Kapitel 15 - Dämon

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Die Luft in der unterirdischen Kammer war schwer geworden und mit jedem Atemzug spürte Seth, wie eine dunkle Kraft sich ausbreitete. Der Geruch von Verbranntem mischte sich mit dem Gestank fauler Eier. Das verhüllte Mädchen vor ihm ging weiterhin langsam auf Gohar zu. Sie hatte den Blick zu Boden gesenkt, nur ihr langes dunkles Haar hing in Strähnen hervor. Erst jetzt fiel Seth auf, dass ihre Robe zerfleddert und von dunklen Flecken übersät war. Es sah beinahe so aus, als wäre sie kürzlich durch ein Feuer gegangen. Dann vernahm er erneut diese fremdartige Stimme in seinem Kopf.


„Ihr, die ihr es wagt, gegen mich aufzubegehren. Ihr, die ihr meine Diener vernichtet habt. Nichts als Würmer. Ihr seid die Erde, über die ich wandeln werde. Eure Leiber sollen brennen!"Seth spürte den Griff seines Bruders am Handgelenk. Er blickte zu ihm auf und sah, dass er seine Finger an die Augenbinde gelegt hatte, bereit, zu herunterzureißen.„Was geht das vor Seth?"


„Nein, lass die Augenbinde oben. Sie wird dich sonst um den Verstand bringen. Glaub mir, das willst du nicht!"


„A-aber, ich kann doch nicht."„Vertrau mir, Bruder. Die Sukkubus-Königin steckt offenbar im Körper eines Mädchens. Es war jene junge Frau, die ich damals interviewt habe und die in der Nacht in meine Hütte kam. Du hast ihre Stimme doch auch in deinem Kopf gehört, nehm ich an?"Er nickte.


„Ja. Es war so, als spräche sie direkt mit meinem Geist, sie klang so wütend."„Wir dürfen sie nicht unterschätzen. Ein Fehler und sie wird uns alle töten!"Seth schaute jetzt wieder zum Mädchen hinüber. Regungslos stand sie inmitten der hohen Halle. Gohar hielt den Lauf ihrer Pistole auf sie gerichtet. Die Männer am Rande der Stätte fingerten nervös an ihren Gewehren herum, behielten ihre Augenbinden jedoch um. Nur Bianca und Kristoff hielten die Waffen im Anschlag. Seths Blut gefror zu Eis, als das Mädchen endlich ihren Blick hob. Sie schaute ihm direkt in die Augen. Er blickte jetzt in zwei glühende Sonnen, die von dünnen schwarzen Pupillen zerschnitten wurden. Ein beklemmendes Gefühl ergriff sein Innerstes, genau wie in jenen Momenten, in welchen der Inkubus die Kontrolle übernommen hatte. Doch es war anders, weniger stark und es schien von außen auf seinen Leib zu drücken. Seth erhob sich, sein Bruder mit ihm.


„Du hast keine Macht mehr über mich, Dämon. Ich bin nicht mehr dein Sklave!"Sie fletschte die Zähne und rief etwas in einer Sprache, die er nicht verstand. Simultan ertönte wieder die verzerrte Stimme in seinem Kopf.„Du Narr. Du hättest weiter als mein Diener leben sollen. Ich hätte dir noch viele Jahr voller Wollust und fleischlichen Freuden gewährt, aber damit hast du nicht nur dein Leben, sondern auch die Leben all der Menschen hier verwirkt!"


Das Mädchen verkrampfte die Finger zu einer klauenförmigen Haltung, ihre nackten Füße schoben sich auseinander und schwarzer Nebel kroch unter ihren Lumpen hervor. „Zum Angriff, jetzt!", befahl Gohar und sogleich eröffneten Kristoff, Bianca und sie selbst das Feuer. Das Donnern des Schussfeuers hallte durch die Höhlen. Seth sah, wie die meisten Kugeln einfach vom schwarzen Dunst verschluckt wurden. Beim Aufprall gab es ein kurzes Leuchten, einen kleinen Blitz. Dann wurde das Geschoss von der Schwärze verschluckt. Was war das bloß für Munition, die sogar den Nebel treffen konnte?


Einige der Kugeln schafften es, zwischen den finsteren Schwaden hindurch zu schlüpfen. Sie trafen den Leib des Mädchens. Mit jedem direkten Treffer fuhr ein Zucken durch den Körper der jungen Frau. Seth konnte jedoch kein Blut sehen, egal, ob sie in die Brust, oder sogar in den Kopf getroffen wurde. Es blieben lediglich kleine schwarze Löcher zurück, die sich nach Sekunden schon wieder geschlossen hatten. Was war das nur für ein Monster?

Cubus - Dunkles VerlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt