2. Michael - von unmoralischen Angeboten

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2. Michael - von unmoralischen Angeboten

Coldplay - Christmas Lights

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Verdammt. Verdammt. Verdammt!!! Was tat ich hier? Wie bescheuert konnte man nur sein? Es war ein Fehler! Ein riesengroßer Fehler hierherzukommen. Aber ehrlich gesagt hätte ich keine Sekunde länger diese Schuldgefühle ertragen.

Die letzten Monate, Wochen, Tage, Stunden waren die Hölle gewesen. Auf der einen Seite war da diese Sehnsucht nach ihm, auf der anderen Hass mir selbst gegenüber und eben jener Haufen an Schuldgefühlen. Und dieser verdammte Berg wuchs und wuchs täglich.

Wie oft hatte ich den Tag verflucht, als ich in ihn gelaufen war? Als ich ja sagte, nachdem er mich auf einen Kaffee einlud, statt mich zu entschuldigen und das Weite zu suchen. Der Tag, der mein Leben erneut auf den Kopf gestellt hatte. Lediglich auf eine ganz andere Art und Weise. Das war auch der Augenblick, in dem die Schuldgefühle anfingen und seit dem nicht mehr aufhörten.

Aber ich konnte ihn einfach nicht vergessen. Ein Jahr lang hatte ich es versucht. Es wirklich versucht. Tag für Tag, aber es ging einfach nicht. Er war mein erster Gedanken am Morgen, mein letzter am Abend und in der Nacht, ja da träumte ich von ihm. Von ihm und von Lukas.

Wachte morgens schweißgebadet auf und hasste mich noch mehr. Das ich die Menschen, die ich liebte, immer verletzten musste? Was war nur falsch mit mir?

„Ich weiß ...", hauchte ich schuldbewusst und blickte erneut auf meine Schuhe. Mein Therapeut sagte mir, ich sollte mich öffnen. Meine Gefühle akzeptieren. Mir vergeben, vor allem, weil es scheinbar seiner Meinung nach nichts zu vergeben gab. Ich wusste nicht, ob er wirklich recht mit seinen Worten hatte, denn all das, was passiert war, fühlte sich immer noch falsch an. Außerdem fand ich, ging es dabei viel zu oft um mich, hier jetzt auch. Statt ihn in Ruhe zu lassen, war ich hier, weil ich es nicht mehr ohne ihn ausgehalten hatte. Ohne mir vorher Gedanken darüber zu machen, was ich mit meinem Auftritt bewirkte. Gut, das war so nicht ganz richtig. Ich hatte mir nämlich so oft vorgestellt, wie es sein würde, ihm gegenüber zusteht. Was ich sagen würde. Was er sagen würde. Und doch, stand ich nun hier und mir fehlten die Worte. Ich wusste nicht recht, wie ich anfangen sollte.

„Ich denke du solltest gehen.", presste er hervor und rang sichtlich um Fassung. Ich hatte ihn mit meinem Auftauchen voll erwischt. Natürlich, wer konnte es ihm verdenken? Er hatte mit Sicherheit nie wieder mit mir gerechnet. Ich hingegen hatte seit Monaten keinen Tag mehr erlebt, an dem ich nicht mit dem Gedanken gespielt hatte, ihn wieder zusehen. Endlich zu ihm zugehen und doch hatte mir bisher der Mut gefehlt.

Und dann kam heute. Der Tag, der Tage. Der Tag, der falschen Entscheidungen. Der Tag, an dem ich vor einem Jahr, ein Feigling gewesen war und statt mich dem Leben zu stellen, einfach das Weite suchte. Es erschien mir als der leichtere Weg. Damals. Heute wusste ich, dass es der Schwerste war, den ich gehen konnte und letzten Endes damit nur alles kaputt gemacht hatte.

„Nein.", kopfschüttelnd stand ich da, mit hängenden Schultern und Tränen in den Augen. Ich konnte nicht gehen. Nicht, bevor er die ganze Wahrheit erfuhr. Warum ich gehen musste, oder besser gesagt, warum ich damals dachte, gehen zu müssen. „Können wir reden?", bat ich ihn und steckte meine Hände tief in meine Manteltaschen. Umklammerte das Päckchen Zigaretten, dass ich mir damals tatsächlich geholt hatte, aber nie im Stande war aufzumachen. Hatte seit damals auch keine einzige mehr geraucht. Ich konnte es einfach nicht mehr. Sie wurde zu einem Symbol für meine Feigheit. Für meinen Verlust. Für meine Sehnsucht nach ihm.

„Was soll das bringen?", keuchte er fassungslos und gestikulierte wild, in dem Versuch, wohl ein tatkräftiges Argument zu finden, mich vor die Tür zu setzten. „Weil ich möchte, dass du weißt, warum ich dachte, gehen zu müssen.", gab ich ehrlich zu und zuckte etwas verzweifelt mit den Schultern. „Weil ich dich immer noch liebe ...", setzte ich noch leiser hinzu und blickte flüchtig in seine Augen. Kurz leuchtete das helle Braun auf, bevor es wieder dunkel wurde und die Hoffnung mit sich nahm.

Last Christmas - my fuckig life as a x-mas soundtrack Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt