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Reich seufzte genervt. Müde strich er sich übers Gesicht.

,, Sowjet ist mein Gefangener. Ich entscheide, nicht du.", murrte er und entriss seinem Gegenüber den Auslöser. Er klang beinahe schon besorgt. Insgeheim war er es.

Das Gesicht des Gastes sah Reich nun stutzig an. Aber er sagte nichts dazu.

,, Jedenfalls ist es an der Zeit die Verhandlungen zu starten. Wir wollen ja kein Risiko eingehen. Wenn wir ihn zu lange behalten möchten sie ihn vielleicht gar nicht zurück. Deshalb brauchen wir einen guten Zeitraum, vielleicht Herbst... Ansonsten ist er natürlich viel wert.", beteuerte der Jüngere während er mit den Fingerspitzen über den Schreibtisch fuhr, geradewegs zu einem dünnen Papierordner.

Deutschland sah auf und hatte eine kühle Miene aufgesetzt.

,, Du darfst auf keinen Fall eine Bindung zu ihm aufbauen. Wenn so etwas zu stark wird ist es mit unserem Plan aus.", redete er auf sein Gegenüber ein, ,, Das Vertrauen, dass du ihm gibst ist bereits zu viel. Letztendlich lässt du ihn zu nahe an dich, dann nimmst du ihm sicherlich schon die Fußfessel ab."

Der letzte Satz brachte das Fass zum Überlaufen.

Empört durchbohrte Reich ihn mit seinem vernichtenden Blick.

,, So weit kommts noch.", zischte er gereizt.

Der junge Mann ihm gegenüber verzog sein Gesicht kaum merklich.

,, Es war nur ein Rat meinerseits auf der professionellen Ebene zu bleiben.", entgegnete er ruhig.

Deutschland gab ihm einen durchdringenden Blick, dann schritt er erhobenen Hauptes aus dem Arbeitszimmer.

Als er auf den Flur trat sah er an dessen Ende ein Dienstmädchen stehen, welches ihn mit großen Augen ansah. Nachdenklich gestimmt begab er sich zur Treppe.

Reich war unentschlossen. Immer noch saß er an Ort und Stelle. Er hatte gerade einmal wenige Minuten dort gesessen, dabei war für die Besprechung eine volle Stunde eingeplant.

Er hatte nicht oft Besuch. Das war ein Fakt.

Er besaß auch keine wirklichen Freunde. Das war ebenfalls offensichtlich.

Den Abend ließ er Sowjet das Essen aufs Zimmer bringen. Nicht nur das, auf dem Tablet lag noch eine Notiz, feinsäuberlich verfasst. 

Verwundert nahm Sowjet ihn in die Hand.

Zusammenfassend war es eine kurze Entschuldigung die den plötzlichen Stromschlag am Vormittag betraf. Es war keine weitere Erklärung dabei, Reich nannte auf dem Papier keinen Grund. Natürlich wusste Sowjet ihn.

Während er ihn also immer und immer wieder las war er positiv überrascht.

Doch dachte er an den Gast zurück, dessen Schuld es höchstwahrscheinlich war.

Deutschland.

Woher kannte er den Burschen? Er war doch noch jung, Sowjet hätte ihn als Kind bestimmt einmal gesehen.

Jedoch fiel es ihm schwer sich an ihn erinnern zu können.

War er eigentlich ein Teil von Reichs Familie?

Kurz darauf plagte Sowjet eine andere Frage:

Hatte Reich keine Familie? Deutschland könnte ein Verwandter sein. Aber hatte er keine Kinder?

Eine Frau hatte Sowjet ja selber nicht recht, aber der Deutsche?

Insgesamt war er doch sehr einsam...

Sowjet erwischte sich, wie er Mitleid empfand. Stumm legte er seine Hände um eine Tasse Tee.

Er meinte sich zu erinnern, wie er daheim saß, vor dem Kamin in seinem Sessel... 

Vor seinen Kindern die auf dem Teppich vor ihm spielten.

Tränen schossen in seine Augen.

Seine Kinder.

Bella...

Russland...

Seine Söhne und seine Töchter.

Er versuchte, alle ihre Namen auf zu zählen. Auch die, die bereits ausgezogen waren.

Es gelang ihm nicht.

Vereinzelte Namen, manchmal noch die kindlich, rundlichen Gesichter vor seinem Auge...

Sonst nichts.

Ihm entwich ein zitterndes Seufzen.

Wie gern wäre er zu Hause...

Guilty | Countryhumans | IFBGachaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt