𝟑𝟖: 𝐒𝐏𝐄𝐂𝐓𝐑𝐔𝐌„Ich glaub der hat sich echt verzählt.", wisperte mir Eddie entgegen und wedelte mit den vielen Geldscheinen vor meiner Nase herum.
Schmunzelnd beugte ich mich zu ihm hinüber und sprach ebenfalls möglichst leise und bedacht. „Wieso flüsterst du?"
Mein Schmunzeln wurde breiter und die nächsten Worte schrie ich geradezu lachend aus mir heraus.
„Wir sind in deinem Van!"
Eddie weitete erschrocken die Augen, nur um im nächsten Moment in mein Gelächter einzustimmen.
Er sah dabei so unwiderstehlich niedlich aus, dass ich ihm einen Kuss auf den Mundwinkel hauchte, ehe ich mich in meinen Sitz zurücklehnte.Dass sich unser Chef verrechnet hatte, glaubte ich im Übrigen auch.
Es widersprach jeder Logik, dass er uns für zwei Wochen fast 800 Dollar gezahlt hatte.
Wir waren ja nicht einmal Vollzeit beschäftigt!
Die brave Inderin in mir hatte - eher aufgrund der Befürchtung, mich würde der Gott der Moral heimsuchen - überlegt ihn darauf anzusprechen.
Die Irin in mir, die immerzu pleite war und das Geld dringend benötigte, brüllte allerdings lauter.„Damit...ist nicht nur der Flug drin, sondern auch die Saiten und ein Geschenk für dich, Maya und Wayne."
Ich ignorierte seine Aussage gekonnt, andernfalls würde ich ihn wahrscheinlich ewig lange ausquetschen, um herauszufinden was er mir und den anderen schenkte.
Mein Geschenk würde er mir nie und nimmer verraten, aber vielleicht das der andern.
Und ich war zwischenzeitlich zu einer absurd schlechten Geheimniswärterin geworden.Alles in allem hat sich mein Leben in den letzten Wochen so rapide geändert, dass ich es kaum glauben konnte.
In den zwei Wochen meines Ferienjobs hatte ich mich nicht nur unzählige Male mit Eddie in den Haaren gehabt, nur um dann zu erkennen, dass ich längst in ihn verliebt gewesen war - nein.
Ich hatte auch noch meine beste Freundin verloren.
Und als wäre das nicht schon genug, stand ein möglicher Umzug im Raum, den ich verhindern musste.
Mein einst so langweiliges Leben hatte sich zu einer klassischen Jugenddramatik entwickelt.
Man könnte es glatt zu einem Buch verarbeiten.
Vielleicht würde ich etwas Ähnliches Schreiben, um das alles zu ver- oh nein! Schreiben.Fluchend stieß ich meinen Kopf gegen meine abgewinkelten Knie.
Der Artikel.
Nach dem Wochenende würde für zwei unnötige Wochen die Schule losgehen, bis wir dann die richtigen Weihnachtsferien bekamen, in denen wir eine Woche Vollzeit arbeiten und zwei Wochen nach Schottland reisen würden.
Und der Artikel würde auf jeden Fall am Montag fällig sein.
Auf meinem Blatt standen genau drei Worte. Mein Name.Ich spürte, wie mir Eddie eine Hand auf den Rücken legte, doch im Gegensatz zu sonst, verschaffte mir seine Berührung keine Ruhe.
Ich konnte es nicht glauben, dass das ganze Drama mich meine wirkliche Leidenschaft vergessen lassen hat.
Das Schreiben war alles für mich. Mein Traum seit ich denken kann.
Eigentlich war es für mich total unüblich das derart zu vernachlässigen.
Soweit ich mich zurückerinnern konnte, hatte ich immer geschrieben.
Tagebücher, Kurzgeschichten, Gedichte, Listen.
Listen! Gott, wie lange war es her, dass ich etwas in meine Notizbücher gekritzelt hatte?Zugegebenermaßen sehr umständlich krabbelte ich über die Mittelkonsole und griff nach meinem Rucksack.
Es dauerte eine kleine Ewigkeit, bis ich das richtige Buch fand und als ich es durchblätterte, japste ich schockiert auf.
Das letzte Mal, dass ich etwas reingeschrieben hatte, war als ich bei Nancy zu Besuch gewesen war.
Nancy. Vielleicht würde sie mir ein weiteres Mal eine Hilfe sein können.
„Geht es dir gut?", fragte Eddie und riss mich damit aus meinen Überlegungen.
„Definiere gut, wenn ich mir den Kopf einschlage und entsetzt feststellen muss, dass ich immer noch keinen Artikel habe, weil der, den ich geschrieben habe und der nebenbei richtig richtig gut war, deiner Meinung nicht veröffentlicht werden kann. Und das ganze Drama, in dem wir steckten mir das Schreiben genommen hat!", raunte ich ihm gereizt zu.Im gleichen Moment tat es mir direkt wieder leid, dass ich so aus der Haut gefahren war.
Aber dieser Artikel war meine Chance.
Ich durfte sie nicht verstreichen lassen. Das ging einfach nicht.
„Aly.", murmelte Eddie und dabei entging mir nicht, dass er sich beinahe schon verletzt anhörte.
Das wollte ich nicht. Ich wollte nichts weniger als das.
Also seufzte ich leise auf, bestückte meine Lippen mit einem sanften Lächeln und tätschelte seinen Oberschenkel.„Ich fasse es immer noch nicht, dass du mit nach Schottland willst. Ed, die geben mit Heugabeln auf dich los, wenn du deine Geschmacksverirrung hörst.", pflichtete ich ihm grinsend bei.
Als Antwort darauf schnaubte er verächtlich auf und schnipste mir gegen Nasenspitze.
Er hätte anders reagieren können. Er hätte nicht auf meinen Themenwechsel eingehen müssen.
Die Tatsache, dass er es doch tat, zeigte mir, dass Eddie der wohl gutmütigste und freundlichste Mensch der Welt war.
Seine ganze Fassade war nur der Ausdruck seiner Individualität.
Aber er hätte noch so viele Ringe tragen können, seine Jeans hätten umso zerrissener sein können, es änderte nichts daran, dass er im Herzen liebenswert und einfach grandios war.Ich rümpfte meine Nase und hoffte gleichzeitig inniglich, dass ich keinen blauen Fleck davontragen würde.
Ich war so empfindlich was jegliche Berührungen anging, dass ich selbst beim bloßen Anstupsen meines Oberarmes blaue Flecken bekam.
Nicht auszumalen wie selten dämlich ich aussehen würde, würde meine Nase blau leuchten.
Während ich Eddie so betrachtete, kam mir eine erste Idee für einen Artikel.
Er war nichts von dem, was ich sonst geschrieben habe und gleichzeitig etwas, dass ich schreiben musste.
„Würdest du mich zu Nancy fahren?", fragte ich ihn aufgeregt und fasste mit dabei an die Stelle, an der sich mein tobendes Herz befand.In seinem fragenden Blick erkannte ich, dass er sich darüber wunderte. Aber er hinterfragte es nicht.
Das einzige was er mich fragte war, ob wir heute einander noch sehen würden.
Ich versprach ihm, einen frühen Bus zu nehmen und zu ihm zu kommen.
Sein glückliches Lächeln war mehr Antwort als ich benötigte und machte mich noch aufgeregter als ich es ohnehin war.
Allerdings musste ich meine Vorfreude auf das Später abschütteln, wenn ich mich auf meinen Artikel konzentrieren wollte.
Für die nächsten paar Stunden würde mein Fokus gänzlich auf der Schülerzeitung liegen.
Wenn Nancy denn überhaupt zu Hause war.Den Göttern sei Dank war sie es.
Ihr überraschter Gesichtsausdruck veränderte sich zu einem wissenden Lächeln, als sie Eddie's Van wegfahren sah.
„Ihr habt es hingekriegt?", fragte sie immerwährend lächelnd, woraufhin sich meine Wangen rosa färbten und ich zögerlich nickte.
„Mehr oder weniger. Aber deshalb bin ich nicht hier."
Schmunzelnd wedelte ich mit dem Notizbuch vor ihrer Nase herum.
Nancy hob abwehrend die Hände in die Höhe und seufzte gespielt theatralisch.
„Und ich dachte du kommst nur wegen dem Kaffee.", lachte sie.
Ich stimmte ein und versicherte ihr, dass ich zu einem Kaffee niemals Nein sagen würde.Wenige Augenblicke später folgte ich ihr in die Küche und setzte mich auf einen der Hocker an der Kücheninsel.
„Also. Welche Ideen hast du?", wollte sie wissen und sah zwischen ihren maronenbraunen Augen zu mir hinauf.
„Ich würde gerne eine Interviewreihe mit Schülern führen, die nicht dem Spektrum von Normalität angehören. Ich rede von Metallern, Goth, Punks. Streber, alle die etwas anders sind. Und dann würde ich gerne das ausarbeiten, was sie wirklich ausmacht. Nicht ihre Kleidung, nicht ihre seltsame Art, sondern etwas, dass sie richtig gut können. Kennst du Robin? Sie ist total durchgeknallt, redet immer wie ein Wasserfall. Sie wird ständig ausgelacht, weil sie einen echt außergewöhnlichen Kleidungsstil hat und naja - sie verhaspelt sich wirklich total in ihren Worttiraden. Aber wusstest du auch, dass sie über drei Sprachen fließend spricht? Das ist doch total cool. Und das wissen nur wenige. Weil sie ihr keine Chance geben und-"„Aayliah?", unterbrach Nancy mich und stellte die Tasse, die sie mir entgegengehalten hatte auf dem Tresen ab.
„Ich finde die Idee absolut grandios.", pflichtete sie mit bei und in ihrem Blick erkannte ich etwas, das Stolz sehr sehr nahe kam.
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• 𝐉𝐔𝐒𝐓 𝐎𝐍𝐄 𝐊𝐈𝐒𝐒 • [ 𝚎𝚍𝚍𝚒𝚎 𝚖𝚞𝚗𝚜𝚘𝚗 ]
Fanfiction»Du hast eine unsichtbare Grenze überschritten, Eddie. Mit diesem Kuss-« »Ich hab gar nichts, außer dich gerettet, Prinzesschen. Das machen beste Freunde nun einmal« 𝐍𝐚𝐜𝐡 𝐞𝐢𝐧𝐞𝐫 𝐏𝐥𝐨𝐢𝐭𝐝𝐞𝐞 𝐯𝐨𝐧 𝐩𝐞𝐫𝐬𝐞𝐩𝐡𝐨𝐧𝐞𝐬𝐭�...