Ich bin verlobt.
Mit dem Mann meiner Träume. Ein Mann, mit schwarzen kurzen Haaren, blauen Augen, einem charmanten Lächeln und einer tollen Persönlichkeit. Ein Mann, der mir Freiheiten gibt - Freiheiten ermöglicht, die ich vorher nicht hatte.
Mauricio Suarez. Mein Ehemann.Er ist schon wieder zu spät. Erst vor drei Tagen haben wir uns mit seinen Freunden getroffen und ich musste peinlichen Smalltalk führen, bis er dreißig Minuten später durch die Tür kam. Er ist immer zu spät. Das ist okay – es gibt keinen Grund sich aufzuregen. Er muss wahrscheinlich wieder arbeiten. Er besitzt drei Jobs, um sich über Wasser zu halten.
Es wäre so leichter, wenn er einfach mein Geld annehmen würde. Im Gegensatz zu ihm, habe ich meinen Abschluss gemacht und führe ein kleines Unternehmen, was sich mit Finanzierung und Management auseinandersetzt. Es hat lange gedauert, aber ich habe es endlich geschafft. Meinen Namen auf einer Visitenkarte und auf einem großen Schild über meinem Büro.
Ich habe es endlich geschafft.
Raus aus der Kleinstadt und in das große Leben. Meine Familie musste ich jedoch zurücklassen, da ich es nicht mehr ausgehalten habe.
Mein Bruder hat sich seitdem er in die Pubertät kam, von allen abgewendet und redet kaum mit uns. Meine Mutter gibt mir dafür die Schuld und ich konnte ihren Narzissmus nicht mehr aushalten. Deswegen habe ich beschlossen wegzuziehen. Weg von meiner Heimat, weg von meinen Freunden, Familie und von meinem geliebten Red Dance Club. Weg von allem, was mich in den letzten Jahren tagtäglich gejagt hat.Die Tür meines Apartments rüttelt und geht auf, bevor Mauricio durch diese kommt.
„Tut mir leid, kleines", sagt er, bevor er die Tür hinter sich schließt und seinen Schlüssel in die Schale wirft.
Dieser Spitzname - kleines. Ich hasse ihn.„Kein Grund sich zu entschuldigen", sage ich, küsse ihn auf die Wange, greife nach seiner Jacke und hänge sie am Kleiderhacken auf. „Können wir los?", frage ich und zeige auf die Uhr an meinem Handgelenk. Er schüttelt den Kopf. Nicht schon wieder. „Tut mir leid, aber ich muss gleich nochmal raus. Meine Firma hat mich angerufen ob ich aushelfen kann und ich habe zugesagt", sagt er und zieht sich sein T-Shirt aus. Dieses wirft er auf die Waschmaschine in meiner Abstellkammer und wirft die kleine Tür zu.
Der Mann macht alles, um seine Miete zu bezahlen, obwohl ich ihm so oft angeboten habe, einfach bei mir zu wohnen. Immer wieder lehnt er mein Geld ab, sei es, wenn wir essen gehen, wenn es ums Einkaufen geht oder sogar ums tanken. Dabei will ich ihm doch nur helfen. „Okay, dann gehe ich mir aber wenigstens noch etwas zu trinken holen und was zu essen. Magst du auch etwas?", frage ich und stehe im Türrahmen. „Irgendetwas, was mich lange wachhält", sagt er und küsst mich auf den Mund, bevor ich aus der Tür verschwinde.
Mit meiner Tasche in der Hand laufe ich aus meinem großen Apartmentkomplex und zu meinen Wagen. Ich habe alles, was ich jemals wollte. Ein eigenes Apartment im letzten Stock, ein abbezahltes Auto, teure Klamotten und einen Partner.
Einfach alles.Meinen Wagen parke ich etwas abseits und laufe zu dem kleinen Café. Dort kann ich leider nicht parken. So gut wie der Laden auch ist, so schlecht und gefährlich ist die Nachbarschaft und ich will mir ungern ein neues Auto kaufen müssen.
„Coco?", ruft jemand meinen Namen und ich laufe zum Tresen. „Hier dein Iced Cappuccino, deinen Schokoladen Brownie und noch einen Boostea - lass es dir schmecken", grinst mich der Mann an, bevor er mir die Sachen überreicht und sich wieder umdreht. Mit einer Gabel in der Hand, mache ich mich über meinen Brownie her.
Ich habe mir angewöhnt, die Sachen gleich im Laden zu essen - wenn sie nämlich gut sind, kann ich sie einfach erneut bestellen, ohne wieder zurücklaufen zu müssen. Schlau, oder?Nachdem ich die Gabel niedergelegt habe blicke ich nach draußen. Es hat angefangen zu regnen und es ist stockdunkel. Es ist gefährlich durch die Nachbarschaft zu laufen, mit der ständigen Angst im Nacken verfolgt zu werden. Mauricio holt mich leider nicht ab. Er ruht sich vor der Arbeit aus und da will ich ihn nicht stören.
Mein Blick fällt auf einen teuren schwarzen Sportwagen, der genau vor dem Café parkt. Was macht denn so ein Wagen in dieser Umgebung? Auf jeden Fall ein Tourist. Mein Blick huscht zur Tür, als diese aufgeht und ein in schwarz gekleideter Mann das Café betritt. Als er seine Kapuze abnimmt, fällt ihm eine Strähne seine zurückgegelten Haare in das Gesicht und seine schwarzen Augen durchqueren den Laden. Matteo.
Nein. Bitte nicht. Das kann nicht sein. Das kann nicht sein.
Als hätte ich ihn nicht gesehen, fokussiere ich mich auf meinen leeren Teller und mein Getränk in der Hand. Mit einem gesunkenen Kopf starre ich auf mein Handy. Was macht er hier?
„Was kann es für Sie sein?", fragt der Barista. „Dreifacher Espresso", raunt Matteo mit seiner tiefen Stimme. Ist seine Tonlage noch tiefer geworden? Allein bei diesen Worten legt sich Gänsehaut über meinen kompletten Körper.
Als er zum Tresen schreitet, schaue ich kurz hoch und blicke auf seinen Körper, wobei mir fast die Kinnlade herunterfällt. Er ist größer geworden und hat an Muskeln zugenommen. Seine Beine sind trainiert und seine Oberarmmuskeln stechen durch den schwarzen Rollkragen. Mit einer Hand fährt er sich durch die nassen Haare und fixiert sie hinter sein gepierctes Ohr. Oh verdammt.Bei seinem Anblick kommen auf einmal alle Emotionen auf einmal hoch. Alle.
Aus jeder Ecke - alle die ich so gut wie möglich unterdrückt habe. Schmerz, Kummer, Angst, Freude, ja sogar Liebe - jeder kleiner Funken fließt in geballter Ladung durch meinen Körper und meine Kehle schnürt sich zu. Raus. Ich muss hier raus.Mit meiner Tasche und den zwei Getränken, stoße ich die Tür auf und laufe so schnell wie es geht davon. „Danke fürs Aufhalten!", brüllt ein wütender Matteo hinter mir und ich fange an loszurennen. Der Ausdruck von Wut in seiner Stimme, bringt das Fass zum Überlaufen.
In einer Ecke im Park stelle ich mich an eine Bank und atme panisch ein und aus. Einatmen und Ausatmen. Entspann dich. Es ist alles gut. „Er hat dich nicht gesehen", sage ich und setze mich auf die nasse Bank. Mein Kreislauf droht zu kippen und ich nehme hastige Schlucke von Mauricios Getränk, die mich aber nur dazu bringen mich in ein Gebüsch zu übergeben. So schnell wie der Kuchen auch drin war, so schnell war er auch schon wieder draußen. Mit einer freien Hand wische ich über meinen klebrigen Mund und huste auf. Die Emotionen steigen weiter hoch und Hitze strömt durch meinen Körper.
Sofort setze ich mich wieder auf die Bank und starre in den Himmel. Wie konnte das nur wieder passieren? Was macht er hier?Es sind drei Jahre vergangen, nachdem er mir den Brief geschrieben hat und alles beendet hat. Drei lange Jahre, in denen sich viel geändert hat. Ich habe mir ein neues Leben aufgebaut, und in diesem ist kein Platz mehr für Matteo. Nie wieder.
Langsam schaue ich wieder nach vorne und dehne meinen Nacken, der von kalten Schweiß benetzt ist. Ich hasse Panikattacken. Dieses Gefühl ist der reinste Horror. Die reinsten Qualen. Mein Getränk werfe ich in den Mülleimer und stelle die Füße auf den Boden. Es ist Zeit zu gehen.
Mauricio hat mir schon geschrieben und nach seinem Getränk gefragt. Ich hatte keine Lust ihm zurückzuschreiben und weiß durch ein „Ich mache jetzt los" bescheid, dass meine Wohnung leer ist - bis morgen Mittag.
Meine Hände stemme ich auf meine Oberschenkel und setze mich von der Bank auf. Mir ist zwar immer noch schlecht, jedoch ist so gut wie alles aus meinem Körper raus und die Chance mich in meinem Auto zu übergeben ist somit gering. Das Autofenster lasse ich runter und zünde mir eine Zigarette an. Mein Feuerzeug werfe ich auf den Sitz neben mir und ziehe an der Zigarette. Der Rauch verquillt im Wagen und ich trete aufs Gas.
Dieser verdammte Matteo.Wütend schmeiße ich die Tür meines Apartments auf und sie knallt in die Wand. „Scheiße!", brülle ich wütend und laufe in mein Arbeitszimmer. Die Tasche werfe ich auf meinen Stuhl und öffne meinen Laptop. „Die Arbeit wird mich ablenken", schnaufe ich und stecke mir eine zweite Zigarette in den Mund. Der Rauch schwebt durch mein Zimmer und ich entsperre meinen Computer.
04:36 Uhr. Mein Blick schweift von der Uhr und ich schaue auf meinen überfüllten Schreibtisch. Ich habe alles an einem Tag erledigt, was ich in einem ganzen Monat hätte erledigen müssen. Mein Zimmer ist in Rauch gelegt und ich erkenne kaum noch meinen Bildschirm. Das ist mein Zeichen, ins Bett zu gehen. Erneut öffne ich die Fenster und laufe aus meinem Arbeitszimmer und werfe mich in mein Bett.
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NUDES? II
Romance𝑪𝒐𝒄𝒐 𝑨𝒖𝒈𝒖𝒔𝒕𝒊𝒏𝒆 & 𝑴𝒂𝒕𝒕𝒆𝒐 𝑫𝒂𝒍 𝑩𝒐𝒏 ✎║✓ (schon bearbeitet) ➸ ♡ 2. Teil der NUDES? Reihe ✧・゚: *✧・゚:* ✧*:・゚✧ ✧・゚: *✧・゚:* ✧ ゚: *✧ ゚: *✧ ゚: *✧ Ein zweites Leben - eine zweite Chance. Coco's zweites Leben. Coco's zweite Chance. ...