Kapitel 16 : Und was jetzt ?

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Eddies Sicht:

Nervös warten Nicki und ich auf die Ankunft der Gruppe. Den ganzen Morgen haben wir uns gefragt, wie es weitergehen soll. Die Tatsache, dass Nicki und ich miteinander geschlafen haben, kommt mir wie ein Traum vor und hat in dieser Situation einfach keinen Platz.

Früher – oder naja, vor vier Tagen – hätte ich das vermutlich Dustin oder Mike erzählt, weil mich die kleinen Scheißer immer damit aufgezogen haben, dass ich nie bei einer Cheerleaderin oder Ähnlichem landen könnte. Aber jetzt will ich, dass die Sache zwischen uns bleibt. Meine Gefühle und alles, was darüber hinaus passiert ist, sollen hier in diesem Wohnwagen bleiben. Denn ich fürchte, in der realen Welt da draußen hätte es sowieso keine Zukunft.

Es klingt verrückt, ich weiß. Man sollte meinen, dass ich keine Probleme mit Selbstzweifeln habe, aber doch, die habe ich. Mein Leben lang wurde mir eingetrichtert, dass ich nicht gut genug bin, nicht so wie die anderen. Wie soll ich da glauben, dass ein Mädchen wie Nicki Miller aus anderen Gründen als nur aus Mitleid mit mir "zusammen" ist? Unvorstellbar.

Erleichtert atme ich aus, als ich unser geheimes Klopfzeichen höre. Schnell öffne ich die Tür und lasse Robin, Steve, Nancy, Max, Lucas und Dustin herein. Eine bedrückende Stille herrscht, während sich alle einen Platz suchen. Nicki und ich sitzen auf dem Boden, Steve und Robin auf dem Bett. Dustin, Max und Lucas haben sich auf das Sofa gequetscht, und Nancy lehnt sich an den Tisch. Besorgte und verängstigte Blicke werden ausgetauscht, aber niemand scheint zu wissen, was er sagen soll.

Nach einer ganzen Weile unterbricht Nancy das Schweigen und will detailliert wissen, was genau letzte Nacht passiert ist. Letzte Nacht. Die Nacht, in der Billy Nicki und mich fast umgebracht hat und dabei selbst gestorben ist. Die Nacht, in der Max von Vecna angegriffen wurde. Die Nacht, die alles verändert hat.

Max beginnt zu erzählen. Sie berichtet ziemlich detailliert von ihrer Begegnung mit Vecna. Sie erzählt uns, dass er eine menschliche Gestalt hat und doch wie ein Monster aussieht. Dass er schreckliche Dinge zu ihr gesagt und grausame Erinnerungen gegen sie verwendet hat. Die ganze Zeit ist sie den Tränen nahe.

Währenddessen halte ich Nickis Hand. Nicki, sie hat so viel durchgemacht. Ich mustere sie von der Seite: die blauen Flecken an ihrem Hals, ihr blaues Auge, ihre wunderschöne aufgeplatzte Lippe. Eine Welle von Schuldgefühlen überkommt mich. Das ist alles meine Schuld.

„Also, rein theoretisch, wenn wir herausfinden, von wo Vecna angreift – von wo aus er in die Gedanken seiner Opfer eindringt – könnten wir ihn dann nicht kriegen? Ich meine, wenn wir zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind?“ fragt Nancy und blickt hoffnungsvoll in die Runde.

„Ich... ich denke schon. Nur wissen wir einfach noch gar nichts“, sagt Steve verzweifelt und schaut zu Nicki. „Und naja, außerdem ist da noch etwas. Es gab einen Zwischenfall mit Billy Hargrove.“

Ich bin froh, dass Steve das Thema anspricht. Ich wüsste nicht, wie ich darüber reden sollte, ohne völlig durchzudrehen. Nancys und Robins Reaktion ist mehr als verständlich. Nancy ist absolut sprachlos, und Robin redet sofort wie ein Wasserfall los. Sie stellt Fragen, so viele Fragen, auf die wir keine Antworten haben.

Fakt ist, wir wissen gar nichts. Die Welt geht unter, und wir wissen nicht, was wir dagegen tun sollen.

Nachdem Robin endlich aufgegeben hat, uns mit all ihren Fragen zu löchern, kehrt wieder diese bedrückende Stille ein.

„Wenn das hier alles vorbei ist, könnten wir alle zusammen ins Kino gehen“, sagt Dustin und lächelt leicht. „Ich meine, wir haben noch nie alle zusammen abgehangen, ohne dass Monster oder so im Spiel waren.“
Ich nicke leicht. „Oder ich bringe euch allen Dungeons and Dragons bei“, lache ich, und Dustin und Lucas klatschen ab, während Max und die anderen die Augen verdrehen.

„Hey... kein Augenverdrehen. Eddie ist der beste Dungeon Master, den es gibt“, sagt Lucas und zeigt auf mich. Ich stehe auf und verbeuge mich theatralisch.

Lucas und Dustin lachen, und ich blicke zu Nicki, die gedankenverloren aus dem Fenster schaut. „Was meinst du, Nicki?“ frage ich sie und setze mich wieder zu ihr.

„Oh, ja, mal normal abhängen wäre schön.“ Ihre Stimme klingt traurig, und sie wirkt nicht überzeugt. Ich lege meinen Arm um sie, und sie kuschelt sich leicht an mich.

„Abgemacht! Wenn wir hier raus sind, hängen wir alle zusammen ab“, sagt Steve und schaut mich dankend an. Ich glaube, Steve und ich könnten so etwas wie Freunde werden. Irgendwann. Wir alle legen unsere Hände in die Mitte.

„Abgemacht! Wir alle.“

Ich lächle, und Dustin klatscht mit Lucas ab, während Max sich an den Kopf fasst.

„Max? Kopfschmerzen?“ frage ich, und sie nickt. Ob das einen Zusammenhang hat? Ich weiß es nicht, aber ich lasse Max nicht aus den Augen. Und es scheint allen so zu gehen. Steve reicht ihr eine Flasche Wasser, und Lucas nimmt sie in den Arm. Ich blicke zu Nicki hinunter und streiche ihr sanft durchs Haar.

„Also, um nochmal auf das Thema zurückzukommen: Wir müssen herausfinden, von wo Vecna angreift, richtig?“ fragt Dustin, und alle nicken.

„Ich glaube, ich habe eine Ahnung“, sagt Max, und wir alle blicken sie an. „Ich habe etwas gesehen, als ich in der Zwischenwelt war...“

Die Geschichte von Eddie dem Freak (Part One)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt