Kapitel 9

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Direkt am nächsten Tag ging das ganze Chaos für mich weiter. Damien lief mir nicht mehr über den Weg, dafür aber umso häufiger Darwin. Er schien überall zu sein, wo auch ich war. Erst in Verwandlung tauchte er auf, dann in Geschichte und auch noch in Latein. Keine Sekunde hatte ich Ruhe. Natürlich mochte ich ihn und er war auch total nett und schlecht sah er ja auch nicht aus, aber das ging mir alles gerade ziemlich schnell. Noch vor einer Woche hatten wir kaum ein Wort gewechselt und nun schienen wir die besten Freunde zu sein. Er lächelte mich immer an, wenn er mich sah und unterhielt sich bei jeder Gelegenheit mit mir. Gerade ging ich aus dem Klassenzimmer für Latein, als er an meiner Seite auftauchte. „Hey! Latein war ja so langweilig! Fandest du nicht auch?“ fragend sah er mich an und hatte wieder dieses Lächeln auf den Lippen. „Ja, es war langweilig, aber zum Glück haben wir ja jetzt Schluss und  können machen, was wir wollen!“ Eigentlich wollte ich weitergehen, doch er versperrte mir den Weg. „Ich wollte dich eigentlich fragen, wohin du gestern Abend so schnell verschwunden bist!“ Er musterte mich. Die Erinnerungen an den vorherigen Abend holten mich ein. Wie ich getanzt hatte und Damien plötzlich hinter mir stand. Augenblicklich wurde mir ganz warm und ich ging an Darwin vorbei. „Ich war total fertig vom Tanzen und müde, also bin ich in mein Zimmer gegangen!“ Ich beschleunigte meine Schritte, doch er hielt problemlos mit. „Unser Abend war so kurz. Wir konnten gar nicht so viel zusammen unternehmen! Willst du das vielleicht heute nachholen?“ Abrupt hielt ich an, so dass er beinahe mit mir zusammengestoßen wäre. „Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist. Eigentlich wollte ich einfach etwas Ruhiges machen, wie lesen…“ Enttäuscht sah er mich an und es tat mir schon sehr leid. „Ich könnte mich jedoch bestimmt zu einem Kartenspielabend mit den anderen überreden lassen!“, fügte ich noch hinzu und sah seine Augen aufleuchten. „Okay! Dann organisiere ich diesen, diesmal jedoch bei mir im Zimmer. Nayomi muss auch einmal abgelöst werden!“, gab er lachend von sich. „Super! Dann gebe ich den anderen Bescheid!“ Schnell, bevor er noch auf die Idee kam etwas hinzuzufügen, ging ich zu meinem Zimmer, um meine Bücher auf dem Schreibtisch abzuladen. Ich zog mir bequemere Sachen an und machte mich auf den Weg zu Nayomi, nachdem ich Lakota und Sally eine Nachricht geschickt hatte. Nayomi öffnete mir sofort die Tür. Als auch die anderen ankamen, erzählte ich einfach drauf los. „Darwin will unbedingt mit mir ausgehen. Er ist immer dort, wo ich auch bin. Ich meine er ist ja schon ganz süß, aber ich glaube nicht, dass ich das gleiche fühle!“ In Gedanken fügte ich noch ein nicht für ihn hinzu. Unbewusst schweiften meine Gedanken zu Damien. „Bist du dir da wirklich sicher? Auf der Party saht ihr schon ziemlich süß zusammen aus!“, gab Lakota schüchtern von sich. Ich sah sie an und brach in schallendes Gelächter aus. Auch die anderen lachten nun mit mir. Als ich mich endlich beruhig hatte, sprach ich weiter. „Ich glaube nicht, dass das mit Darwin und mir je etwas werden könnte. Er behandelt mich fast schon wie eine Porzellanpuppe, welche ständig zerbrechen könnte. Aber vielleicht bin ich auch einfach nur zu verklemmt. Ich könnte ihm wenigstens eine Chance geben! Übrigens hat er uns alle zu einem Abend UNO in sein Zimmer eingeladen! Na ja, nachdem ich ihn abgewiesen und von einen Abend mit unseren Freunden überzeugt hatte. Ihr kommt doch mit, oder?“, flehend sah ich sie an und sie nickten lachend. Wir verabschiedeten uns für später und ich machte mich wieder auf den Weg eine Etage höher zu meinem Zimmer.

„Bist du sicher, dass das sein Zimmer ist?“, fragte mich Sally. Erneut überprüfte ich seine Nachricht mit der Türnummer auf meinem Handy. „367. Das ist seins!“, sagte ich und klopfte an die Tür.  Ein freudig strahlender Darwin öffnete die Tür. „Pünktlich auf die Minute, meine Damen!“ Wir vier kicherten und traten ein. Er hatte einen Tisch in die Mitte seines Zimmers gestellt und darum Stühle verteilt. Wir begaben uns zu unseren Plätzen, unterhielten uns und warteten noch auf die anderen. So wie es aussah, hatte Darwin noch vier andere eingeladen und zwei davon konnte ich mir denken. Modi und Vitus, zwei Freunde von Nayomi, Sally und Lakota, kamen einige Minuten später dazu. Ich hatte mit den beiden nur ab und zu ein Wort gewechselt, aber sie waren mir mit ihrer offenen Art sehr sympathisch. Doch wer die anderen beiden noch fehlenden Personen sein könnte da konnte ich nur rätseln.
Weitere zwei Minuten vergingen und ein Klopfen unterbrach unsere hitzige Diskussion darüber, ob Ananas auf Pizza gehörte.
Darwin sprang voller Elan von seinem Stuhl auf und öffnete unseren zwei Überraschungsgästen die Tür.
Als erstes betrat Lakotas Freund das Zimmer. Er ging zu ihr, küsste sie und setzte sich dann auf den freien Stuhl neben ihr. Nun war nur noch ein Stuhl neben mir frei. Als zweites betrat niemand anderes als Damien den Raum und sein Blick traf meinen. Er grinste mich an und setze sich dann neben mich. Nun war ich von Darwin und Damien eingeschlossen und versuchte mich auf die Karten in meiner Hand zu konzentrieren. Darwin schien mit jedem Spiel ein Stück näher zu rutschen, weshalb ich ebenfalls etwas wegrutschte. Dafür war ich jetzt zwar Darwin etwas entkommen, doch Damien umso näher. Als ich mich vorbeugte, um meine Karte abzulegen, berührten sich unsere Knie und als er sich zurücklehnte, berührten sich unsere Arme. Meine Konzentration schwand mit jeder Minute und mir wurde immer wärmer. Dieses Gefühl war unbeschreiblich, doch es machte mir auch Angst. „Layla, du bist dran!“, sagte Lakota, welche sich gerade eine ihrer roten Locken um den Finger wickelte. „Oh, ja natürlich!“, erwiderte ich hastig und zog eine Karte. „Uno!“, ertönte es rechts von mir, wo Darwin gerade seine vorletzte Karte auf den Stapel legte. Vom Rest der Runde bekam ich nicht viel mit, da meine Gedanken alles übertönten.
Erst Nayomis Stimme ließ mich wieder aufschauen. „Geht es dir gut, Layla?“ Ich blickte sie fragend an. „Ja, mir geht es gut!“, antwortete ich etwas verwirrt, fügte dann jedoch noch hinzu: „Ich bin nur etwas müde!“ Sie nickte, schien jedoch nicht zufrieden mit meiner Antwort zu sein. Auch diese Runde ging schnell vorbei und ich verabschiedete mich. Schnell lief ich in den Flur, da Darwin Anstalten macht mir zu folgen. Doch anscheinend war ich nicht schnell genug, da er sofort hinter mir auftauchte. „Ich bringe dich noch zu deinem Zimmer!“ Ich wollte wiedersprechen, doch er ließ mich nicht. Er legte seinen Zeigefinger auf meine Lippen und fuhr fort. „Ich weiß nicht, warum du versuchst, Abstand zwischen uns zu bringen, aber ich lasse es nicht zu. Ich mag dich wirklich sehr und ich zeige das auch offen und wenn du etwas dagegen hast, dann kannst du es mir einfach sagen!“ Etwas überfordert ging ich einen Schritt zurück, sodass sein Finger von meinen Lippen rutschte. „Ich weiß momentan nicht, was ich denken, geschweige denn fühlen soll. Ich brauche einfach etwas Zeit!“ Seinen enttäuschten Blick konnte ich nicht ertragen und wandte mich zum gehen Über die Schulter rief ich ihm noch zu: „Du solltest lieber zu den anderen zurück gehen und weiterhin Spaß haben!“ Ich sah noch, wie er nickte und zurückging. Erleichtert atmete ich aus. Keine fünf Meter war ich gegangen, als Nayomi, Lakota und Sally hinaus in den Flur traten und wie aufgescheuchte Hühnerhinter mir herliefen. Hinter ihnen gingen nun auch die Jungs zu ihren Zimmern. „Was ist denn mit euch los?“, fragte ich sie und ließ meinen Blick zwischen ihnen hin und her schweifen. „Wir haben die Zeit so was von vergessen. Gleich kommen die Magister und kontrollieren, ob überall die Lichter aus sind. Wir dürften gar nicht mehr hier sein. Und zu unseren Zimmern kommen wir auch nicht mehr, da die Türen, welche nach außen führen, nun geschlossen sind und nur noch die Lehrer raus und reingehen können. Wir sitzen hier fest! Oh Mist, da kommt schon Magister Xallorixo!“ Bevor ich auch nur blinzeln konnte, waren sie schon wieder verschwunden und ich wusste nicht wohin. Meine strenge Geschichtslehrerin schlich auf dem dunklen Gang entlang genau auf mich zu. Hastig schlich ich in die entgegengesetzte Richtung und versuchte unbemerkt die Treppe zu erreichen. Doch die Brandschutztür war zu und sie zu öffnen, hätte die Aufmerksamkeit auf mich gelenkt. Magister Xallorixo kam immer näher und ich hatte keine Chance mehr, mich zu verstecken. Da ging die Tür hinter mir leise auf und eine Hand zog mich ins Innere des Zimmers. Eine Hand legte sich auf meinen Mund und unterdrückte meinen Schrei. Ich hörte Schritte vor der Tür, welche sich jedoch weiterbewegten. Ich hätte vielleicht erleichtert aufatmen können, wenn ich gewusst hätte, in welchem Zimmer ich mich hier befand. Langsam gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit und der Mond, welcher hinter der Wolkendecke hervortrat, schien ins Zimmer und beleuchtete es. Die Person war groß, muskulös, hatte sehr dunkle Haare und blaue Augen. Damien ließ mich los und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. „Bei der Göttin, warum bist du nicht mit Nayomi mitgegangen?“, fragte er mich gestresst. „Wenn jemand herausfindet, dass du hier warst, dann haben wir beide ein großes Problem!“Verunsichert blickte ich ihn an. Ich hatte noch nie etwas Verbotenes gemacht und jetzt um diese Zeit im Gebäude der Jungen zu sein, war eindeutig gegen die Academyregeln! „Ich weiß. Außerdem ist Nayomi einfach weggerannt und ich konnte ihr so schnell nicht folgen, habe also auch nicht gesehen, wo sie hingegangen ist und dann kam schon Magister Xallorixo und ich hatte echt Angst von ihr erwischt zu werden!“ Ich hörte ihn seufzen. „Raus kommst du eh nicht mehr, was bedeutet, dass du hiebleiben musst, wenn du nicht erwischt werden möchtest!“ regungslos stand ich mitten im Zimmer und starrte ihn fassungslos an. „Hast du eine Couch?“, fragte ich hoffnungsvoll und blickte mich im mondbeschienenen Zimmer um. Die Ausstattung war gar nicht so anders, wie bei den Mädchenzimmern. Es war ebenfalls ein Bett, ein Schreibtisch, ein Schrank und ein Fernseher da, aber eine Sache fehlte. Die Couch! „Nein. Ich hatte eine Couch, bis sich Noah dachte, er müsste sich darüber übergeben. Er verträgt nun mal nicht sehr viel Alkohol und hatte es echt übertrieben. Deshalb ist die gerade in der Reinigung. Du kannst also entweder auf dem Boden schlafen, oder du legst dich einfach mit ins Bett, denn erstens ist es groß genug und zweitens beiße ich nicht!“ Völlig überfordert rührte ich mich immer noch nicht von der Stelle. Damien ging zu seinem Bett, zog sich sein T-Shirt über den Kopf, hängte es über den Stuhl und legte sich hin. Unentschlossen ging ich zu der anderen Seite und schnappte mir das Kissen und die Decke, breitete sie auf dem harten Boden aus und legte mich hin. Unbequem war nicht das richtige Wort. Es war unbequemer als unbequem. Doch ich ließ mir nichts anmerken. Damien lachte leise, was mir eine Gänsehaut bereitete und meinte dann: „Die meisten würden komplett anders handeln als du gerade!“ Ich drehte mich auf die andere Seite und schon jetzt taten mir meine Schultern und mein Rücken weh. „Jetzt sei nicht so stur und komm endlich!“, unterbrach erneut Damiens Stimme die Stille. Seufzend rappelte ich mich auf und legte mich auf den äußersten Rand der anderen Betthälfte. Ich glaubte gerade echt nicht, was ich hier tat, doch die weiche Matratze war es wert, auch wenn ich nicht sofort einschlafen konnte. Irgendwann hörte ich das gleichmäßige Atmen von Damien und schlief bald darauf ebenfalls ein.

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Die hellen Sonnenstrahlen schienen in das Zimmer und erhellten es. Ich war noch immer müde und wollte mich verschlafen auf die andere Seite, doch es ging nicht. Verwirrt öffnete ich meine Augen einen Spalt, nur um kurz darauf einen riesigen Schrecken zu bekommen. Ich lag eng an Damien gekuschelt in seinem Bett und er hatte einen Arm um meine Hüfte gelegt, während einer meiner Arme auf seiner nackten Brust ruhte. Automatisch schlug mein Herz schneller und ich versuchte langsam seinen Arm von meiner Hüfte zu schieben, um aufstehen zu können. Das sorgte jedoch nur dazu, dass er mich noch stärker zu sich zog und ich nun von seinem Arm gefangen war. Mit einigen tiefen Atemzügen beruhigte ich mich etwas und betrachtete Damien. Er sah ziemlich friedlich aus, wenn er schlief. Einige schwarzen Strähnen hingen ihn ins Gesicht. Ich versuchte erneut, mich zu befreien und dieses Mal gelang es mir auch. Damien schlief weiter. Vorsichtig stieg ich aus dem Bett, strich meine Kleidung glatt und öffnete die Tür. Schnell huschte ich in den Flur, überprüfte, ob jemand da war und lief in Richtung des Ausganges. Unterwegs bekam ich fast einen Herzinfakt, als plötzlich eine weitere Tür geöffnet wurde und Nayomi und Sally auftauchten. Sie sahen mich mit großen Augen an. Leise liefen wir aus dem Gebäude heraus. Keine Sekunde später redeten die beiden auch schon wild durcheinander. „Das war ja mal ein verrückter Abend! Beinahe wären wir erwischt worden! Glücklicherweise sind wir noch rechtzeitig bei meinem großen Bruder angekommen und ich nehme mal an, dass Lakota mit zu Noah gegangen ist, aber wo zur Hölle warst du?“ Sally zog eine Augenbraue nach oben und ich war mir sehr sicher, dass ich gerade rot wie eine Tomate war. „Warst du etwa bei Darwin?“, wollte Nayomi aufgeregt wissen. „Nein war ich nicht!“ Ich verdrehte die Augen und beschloss, nichts mehr zu sagen, doch die beiden ließen einfach nicht locker. Mir war gar nicht bewusst gewesen, dass wir schon in der Cafeteria waren. „Sie war bei mir!“, ertönte eine tiefe Stimme hinter mir und Sally und Nayomi blickten erst Damien und dann mich mit großen Augen an. Ich schloss kurz die Augen und als ich sie wieder öffnete, grinsten mich die beiden so komisch an. Ich schlug mir mit der Hand gegen die Stirn und schüttelte den Kopf. „Können wir jetzt bitte etwas essen?“, versuchte ich das Thema zu ändern und lief schon voraus. Doch etwas später bereute ich es wieder, denn die beiden quetschten mich aus. Wie es dazu gekommen sei und wieso ich es ihnen nicht verraten wollte. Dann kam noch Darwin an unseren Tisch und als er hörte, dass ich bei Damien übernachtet hatte, verschlechterte sich seine Laune so sehr, dass sie schon fast auf uns abfärbte. Außerdem hatte ich den schlechtesten Platz gewählt, da ich so Damien immer in meinem Blickfeld hatte, welcher sich mit seinen Verehrerinnen an einen anderen Tisch gesetzt hatte. Doch das schlimmste war, zusehen zu müssen, wie sich ein blondes Mädchen namens Mavi Gripu, die Oberzicke der Academy, auf seinen Schoß setzte und ihre Lippen auf seine presste und er nichts dagegen unternahm, sondern mir nur tief in die Augen schaute, bis ich den Anblick nicht mehr aushielt und meinen Blick abwandte! Danach war auch meine Laune im Keller und mein ganzes Wochenende ruiniert!

(Leseprobe) Lupus Academy (1) Schatten oder Licht Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt