𝟏: 𝐍𝐎𝐕𝐄𝐌𝐁𝐄𝐑 𝐇𝐀𝐒 𝐂𝐎𝐌𝐄

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𝟏: 𝐍𝐎𝐕𝐄𝐌𝐁𝐄𝐑 𝐇𝐀𝐒 𝐂𝐎𝐌𝐄

»𝐃𝐀𝐒 𝐊𝐋𝐈𝐍𝐆𝐓 als würde man meine Ohren verprügeln! Das ist Körperverletzung, Edward.«, murrte ich, während ich im Schneidersitz auf der Motorhaube seines alten rostigen Vans saß.
Obwohl meine Stimmfarbe entnervt klang, zierte meine Lippen ein ausgedehntes Grinsen.
»Das nennt sich Metal, Aly.«, erwiderte mein Gegenüber, der mit flinken Fingern eine Zigarette aufdrehte.
»Warum bin ich nochmal mit dir befreundet?«, fragte er zwinkernd.
Er liebte es, mich zu ärgern.
»Weil ich mir die besten Szenarien für deinen dämlichen Fantasy-Nerd-Club ausdenke.«, konterte ich und streckte ihm dabei die Zunge heraus.

»Du findest ihn nur dämlich, weil sowas wie du nicht zugelassen ist.«, lachte er und steckte sich die Zigarette zwischen die Lippen.
An seinen Fingern klebten noch Reste des Tabaks, die er mit einer schüttelnden Bewegung zu entfernen versuchte.
Ich hielt mir theatralisch eine Hand vor die Brust und sog lautstark die kühle Novemberluft ein.
»Eine Inderin etwa? Das ist sowas von rassis-«
»Ein Mädchen!«, warf er ein.
»Du absolute Spinnerin«, rief er und weil er gerade dabei war einen weiteren Zug zu nehmen und gleichzeitig lachen musste, begann er zu husten. Während er damit beschäftigt war irgendwie wieder zu Luft zu kommen, hielt ich mir den Bauch vor Lachen.

Natürlich war mir mehr als bewusst, dass Eddie kein Rassist war.
Wenn auf jemanden der Titel Anti-Rassist zutraf, dann war es Eddie.
Ihm war die Herkunft genauso egal wie der Wohlstand oder das Geschlecht.
Außer es ging um seinen dämlichen Hellfireclub, den ich, wenn ich ehrlich war, überhaupt nicht dämlich fand.
Ich versuchte seit fast drei Jahren Mitglied zu werden. Aber die Aufnahmekriterien besagten: Sei ein Nerd, aber sei bloß kein Mädchen.

Dabei liebte ich nichts mehr, als in die fernen Städte fiktiver Universen einzutauchen und mich sagenumwobenen Abenteuern zu stellen.
Im letzten Jahr zur Weihnachtszeit, als wieder einmal der Strom im Trailerpark ausgefallen war, war ich es, die Eddie auf den Geschmack von Herr der Ringe gebracht hatte.
Während wir unter einer absurden Anzahl an Wolldecken gelegen und den kalten Eierpunsch getrunken hatten, waren wir gemeinsam mit Frodo nach Mordor gereist.

»Gib mal her.«, befahl ich und wedelte mit meinen Fingern vor der Zigarette herum.
Eddie lehnte sich nach hinten und hielt sie so weit nach oben, dass ich unmöglich herankommen konnte. »Na na, wir wollen doch nicht, dass Parvati böse auf dich wird.«, feixte er und nahm genüsslich einen weiteren Zug.
»Die Göttin der weiblichen Schönheit? Was denkst du wird sie machen? Mich mit noch größeren Möpsen bestrafen? Ernsthaft, Ed. Das tut echt im Rücken weh! Stell dir mal vor du hättest Melonen als Brü-«
»Schon gut, schon gut. Die meinte ich nicht.«, gab er beschwichtigend von sich und lachte dabei.

Obwohl er versuchte möglichst diskret zu sein, bemerkte ich, wie er einen flüchtigen Blick auf mein Dekolletee warf.
Eine Art automatischer Reflex.
Wir waren zwar Freunde, seitdem ich mit fünf in den Trailerpark gezogen war, aber ganz immun gegen weibliche Rundungen war wohl auch ein Eddie Munson nicht.
Schmunzelnd verschränkte ich meine Arme vor der Brust. Sofort richtete Eddie seinen Blick von mir, was ich mit einem leisen Kichern quittierte.
»Zieh dir mal was an. Wehe du wirkst krank. Ich will meinen ersten Arbeitstag nicht ohne dich antreten.«, sagte er und warf mir den fellbesetzten Parker zu, den ich seit drei Jahren trug.

Er bestand nicht aus Echtpelz, natürlich nicht. Erstens, weil ich es einfach ekelhaft finden würde und zweitens, weil dafür eh kein Geld vorhanden war.
Ich trug ja nicht aus Spaß seit drei Wintern den gleichen Mantel.
»Ich würde ja sagen: Danke für deine Sorge um mich. Aber das ist alles nur Selbstschutz. Unser Boss hasst dich. Jetzt schon. Ohne mich hättest du den Job nie bekommen.«
Eddie schnipste die aufgerauchte Zigarette weg, ohne, dass ich auch nur einen Zug abbekommen hatte. Das lief immer so. Seitdem er sein Faible für wahrnehmungserweiternde Substanzen entdeckt hatte, fragte ich danach auch mal probieren zu dürfen. Und er lehnte jedes Mal ab.

• 𝐉𝐔𝐒𝐓 𝐎𝐍𝐄 𝐊𝐈𝐒𝐒 • [ 𝚎𝚍𝚍𝚒𝚎 𝚖𝚞𝚗𝚜𝚘𝚗 ]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt