Kapitel 10

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Die nächste Woche verging ohne Zwischenfälle, aber auch ohne Erfolge. In Verwandlung kam ich nicht weiter und wurde zum Gespött der Klasse. Wenigstens hielten einige von Nayomis Freunden und natürlich auch sie zu mir. Die Patrouillen fielen für mich immer aus. Heute jedoch vielleicht nicht. Ich war fest überzeugt, es heute hinzubekommen. Mein Wecker klingelte an meinem Ohr und ich schlug auf ihn ein, bis er damit aufhörte. Ich gähnte und schleppte mich ins Bad. Der kalte Fußboden knarrte unter meinen Füßen. In Spiegelbild erblickte ich nur jemanden mit zerstruppelten Haaren und dunklen Augenringen. Nachdem ich geduscht hatte, zog ich meine Sachen an und wollte gerade mein Handy nehmen, als draußen der Alarm losging.
Alarm? Mir war nicht bewusst, was das zu bedeuten hatte. Nayomi platzte in mein Zimmer und drängte mich ihr zu folgen.
„Was ist los?”, mein Herz raste und ich blickte mich um. Überall liefen Schüler und Lehrer auf den Hof und scharrten sich in dessen Mitte zusammen.
„Ich habe genauso wenig Ahnung wie du, dass kannst du mir glauben. Aber es muss etwas Schreckliches sein, denn den Alarm benutzt sonst niemand, der es in Griff bekommt.” Nayomi verlangsamte ihre Schritte. Ich drängte mich durch die Masse bis ganz nach vorne. Die Schüler waren blass und die Lehrer diskutierten und drängten die Schüler zurück. Ich glaubte nicht, was ich da sah. Auf dem Platz lag ein Junge. Er hatte längere braune Haare und eine sonnengebräunte Haut.
„Ennic? Oh nein. Nein!”, schrie ein Mädchen etwas von mir entfernt. Um den Jungen, Ennic, war eine Blutlache. Wie war er gestorben?
„Bitte bewahrt jetzt alle Ruhe! Geht zurück zu euren Zimmern, der Unterricht fällt heute fürs erste aus.”, rief Pelagus Adopi. Einige Idioten jubelten, als wäre nicht gerade jemand gestorben. Alle anderen schwiegen, trauerten oder liefen unter Tränen weg. Ich konnte mich nicht rühren. Ich wollte es, jedoch bewegten sich meine Beine nicht.
„Er ist nicht natürlich gestorben, Layla. Das weißt du! Du kannst ihm helfen, du hast die Macht!” Die leise Stimme in meinem Kopf war beruhigend. Die Göttin half mir. In Gedanken antwortete ich ihr, unsicher, ob sie mich verstehen konnte.
„Ich schaffe es nicht einmal, mich zu verwandeln, also wie um alles in der Welt soll ich ihm helfen? Ich bin nicht mutig oder stark und erst recht nicht mächtig!”
„Du unterschätzt dich, meine Liebe. Ich habe dich auserwählt! Dies hatte einen Grund. Ich sehe so viel Potenzial in dir und so viel Charakterstärke! Lass die Verwandlung zu und rette deine Mitschüler vor dem Vampir, der sich dank eines Zaubers vor euch versteckt und sich Zugang zur Akademie verschafft hat.”
Ich verstand es nicht. Ein Vampir hier? Ich wollte es versuchen. Meine Konzentration steigerte sich. Die Geräusche verblassten und waren blad nur noch in meinem Unterbewusstsein da. Meine Sinne schärften sich und ich nahm ein rascheln und dann ein Atmen war. Der Geruch von Blut lag in der Luft und die bedachtsamen Schritte kamen näher. Sonst nahm niemand Notiz von ihm.
Nur ich.
Ich allein.
Die Schüler schrien, als er durch die Luft flog. Er stürzte sich auf einen der Umherstehenden, die Fangzähne bereit, sich in die Halsschlagader zu bohren. Die Zeit verlangsamte sich. Meine Knochen verformen sich. Die Hände würden zu Tatzen und die Haut wurde mit Fell überzogen.
Das war mein Wolf.
Mein zweites ich. Die Pfoten schlugen auf dem Stein auf, als ich durch die Schülermenge rannte. Der Wind streifte über das Fell. Die Hinterpfoten stießen sich vom Asphalt ab und ich sprang. Flog durch die Luft. Erwischte das Fleisch des Gegners.
Das kalte Blut des Vampirs strömte aus seiner Wunde in meinen Mund, befleckte mein Fell. Ich zog ihn mit nach unten auf den Boden, wo wir hart aufschlugen. Immer wieder rammte ich meine Zähne in seine Haut. Er schrie wie wild und kratzte mich, versuchte mich zu beißen.
Es gelang ihm nicht. Ich erkannte mich nicht wieder. Ich wollte niemanden töten, doch er hatte es verdient. Meine Wut war groß, aber ich war immer noch ich. Ich wollte keine Mörderin sein. 
Ich ließ von ihm ab. Er lebte noch, hatte aber schwere Wunden. Um uns herum war es still. Sie schauten mich an. Ich konnte ihre Gesichtsausdrücke nicht deuten, ob sie schlecht oder gut waren. Langsam ging ich von dem Vampir weg, ihn aber weiter im Blick behaltend. Er kam nicht davon, auf keinen Fall. Ich schlich umher, einige Schüler wollten nicht zurückweichen und ich knurrte sie an. Erschrocken wichen sie zurück. Wie konnten sie nur so dämlich schauen und nichts unternehmen? Der Vampir hustete und spuckte Blut. Er war an Ennics Tod schuld. Ich kannte Ennic zwar nicht, aber Lakota hatte von ihm gesprochen. Er war anscheinend ein sehr lustiger, fröhlicher Junge gewesen. Die Göttin brachte mich in die Realität zurück.
„Gut gemacht Layla. Ich bin stolz auf dich. Nicht nur, dass du dich verwandelt hast, sondern auch, dass du über deine Wut hinweggesehen hast. Nun bist du bereit, Ennic zu helfen.”
Meine menschliche Gestalt wieder annehmend ging ich auf den toten leblosen Körper vor mir zu. Als ich ihn erreicht hatte, kniete ich mich vor ihn hin. Eine Hand ausgestreckt über ihn haltend, konnte ich seine Seele spüren.
Echt seltsam!
Es war etwas leicht Pulsierendes im Inneren seines Herzens. Sie war nur noch sehr schwach, was daran lag, dass er noch nicht sehr lange tot war. In Gedanken griff ich nach dieser Seele, zog sie zurück in den Körper und wusste, dass die Lebensenergie zurückkam. Doch allein dadurch konnte er es nicht schaffen. Ich berührte ihn ganz leicht und konnte die Wärme spüren, die aus meiner Handfläche zu strömte. Dann hörte ich Ennic einatmen und wusste, dass ich es geschafft hatte. Ich hatte ihn von den Toten zurückgeholt und ich hatte ihn geheilt. Ich kippte nach hinten und wurde von starken Armen vor dem harten Boden gerettet. Damien blickte mich besorgt an, doch in seinem Blick lag auch so viel mehr. Die Welt um mich herum verschwand und ich tauchte in die Dunkelheit ein.
Mal wieder!

(Leseprobe) Lupus Academy (1) Schatten oder Licht Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt