𝟔: 𝐇𝐄𝐘 𝐉𝐔𝐃𝐄

498 30 17
                                    






𝟔: 𝐇𝐄𝐘 𝐉𝐔𝐃𝐄

𝐈𝐂𝐇 𝐁𝐄𝐑𝐄𝐔𝐓𝐄 𝐄𝐒 𝐒𝐂𝐇𝐎𝐍 𝐈𝐍 𝐃𝐄𝐑 𝐍Ä𝐂𝐇𝐒𝐓𝐄𝐍 𝐒𝐄𝐊𝐔𝐍𝐃𝐄.
Eddie trommelte wie wild geworden mit den Fingern auf dem Lenkrad herum, wippte mit dem Knien zum Takt der Musik und grölte die Songs mit, als hinge sein Leben daran.
Meine Lippen hatten schon einen leichten Abdruck meiner Schneidezähne abbekommen, weil ich so fest draufbiss.

Es war ja gar nicht mal so, dass er die schlimmste Musik überhaupt hörte.
Aber es war eben nicht meine Musik.
Es war mir zu laut, zu stürmisch, zu sehr geschrien. Ich wollte doch nicht angeschrien werden, wenn ich Musik hörte?
Eigentlich war das Aufdrehen der Musik auch nur ein verzweifelter Versuch meine Gedanken zu stoppen.

Eddie hatte eine unsichtbare Grenze überschritten.
Er hatte mich geküsst.
Gut, er wollte mich vor dem schmierigen Lappen befreien.
Das war auch wirklich heldenhaft von ihm.
Aber hätte er das nicht irgendwie anders regeln können?
Wir waren seit über zehn Jahren beste Freunde. Seitdem ich mit fünf in den Trailerpark nebenan gezogen war und ihm vor die Füße gekotzt hatte.

Das war nicht meine Schuld! Nicht völlig.
Mom hatte mir zum ersten Mal Schokominzeis gekauft und ich – mit meinen fünf Jahren – kannte die magische Grenze nicht, an der man lieber aufhörte zu essen, bevor man sich übergab.
Mir war schlecht.
Schon nach einem Drittel der Packung.
Aber es war Schokominzeis!

»𝐄𝐑𝐃𝐄 𝐀𝐍 𝐀𝐋𝐘𝐁𝐄𝐀𝐑!«, rief er über die lauten Klänge des Basses hinweg.
Ich sah zu ihm auf und kniff verwirrt meine Augenbrauen zusammen.
Wie lange hatte er schon mit mir geredet?
»Ich bin jetzt bereit mich der Nervigkeit deiner Freundin zu stellen.«, brummte er und betätigte die Handbremse.
Ich sah nach draußen und erkannte, dass wir bei Judy angekommen waren.

»Du weißt, dass ich in einer imaginären Liste alles aufschreibe, was du jemals Böses über sie gesagt hast? Damit ich es irgendwann mal gegen dich verwenden kann?«, drohte ich ihm grinsend.
Er schlug die Hände auf das Lenkrad und lehnte seinen Kopf an die Lehne des Sitzes.
»Du mit deinen Listen.«, beschwerte er sich, konnte das Schmunzeln auf seinen Lippen aber nicht unterdrücken.
»Wenn du wüsstest, was für Listen ich noch führe.«, lachte ich leise und stieg aus.

Eddie setzte sich wieder auf und folgte mit seinem Blick meinen Schritten um die Vorderseite des Autos herum.
Dabei fragte er immer wieder nach einem Beispiel für weitere Listen.
Ich lehnte mich in sein geöffnetes Fenster und stützte mich mit meinen Ellbogen ab.
»Du wirst es selbst an meinem Sterbebett niemals erfahren.", entgegnete ich und lachte wieder.
Eddie rollte mit den Augen und begann damit das Fenster hochzukurbeln, woraufhin ich aufquiekte und sofort ein paar Schritte nach hinten machte.
Jetzt war er derjenige der lachte.
Mich auslachte, so ein Idiot.

Ich zeigte ihm den Mittelfinger und rannte auf Judy's Haus zu.
Ihre paranoide Helikoptermutter sah ich schon aus der Entfernung hinter der Gardine hervorgucken.
Mit zusammengepressten Lippen, damit ich nicht darüber lachte, winkte ich ihr zu.
Obwohl sie mir mit einem erhobenen Zeigefinger symbolisierte zu warten, drückte ich auf die Klingel.
Der schreckliche piepsige Ton stahl sich schmerzlich in meine Ohren
Wann würden sie das Teil endlich reparieren?

»Aayliah. Judy ist...sie macht gerade Hausaufgaben.«, versuchte sie mich aufzuhalten.
Ich hob misstrauisch eine Augenbraue an.
»Mrs Geller, in aller Ehren. Es sind Ferien. Selbst Judy macht jetzt keine Hausaufgaben.«
Die für ihr Alter viel zu alt wirkende Frau schürzte ihre Lippen und warf einen abschätzenden Blick zu Eddie's Van.
»Ich mag es nicht, wenn ihr dem Banausen herumlungert. Er ist gefährlich.«, setzte sie zu ihrer immer gleichen Laier an.
Ich nickte bedächtig, fasste mir an die Brust und beugte mich flüsternd zu ihr hinab.
»Ich weiß. Ich bin seine Gefangene. Bitte rufen Sie die Polizei. Er zwingt mich dazu, mit ihm Spaß zu haben.«

• 𝐉𝐔𝐒𝐓 𝐎𝐍𝐄 𝐊𝐈𝐒𝐒 • [ 𝚎𝚍𝚍𝚒𝚎 𝚖𝚞𝚗𝚜𝚘𝚗 ]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt