Die Warteschlange am Drive Inn vom Starbucks war riesig. Bestimmt eine ganze viertel Stunde mussten wir warten. Allerdings fühlte sich diese Zeit absolut nicht langweilig an. John und Joseph, schienen wirklich sowas wie gute Freunde zu sein. Die beiden zusammen, erzählten eine witzige Story nach der anderen, was langsam aber sicher dazu führte, dass ich Bauchschmerzen vor Lachen bekam. Als John gerade unsere Bestellung durch den Lautsprecher aufgegeben hatte, teilte uns die Dame durch die blecherne Anlage mit, dass es mindestens eine weitere viertel Stunde dauern würde.
"Shit..." entfloh es mir gleich, als John sich weiter hinter die anderen wartenden Autos vor uns einreihte. "Was ist los?" fragte Joseph sofort besorgt, was mich sofort wieder zum lächeln brachte. "Ich müsste mal pinkeln, bevor ich neuen Kaffee in mein System fließen lasse..." erklärte ich verlegen, aber dennoch mit einem zaghaften Lächeln. "Ist es okay, wenn ich kurz reingehe?" Joseph tauschte einen Blick mit John aus, welcher sich auf dem überfüllten Parkplatz umsah.
"Soll ich mit reinkommen?" fragte der Hühne auf dem Fahrersitz dann, doch ich nickte dankend ab.
Joseph bedachte mich nochmals mit einem besorgten Blick, ehe ich aus dem Auto stieg und schnell die Tür wieder zuschlug. Das war wirklich ein komisches Gefühl. Die hinteren Scheiben des schwarzen Autos waren so dunkel getönt, dass man definitiv nicht einmal erahnen könnte, wer dahinter saß. Lediglich John erkannte man durch die Scheibe der Fahrerseite und mit einem mulmigen Gefühl, lief ich um den Wagen herum, zur Eingangstür des riesigen Kaffeeunternehmens. Der Hype dieser Kette war mir immer ein Rätsel gewesen. Klar, der Kaffee schmeckte ganz gut, die verschiedenen Zutaten und die Möglichkeit, sich selbst ein Getränk nach Wunsch zusammen zu stellen, traf bei vielen Leuten genau den Nerv der Zeit. Doch was mich betrifft, war ich eher der Typ für selbstgekochten Mokka-Kaffee vom Herd, ohne viel Schnickschnack.
Auf der Toilette angekommen, musste ich abermals ein paar Minuten warten. Natürlich, wir befanden uns genau im Kern Los Angeles', dass auch noch zur Mittagszeit, wo mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit ein Drittel aller Bürger Pause hatten.
Ich beeilte mich auf der Toilette, wusch meine Hände und richtete, so gut es im schwummrigen Licht des Klos eben ging, noch schnell meine Haare. Heute früh hatte ich weder mein Gesichts-Reinigungs-Programm durchgezogen, geschweige denn etwas Make-Up dabei gehabt. So wie ich mich im Spiegel betrachtete, überkam mich sofort das Gefühl, nicht attraktiv genug zu sein. Ich atmete tief durch und verließ durch die dunkelbraune Schwungtür die Damentoilette.
Zu meiner großen Überraschung, traf ich sofort auf John. Mit aufgepumpten Schultern, wartete er vor den Toiletten. Zaghaft lächelnd steuerte ich auf ihn zu. Jetzt, wo ich ihn so richtig stehen sah, wirkte er beinahe noch bedrohlicher. Er legte mir vorsichtig eine Hand auf den Rücken, um mir zu bedeuten, voran zu gehen. Irgendwie lag etwas komisches in seinem Gesicht... War es Anspannung?
"Alles in Ordnung?" fragte ich sofort, wollte mich zu ihm umdrehen, doch stieß sofort gegen einen der wartenden Gäste vor uns. John lotste mich an ihnen vorbei, ohne auch nur die Hand von meinem Rücken zu entfernen. "Ich musste weiterfahren, da wir unsere Bestellung bekommen haben und Joe hatte Angst, dass du den Wagen dann nicht mehr findest." erklärte John mir ernst. Ein verunsichertes Lachen entfloh mir. "Wow." Ich wusste nicht wirklich, ob es daran lag das John wegen mir extra aussteigen musste, um nach mir zu sehen, oder ob er sich immer während der Arbeitszeit so verhielt, wenn er nicht gerade mit Joseph in einem verschlossenem Wagen saß, doch irgendwie schickte seine aufgerichtete und angriffslustige Körperhaltung einen leichten Grusel durch meine Adern.
Tatsächlich stand der Wagen nun etwa fünfzig Meter weiter entfernt, als vohrer, doch ich musste nur lachend mit dem Kopf schütteln.
John öffnete mir die Tür und ich beeilte mich mit dem einsteigen. So wie ich mich angeschnallt hatte, hielt Joseph mir bereits meinen Kaffee hin. "Danke. Aber ich hätte den Wagen schon alleine gefunden..." sagte ich zaghaft, versuchte dabei aber gleich entschuldigend zu lächeln. Das Gefühl, John würde sich auch um mich kümmern müssen, wenn ich mit Joseph unterwegs war, fühlte sich komisch an. "Ich weiß." gab Joseph nur schulterzuckend zurück, ehe er einen Schluck seines Getränkes nahm. Überrascht angeekelt, verzog er das Gesicht. "Das ist nicht der Kaffee den ich meinte..." sagte er eher zu sich selbst, als zu uns.
"Pumpkin Spice ist auch echt nur was für den Herbst, Joe." kam es dann von John. Ich musterte ihn von der Rückbank, seine Körperhaltung hatte sich wieder total normalisiert.
"Kürbis im Kaffee ist eh so eine Sache für sich..." stimmte ich ihm nachdenklich zu, erntete einen zustimmenden Lacher von beiden.
Die Strecke zurück zum Four Seasons, war genauso unterhaltsam wie die Hinfahrt. John erzählte mir, von einem ziemlich bedrückendem Fanerlebnis, während Joseph nur immer wieder mit dem Kopf schüttelte. Nicht, weil er die Reaktion der Fans unangebracht fand, oder er schlecht über sie reden wollte, sondern eher weil er sich immer noch nicht daran gewöhnt hatte, so sehr im Mittelpunkt zu stehen, wenn er sich in Amerika frei auf den Straßen bewegen wollte.
Als John gerade erklärte, wie er ein paar Anfang zwanzigjährigen Mädchen erklären musste, dass sie den Weg frei machen sollten, damit Joseph und einer seiner Schauspiel Kollegen in den Wagen einsteigen konnten; und wie aufgeregt die jungen Frauen geschrieen hatten und ihre Handys auf die zwei gehalten hatten, überkamen mich wieder die Selbstzweifel.
Wenn Joseph so beliebt war, wieso saß ich dann gerade in einem Auto mit ihm? Alles wirkte auch auf mich ziemlich überwältigend, so als wäre ich wirklich im falschen Film gelandet. Die letzten zwei Tage hier in L.A., waren nichts im Vergleich zu meinem Leben in Deutschland, auch wenn ich so gut wie gar nichts aufregendes unternommen hatte. Innerlich war ich heilfroh, nichts von all dem Trubel mitbekommen zu haben. Wahrscheinlich wäre es ziemlich schlecht für Joseph, wenn jemand ihn erkennen würde und neben ihm eine unbekannte, langweilige Frau, ungeschminkt und in den selben Klamotten zwei Tage hintereinander, bei ihm wäre.
Meine Selbstzweifel, über mich und die Situation in welcher ich mich gerade befand, schienen sich wieder einmal überschlagen zu wollen.
Mittlerweile hatte John den Wagen bereits in die Hintergasse des Four Seasons gelenkt, doch verlangsamte sofort die Geschwindigkeit, als er sich zunächst etwas auf der kleinen Gasse umblickte. Zu meiner Überraschung, fuhr er geradewegs an der Tür, aus welcher wir vorhin das Hotel verlassen hatten, vorbei und lenkte das Auto zu einem weiteren Eingang. Kurze Zeit später, entpuppte sich dieser Weg als die Zufahrt zu Tiefgarage.
Ohne das jemand von den beiden Männern etwas sagte oder erklärte, parkte John den Auto in der dunklen, riesigen unterirdischen Garage. Diesmal war ich schnell genug, um meine Tür selbst zu öffnen, doch Joseph ließ es sich nicht nehmen, sie nach dem ich ausgestiegen war, wenigstens für mich zu schließen. Daran muss ich mich echt gewöhnen...John führte uns noch bis zum Fahrstuhl, ehe er sich verabschiedete und noch mitteilte, auf Abruf bereit zu stehen, falls Joseph noch einmal irgendwo hin wollte. Schweigend betraten er und ich den riesigen, vergoldetenen Fahrstuhl.
Obwohl wir absolut nichts anstrengendes gemacht hatten, fühlte ich mich erschöpft. Nicht körperlich, eher emotional, geistig. Meine vielen Gedanken, über all das Erlebte und das Erzählte über Joseph, verlangten mir ganz schön was ab.
Seufzend ließ ich mich an die eine Wand des Fahrstuhls fallen. Joseph trug, natürlich, meine beiden Beutel, musterte mich mit einem fragenden Blick. "Was ist los?" sprach er besorgt. Sofort richtete ich mich wieder auf, um ihn siganlisieren zu können, dass alles soweit in Ordnung war. Lächelnd schürzte ich kurz die Lippen und schüttelte mit dem Kopf. "Alles okay. Nur etwas... gewöhnungsbedürftig." Das Geräusch, das wir in der richtigen Etage angelangt waren ertönte und ich trat sofort an Joseph vorbei auf den Flur hinaus, in der Hoffnung er würde nicht weiter nachfragen. Doch natürlich tat er es doch.
"Was meinst du genau, Mary?" Wir kamen vor seiner Hotelzimmertür zum stehen, doch anstatt mit seiner Plastikkarte die Tür zu entriegeln, sah Joseph mich einfach nur an. Die Stirn runzelte sich vor Falten, seine karamelligen Augen suchten besorgt in meinem Gesicht nach einer Antwort auf seine Frage. "Alles ist gut, wirklich. Ich bin es nur nicht gewohnt von einem öffentlichen Klo zurück zum Auto gebracht zu werden und ich frag mich einfach, ob das vielleicht alles nicht so.. gut ist." Ich wich seinem Blick aus, denn ich vernahm mit ungutem Gefühl, dass meine Antwort Joseph nicht wirklich beruhigte.
Er entriegelte die Sicherungsanlage der Tür, hielt sie mir auf und mit einem etwas lauterem Knall, fiel sie nach ihm wieder in's Schloss.
Meine Taschen legte Joseph sofort auf dem, mittlerweile wieder gemachten und geordnetem Bett ab, ließ sich sogleich auf die Kante davon fallen. Mit beiden Händen fuhr er sich angestrengt über das Gesicht. Verunsichert, ob ich noch etwas sagen sollte, oder was ich jetzt tun sollte, folgte ich ihm und griff nach einem meiner Beutel, um meinen Laptop rauszuholen. Vorsichtig legte ich ihn neben Joseph ab, doch als ich gerade nach dem Ladekabel suchen wollte, zog Joseph mich an einem Handgelenk näher zu ihm. Immer noch mit Sorgenfalten auf der Stirn, hielt er nun auch mein anderes Handgelenk, zart in seinen Händen und sah aus seinen großen Augen zu mir auf.
"Was ist los?" fragte nun ich nach einer Weile, denn das Schweigen und die Blicke von Joseph, machten mich langsam nervös.
Eine Weile schwieg er weiter, atmete tief durch, hielt meine Hände immer noch umklammert. Seine Schultern hoben und senkten sich langsam und stetig.
Als wären unsere Hirnzellen für einen kurzen Moment miteinander verbunden, teilten wir uns das nächste Vorhaben und reagierten gleichzeitig mit der selben Idee. Joseph zog mich an meinen Handgelenken zu sich, während ich zeitgleich eines meiner Beine über ihn schlug, um mich auf seinen Schoss zu setzen.
Die Nähe zwischen uns, beschleunigte sofort meinen Herzschlag und ein aufgeregtes Kribbeln fuhr durch meine Lenden.
Instinktiv, legte ich meine Arme um ihn, während Joseph eine seiner Hände unter meinen Hintern schob, um mich näher an sich zu drücken.
Ein paar Augenblicke, verharrten wir einfach so. Hörten den anderen beim atmen zu, registrierten wahrscheinlich beide, wie aufgeregt schnell das Herz des Gegenübers schlug.
"Ich weiß nicht was ich sagen soll." sprach Joseph irgendwann leise. Mein Hirn überdachte schnell, ob ich ihm jetzt wieder in die Augen schauen sollte, oder meinen Kopf lieber weiter an seiner Schulter ruhen lassen sollte. Doch Joseph nahm mir die Entscheidung ab, umgriff meine Wangen mit seinen Händen und positionierte mein Gesicht vor seinem. Mit ernstem Blick und zusammengezogenen Augenbrauen, so als müsste er gleich etwas antrengendes und wichtiges von sich geben, sah er mich an. Ich konnte nicht anders, als ihn perplex zu mustern.
"Ich weiß auch nicht, was hier los ist. Zuerst dachte ich, ich mag dich einfach, weil du mich nicht kennst. Und dann dachte ich, wie schön es wäre, die Zeit nicht alleine in L.A. verbringen zu müssen. Aber wenn ich ehrlich bin, genieße ich deine Anwesenheit ziemlich. Viel mehr, als beabsichtigt. Und wenn du mich fragen würdest, würde ich dir sagen, dass du dein kleines Zimmer im Motel stornieren solltest und lieber so lange es geht hier bei mir bleiben solltest. Aber dann denk ich mir, wir kennen uns erst seit zwei Tagen, es ist doch gar nicht möglich, schon so abhängig von jemandem sein zu wollen..."
Bei jeder seiner Sätze, schüttelte Joseph meinen Kopf etwas, würde er mein Gesicht nicht in seinen Händen halten, hätte er beim Reden wahrscheinlich aufgeregt gestikuliert.
Mit großen Augen sah ich den Mann vor mir an.
Anstatt über eine passende Antwort nachzudenken, legte ich vorsichtig meine Hände auf Joseph's, um mein Gesicht von ihnen zu befreien. Mit einem vorsichtigen Lächeln, sah ich ihn an.
"Das hab ich auch immer gedacht..." sagte ich nur noch, bevor ich diesmal sein Gesicht umgriff und seinen Kopf näher an meinen zog. Ohne noch einmals abzuwägen, wie gut oder schlecht das Folgende wäre, drückte ich meine Lippen auf seine. Ein erleichtertes Geräusch, floh aus seiner Kehle, ehe Joseph den Kuss umgehend erwiderte.
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getting down in america
FanfictionStell dir vor, du besuchst deine Freunde in Amerika. Dein Leben ist voller Herausforderungen, Aufgaben, Deadlines und Hindernissen. Nichts ist mehr wie früher. Du wirst erwachsen, deine Freunde auch. Nichts läuft nach Plan. Vor allem, als du dich in...