seths Kopf ein.„Was habt ihr hier zu suchen? Warum stört ihr meinen Schlaf?"

Cubus - Dunkles VerlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt