Kapitel 16

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„Wer ist da?”, fragte Damien in die Dunkelheit hinein. „Ich warne dich. Wenn du dich nicht sofort zeigst, werde ich dich hohlen und dir die Kehle durchbeißen!” Seine Wörter hallten von den steinernen Wänden wieder.
„Ok schon gut!”, beschwichtigte die Stimme.
„Ich will nichts Böses. Ich komme eigentlich sogar in Frieden, könnte man so sagen!”
Aus dem Schatten tauchte die Gestalt eines Jungen auf. Seine weißblonden Haare hingen ihm in die Stirn. Er pfiff einmal und die Tiger liefen zu ihm. „Ich bin Arnor Elladan und ihr befindet euch auf dem geheimen Land der Lichtelfen. Ich bin hier, um euch zu unserer Königin zu bringen und theoretische auch um euch zu retten.” Von der Seite hörte ich ein tiefes Knurren, was in der Stille wie Donner klang. Mir war gar nicht bewusst gewesen, dass Damien sich verwandelt hatte und nun als großer Schattenwolf vor dem schlanken aber trotzdem muskulösen Lichtelfen stand.
„Wieso sollten wir dir glauben?”, ich war selbst über die Stärke in meiner Stimme überrascht.
„Weil ich eure einzige Hoffnung bin, hier raus zu kommen!”, antwortete Arnor mit ruhiger Stimme. Das klang logisch, musste ich zugeben.
„Und selbst wenn ihr euch weigern würdet, müsste ich euch trotzdem mitnehmen. So oder so. Euch bleibt keine andere Wahl.“ Nach mehreren Minuten des Diskutierens gab ich nach. Damien hatte sich soweit wieder beruhigt, dass er sich zurückverwandelt hatte. Einer der Tiger kam auf mich zu und ich kraulte ihn hinter seinen riesigen Ohren.
„Ihr müsst aufsteigen. Ich liege schon weit hinter meinem Zeitplan zurück.”, sagte er, bevor er mit einer Geste zu einem Tiger zeigte. „Ihr solltet lieber sie nehmen, denn Garly dort drüben ist viel scheuer und misstrauischer anderen gegenüber als Morly und der dort ist meiner!” Morly war der Tiger, welcher bei mir stand. Sie war wirklich sehr freundlich und verschmust. Das Wesen des Tieres war also kein Problem. Das Problem war ihre Größe. Wie um alles in der Welt sollte ich auf den Rücken eines 3 oder 4 Meter hohen Tigers kommen. Doch daran hatte Damien anscheinend schon gedacht, denn er hob mich, als würde ich nichts wiegen, hoch und ich kletterte richtig auf dem Rücken. Ich sah, wie Damien den Tiger zu ein paar Felsen führte. Dort stieg er empor und nahm hinter mir Platz. Ich spürte seine muskulösen Oberkörper an meinem Rücken. Er griff um mich herum, um ein an jeder Seite von Morly hängendes Seil zu ergreifen und somit den Tiger zu führen. Mit einem Befehl von Arnor breitete der Tiger seine Flügel aus. Warum hatte ich die Flügel eben nicht gesehen? Mit einen Ruck stiegen wir nach oben in die Luft. Beinahe hätte ich das Gleichgewicht verloren, wenn Damien mich nicht festgehalten hätte. Wir stiegen höher und höher und ich konnte das Licht der Sonne wieder sehen. Es blendete mich, doch meine Augen gewöhnten sich schnell daran und ich blickte zu Arnor hinüber, welcher neben uns flog. Garly, der dritte Tiger flog auf unserer anderen Seite, wie um uns vor dem fliegen zu hindern.
„Wo fliegen wir hin?”, schrie ich hinüber.
„Die tote Ebene ist unterirdisch, einen kleinen Teil zumindest, unser Reich. Wir fliegen über dieses Gebiet auf die andere Seite. Also fliegen wir über das Land der Elben.”, schrie er zurück. Es gab eine andere Seite und ein Elbenland? Ich drehte mich halb um und blickte Damien ins Gesicht. Er saß so dicht hinter mir, dass ich meinen Kopf in den Nacken legen musste.
„Ich dachte Luxaria und die tote Ebene sind die einzigen Gebiete hier!” Nun musste ich nicht mehr schreien, aber meine Stimme erschien mir dadurch viel zu leise.
„Luxaria ist nur eines von vielen Ländern. Du kannst dir vorstellen, dass die tote Ebene der Mittelpunkt ist. Um dieses Gebiet herum befinden sich  fünf Gebiete. Eines davon ist Luxaria. Diese Gebiete sind jeweils von Flüssen getrennt. Niemand betritt freiwillig die tote Ebene oder eines der anderen Länder. Ein Bündnis hat dies so festgelegt, damit kein Krieg und keine Mischung der Völker stattfindet.”, erklärte er mir.
„Die Mischung der Völker? Das ist doch krank. Wer denkt sich den so ein Bündnis aus? Niemand kann vorschreiben, wen man lieben soll.”, in meiner Stimme schwang Unglauben und Fassungslosigkeit mit. Ich konnte es nicht glauben.
„Früher brach oft deswegen Krieg in den Ländern aus. Warum, weiß ich auch nicht. Doch die großen Fünf, die Herrscher über die Länder, trafen sich und schmiedete ein solches Bündnis, welches so etwas vereitelt. Die Luxaria, unsere frühere Herrscherin, enthielt sich, da die Lupus sich nie in eine andere Rasse verlieben können.” Was er sagte verstand ich nicht. Es erschreckte mich sogar ein wenig.
„Wie meist du das? Ist das nicht total bescheuert. Und was ist mit den anderen Ländern. Du hast doch gesagt, dass es fünf Länder gab und sich nur Luxaria enthalten hat. Wer sind die anderen?” Eines dieser Länder ist bestimmt das Land der Elfen. Dann gab es bestimmt noch die Vampire, aber sonst hatte ich ehrlich gesagt keine Ahnung.
„Bei uns Lupus gibt es Gefährten. Jeder hat seinen Seelenverwandten und deshalb ist die Liebe zu einer anderen Rasse ausgeschlossen. Und was die anderen Länder angeht, hast du wohl das Recht, alles zu erfahren. Es gibt Luxaria mit dem uralten Geschlecht der Lupus. Ein anderes Land ist das der Vampire. Es heißt Lacrima. Das Land der Zwerge trägt den Namen Barrdall. Das vierte Land ist das der Elfen, Saelind. Es bedeutet, soviel ich weiß, das weiße Herz, da das Volk der Elfen oder auch das der Elben als das freundliche und lichte Volk angesehen wird. Ihre Königin ist Elanor. Aber die Elfen sind tückische Biester, meint zumindest mein Vater! Und das letzte Land ist das Drachenland Zilant. Dort liegt das Drachenzahngebirge mit dem Drachenrat.” Das hatte ich gesehen, als ich zum ersten Mal für das Portal getreten war. Damals fand ich es sehe aus wie eine Klaue oder ein Zahn.
„Aber wie bekommt ihr dann Befehle von den Drachen und vor allem warum?”, fragte ich ihn, während ich gespannt wartete.
„Die Drachen sind die ältesten Geschöpfe und auch die Erschaffer der Welten. Sie sind mehrere Jahrtausende alt und wissen so viel mehr, als die Herrscher der Länder. Die Drachen haben dem Bündnis zugestimmt, da sie wussten, dass es für Ruhe und Frieden, wenigstens für einige Zeit, sorgen würde. Zur Sicherung des Bündnisses hat der Wasserdrache Hertaz die Flüsse, zur Begrenzung der Länder erschaffen. Doch sonst halten sich die Drachen eher im Hintergrund und mischen sich nicht so oft ein. Ab und zu ist es einigen Geschöpfen dieser Welten gelungen, unter anderem auch einigen Lupus, diese Welt zu verlassen und auf der Erde zu verharren. Die Drachen sorgen dann wieder für Ordnung, indem sie uns Aufträge geben. Sie zurückzuholen oder zu jagen zum Beispiel.”, mit einen wissenden Blick fügte ich hinzu:„ So, wie ihr mich holen solltet und Mortas jagen, richtig?”. Daraufhin nickte er. Jetzt verstand ich es wenigstens etwas besser und die Puzzelteile in meinem Kopf fügten sich Stück für Stück zusammen. Ich drehte mich wieder um und schaute in den Sonnenuntergang vor uns. Ich hatte fast schon geglaubt, als wir in der Höhle waren, dass ich nie wieder einen sehen würde. Wie sich der blaue Himmel in einen roten verwandelte und die ganze Welt in sein Licht tauchte. Wie die Sonne langsam hinter den Horizont verschwand und so die Nacht ankündigte. Waren wir wirklich schon so lange unterwegs? Ich merkte, wie meine Lieder immer schwerer wurden, doch trotzdem versuchte ich gegen den Schlaf anzukämpfen. Schließlich verlor ich jedoch und meine Augen schlossen sich. Ich lehnte mich an Damien’s Brust und schlief ein. Das erste Mal, seit meiner Flucht aus der Academy, schlief ich ohne Albträume.

(Leseprobe) Lupus Academy (1) Schatten oder Licht Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt