Lupana schaute mich aufmerksam an. Sie hatte meine Angst gespürt.
„Nein. Du bist nicht tot. Ich habe dich in einem Traum zu mir geholt. Du schläfst sozusagen.” Erleichtert atmete ich auf.
„Warum bin ich hier?”, fragte ich und sah ihr in die Augen.
„Nicht viele Lupi bekommen mich zu Gesicht, wie du dir bestimmt denken kannst. Du bist nicht wie die anderen. Deine Gabe ist das Leben. So wie du den Jungen in der Akademie gerettet hast. Ich habe dir diese Gabe verliehen, weil ich etwas in deinem Herzen gesehen habe, etwas, dass stärker ist als der Tod und der Hass, der momentan das einst friedliche Luxaria beherrscht.” Ich hörte sie zwar deutlich, aber es schien mir surreal. Ich wusste vor ein paar Monaten nicht einmal, dass es diese ganze Welt gab und jetzt erzählte mir eine Göttin, dass ich etwas Besonderes sei und eine Gabe habe.
„Du hast wahrscheinlich viele Fragen und ich bin bereit, sie zu beantworten, aber zuvor möchte ich dich in Sicherheit wissen. Du bist die Hoffnung Luxarias.” Und mit diesen Worten verblasste diese friedliche, wunderschöne Welt um mich herum und wich einer alles verschlingenden Dunkelheit. Neben mir hörte ich gleichmäßige Atemzüge. Er schlief also. Langsam setzte ich mich auf. Der Schmerz war weg. Vorsichtig tastete ich nach der Wunde, aber außer geronnenem Blut war nichts mehr da. Als ich aufstand, wurde mir kurz schwindelig und ich stolperte zu Wand. Hielt mich an ihr fest. Das Geräusch hatte Damien geweckt. Verschlafen setzte er sich auf und versuchte mich in der Dunkelheit zu erkennen.
„Geht es dir gut?”, fragte er besorgt.
„Ja alles bestens. Meine Wunde ist verschwunden!”, in meiner Stimme schwang immer noch Verwirrung mit. Damien stand auf und lief zu mir.
„Das ist eigentlich nicht möglich! Lass mich mal sehen!” Er glaubte mir also nicht. Er war immer noch derselbe arrogante Sturkopf! Mein Herzschlag beschleunigte sich ungewollt, als ich seine warme Hand auf meiner Hüfte spürte. Wie sie über meine unversehrte Haut streichelte und überall, wo sie war einen Schauer über meine Haut laufen ließ. Seine andere Hand war neben meinem Kopf an den Stein gedrückt. Ich konnte nichts gegen diese Anziehung tun. Wie gebannt beobachtete ich seine in der Dunkelheit leuchtenden Augen, wie sie über meinen Körper huschten. Trotz der immer noch herrschenden Kälte frohe ich nicht. Er strahlte so eine enorme Wärme aus, dass sie uns beide zu wärmen schien. Als seine Hand über den dünnen Stoff meiner Hose zu meinem Bein wanderte schnappte ich nach Luft. Das ließ ihn aufschauen. Seine eisblauen Augen trafen meine. Seine Augen schienen irgendwie heller zu leuchten, als sie es sonst immer taten. Sie beobachteten mich und nahmen jede Regung und jede Bewegung von mir wahr. Mein Herzschlag beschleunigte sich noch etwas mehr und mir wurde ganz warm. Ich hatte mich doch tatsächlich in diesen Jungen, welcher so nah vor mir stand, verliebt. Mir kam es vor, als ob er immer näher kam. Unsere Schuhspitzen berührten sich bereits. Die Hand, welche zuvor an meinem Bein war legte sich nun wieder auf meine Hüfte. Sollte ich vielleicht etwas sagen? Nein. Selbst wenn, würde ich kein Wort herausbringen. Ich hörte Damiens Herz genauso schnell schlage wie meins. Oder war es nur meins?
„Was machst du nur mit mir?”, flüsterte er mir ins Ohr. Er hob seine Hand und strich über meine Wange. Plötzlich wich er einige Schritte von mir und sofort schlug mir eine eisige Kälte entgegen.
Dann merkte ich den Grund seines Weichens. Er hatte ein Geräusch aus der Finsternis bemerkt. Gebannt stand er vor mir und lauschte. Dann hörte ich es auch.
„Was ist das?”, flüsterte ich.
„Bestimmt nichts Gutes!” Ein knurren. Dann ein kratzen. Darauf folgte ein blitzen zweier Augenpaare etwas weiter vor uns. Ich bemerkte weiter links noch ein drittes Augenpaar. Krallen stießen auf Stein. Meine Augen fassten langsam Umrisse auf. Sie kamen näher und näher. Wie als hätte jemand ein Licht angeschaltet erschien über deren Köpfen ein gleißend weißes Licht. Ich musste die Augen schließen, weil es so sehr brannte. Als ich sie wieder öffnete, sah ich Damien umzingelt von zwei riesigen Tigern. Tigern mit Flügeln. So etwas Schönes hatte ich noch nie gesehen. Sie zogen mich in ihren Bann. Doch waren da noch drei Augenpaare in der Dunkelheit gewesen! Oh man. Das war gar nicht gut. Über mir rieselten Steinchen hinunter. Mein Blick ging langsam nach oben. Große graue Augen blickten in meine. Doch boshaft waren sie nicht. Sie blickten interessiert. Das Tier ließ sich auf den Boden fallen. Seine riesige Schnauze streifte mein Ohr und dann meine Wange. Ich hielt die Luft an. Wartete auf den Angriff.
Nichts geschah. Der Tiger stupste mich noch einmal an. Sollte das eine Aufforderung sein? Ganz langsam und vorsichtig hob ich meine Hand und berührte die weiche Schnauze. Ein grollendes Geräusch zerriss die Stille. Irrte ich mich, oder war das eine Art schnurren? Das weiche seidige Fell kitzelte meine Finger. Ich schaute zu Damien, welcher immer noch zwischen zweien von diesen seltsamen Tieren stand und mich fasziniert und etwas entgeistert anschaute.
Ich grinste ihn an. Etwas in seinen Augen blitzte auf, doch ich konnte es nicht zuordnen.
„Ich hätte nicht gedacht, dass ich das noch bei jemand anderen sehen würde!”, rief eine fremde Stimme aus dem dunklen Teil der Höhle. Damien und ich zuckten beide gleichzeitig zusammen.
Wer war das und was wollte er?
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(Leseprobe) Lupus Academy (1) Schatten oder Licht
FantasyAb sofort als Taschenbuch und eBook erhältlich. Eine neue Welt, eine neue Identität und neue Abenteuer. Was kann da schon schief gehen? Wenn die Ereignisse eine immer seltsamere Wendung nehmen und das Leben nicht mehr normal zu sein scheint, ist ei...