Teil II. Kapitel V. Roberto

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Gestern habe ich noch einen sehr schönen Abend mit Victoria verbracht, zum Sex kam es allerdings nicht. Sehr zu ihrem Bedauern, aber ich konnte es einfach nicht. Sie ist sehr nett und sympathisch und ich möchte nicht ausschließen, dass ich irgendwann Lust bekommen werde, mit einer anderen Frau zu schlafen. Aber jetzt ist das noch nicht der Fall.

Dafür mache ich mir heute ganz neue Hoffnungen. Denn heute werde ich endlich Roberto treffen und ihn näher kennenlernen. Er ist heute Vormittag noch auf dem Hof, am Nachmittag macht er seine Runde in der Stadt und den Abend verbringen wir dann gemeinsam wieder hier auf dem Hof.

Er hatte mir auch angeboten, dass ich bei seiner Tour mitkommen könnte, aber leider habe ich mich heute Nachmittag zum Kutschdienst gemeldet und bisher habe ich niemanden, der mit mir tauschen kann oder möchte.

„Dann nehme ich eben das nächste Mal mit!" hatte Roberto gesagt, wesentlich entspannter als gestern. Bevor ich heute Vormittag meinen Dienst auf der Weide antreten werde, möchte ich aber mit Herrn Freudenreich sprechen. Diese merkwürdigen Gebäude im Nordosten gehen mir einfach nicht aus dem Kopf.

Den Weg zu seinem Büro kenne ich schon, über das Treppenhaus im Foyer steige ich hinauf bis zum Turm und drücke auf die Klingel mit der Aufschrift: C. Freudenreich Büro. Schon kurze Zeit später erklingt ein akustisches Signal und ich kann die Tür aufdrücken.

Herr Freudenreich sitzt an seinem Schreibtisch und lächelt mir höflich zu.

„Hallo Möhrchen. Was führt dich zu mir? Wo drückt der Schuh? Oder besser gesagt der Boot?" Er lacht über seinen eigenen Witz und bietet mir dann etwas zu trinken und einen Platz an.

„Es ist eigentlich nichts, Herr Freudenreich, aber..."

„Bitte, nenn mich Clemens, Möhrchen". Schüchtern lächle ich. Mir wäre es lieber, er würde mich Anja nennen, wenn ich auch als Anja und nicht als Möhrchen hier bin. Aber das spreche ich nicht an. Clemens macht zwar bisher auf mich einen sehr freundlichen Eindruck, trotzdem möchte ich es mir nicht mit ihm verscherzen.

„Sprosse und ich haben gestern in unserer Freizeit einen kleinen Ausflug über das Gelände gemacht und dabei sind wir auch in den nordöstlichen Teil des Klubgeländes gekommen. Noch hinter den Schweineställen. Dabei ist uns eine Geisterstadt aufgefallen, mehrere verlassene und zum Teil verfallene Häuser und eine Halle am Ende einer asphaltierten Straße. Die Gebäude werden, soweit wir das einschätzen konnten, nicht genutzt und weil Sprosse auch nicht wusste, was es damit auf sich hat, dachte ich, ich frage Sie... ähm... dich, Clemens".

Clemens hat aufmerksam zugehört, seine Augen leuchten ein wenig, schließlich nickt er langsam, so, als würde er etwas nach einer langen Zeit endlich verstehen.

„Ihr seid zwei sehr neugierige Ponys. Aber ich schätze, dass ich euren Abendteuergeist an dieser Stelle etwas enttäuschen muss. Und der Begriff ‚Geisterstadt' ist wohl etwas übertrieben, oder nicht? Aber du sollst deine Antwort bekommen, Möhrchen. Lange bevor ich das Anwesen hier gekauft habe, gab es östlich von hier eine große Fabrik. Und so wie es damals üblich war, gab es unweit davon eine Siedlung, in der die Fabrikarbeiter günstig mit ihren Familien leben konnten. Und dazu gehören diese Häuser und auch die Halle, schließlich wollte man sich nach einem harten Arbeitstag in der Fabrik etwas vergnügen. Im zweiten Weltkrieg wurden dann aber die Fabrik und ein großer Teil der Siedlung zerstört. Lange ruhte das Gelände mit den Gebäuden, die die Angriffe mehr schlecht als recht überstanden hatten, bis ich das Anwesen in jungen Jahren kaufte. Oder sagen wir in jüngeren Jahren. Ich wollte unbedingt ein quadratisches Gelände und diese paar Gebäude und die Halle gehörten einfach dazu. Kurz hatte ich die Idee, dass ich doch dort die Tiere unterbringen könnte, die auf dem Hof wohnen, diese Idee habe ich aber schnell verworfen. Dann wollte ich dort die Chauffeure unterbringen, deshalb auch die asphaltierte Straße. Das habe ich versucht, aber es hat nicht besonders lange funktioniert. Die Chauffeure wollten lieber in der Stadt bei ihren Familien wohnen und die Familien konnten nicht hierhin, weil... Nun ja, wir machen nichts Verbotenes, aber du wirst verstehen, wieso das Klubgelände und sein Inventar nicht das Beste für eine junge Familie mit kleinen Kindern ist. Also zogen die Chauffeure weg und weil ich keine andere Verwendung für die Gebäude hatte, verfallen sie langsam".

Der Petplay Hof - Wo sich HuCow und Ponygirl Gute Nacht sagenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt