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Er war viel imposanter als ich erwartet hatte. Ich gab mir Mühe, mit festem Schritt über den roten Teppich zu laufen. Der weiße Bart und die weißen Haare waren mehr als schulterlang, und die prächtige Krone sah aus als würde sie ein Dutzend Kilo wiegen. Den Blick erwartungsvoll auf mich gelegt sah er mir entgegen. Schnell richtete ich die Augen auf den Boden. Es gehörte sich nicht, Hoheiten anzustarren wenn man ihnen gegenüber stand. Ich war nun ganz vorne angekommen, und ging vor dem gewaltigen Thron auf die Knie ohne den König noch einmal anzusehen. Hastig streckte ich den Arm mit der Schriftrolle aus. Sie wurde mir überraschend sanft aus der Hand genommen. Ein paar Sekunden verharrte ich. ,,Nun, da die Botschaft das Siegel Kakarikos trägt gehe ich davon aus, sie stammt von Impa persönlich?" fragte der König dann mit der tiefsten Stimme die ich je gehört hatte. Eine Gänsehaut lief mir über die Arme. ,,Jawohl, eure Majestät." antwortete ich ehrfürchtig. Ich wusste nicht ob es laut genug gewesen kam, wollte mich aber auch nicht noch einmal unnötigerweise wiederholen. Der König räusperte sich vernehmlich. ,,Wie viele Tage sind für euren Aufenthalt angedacht Botschafterin?" Ich atmete ein. ,,Zwei Tage, eure Hoheit." Der König schien irgendein Zeichen zu machen. Ich sah es nicht, aber gleich darauf näherten sich Schritte. Es klang, als würde der König jemandem die Schriftrolle übergeben. Dann entfernte sich die Person wieder. ,,Nun, Botschafterin. Man wird euch eine Kammer im Schloss bereit stellen. Doch davor sei mir eine Frage noch gestattet: Was bringt die hochgeschätzte Impa dazu, ein junges Mädchen wie euch auf eine Reise wie diese zu entsenden?" Ich suchte hektisch nach den passenden Worten. ,,Eure Majestät, ich... ich denke ich sage nicht zu viel wenn ich behaupte, eine begabte Kämpferin zu sein." Vom König kam keine hörbare Antwort, ich hoffte einfach er würde nicken. ,,Nun dann, Botschafterin. Ihr dürft abtreten." Erleichtert atmete ich auf und löste mich aus meiner Kauerstellung. ,,Habt Dank eure Hoheit." Damit tat ich eine tiefe Verbeugung, bevor ich mich umdrehe und schleunigst aus dem Saal lief. Ich wollte nicht rennen, aber irgendwie wollte ich schnell aus diesem Raum raus. Er machte dass ich mich unwohl fühlte. Und die Anwesenheit des Königs trug erheblich dazu bei. Vor der Tür lehnte ich mich an die Wand und atmete durch. Dass ich in meinem Leben einmal den König von Hyrule sehen, und auch noch mit ihm reden würde war einfach nur Wahnsinn! Ich stieß mich von der kalten Mauer hinter mir ab. Zu dieser Zeit war ich überzeugt, einen ganz akzeptablen Job als Botschafterin gemacht zu haben. Die gestreifte Schärpe lag um meinen Oberkörper, und mir kam es so vor als würde sie mir wie angegossen passen. 


Am Abend des selben Tages machte ich mich auf den Weg zu den Stallungen. Ich hatte die letzten Stunden in dem Zimmer verbracht, welches mir zugeteilt worden war. Dort stand ein kleines Regal mit ein paar Büchern, und in einem davon hatte ich mich so festgelesen dass ich für eine Weile alles um mich herum vergessen hatte. Jetzt schritt ich in meinem hohen Stiefeln die große Treppe des Schlosses hinunter. Gegen den kühlen Abendwind hatte ich mir meinen dunkelblauen Reiseumhang, der etwa bis zu meinen Oberschenkeln reichte, um die Schultern gelegt und die Kapuze aufgesetzt. Ich hatte ganz vergessen, nach meinem Pferd zu sehen. Natürlich würden die Bediensteten des Schlosses sich hervorragend um ihn kümmern. Aber trotzdem wollte ich ihm noch mal einen Besuch abstatten und nach dem rechten sehen bevor ich schlafen ging. Der Schlosshof war schon zur Hälfte in Schatten verschwunden, die Nacht brach bereits an. Als ich auf die Stallungen zuging sah ich, dass dort drin noch einige Laternen brennen mussten, es war recht hell. Kaum war ich durch die Tür getreten schlug mir der Geruch entgegen. Die Art von Pferdegeruch die jeder kannte. Stroh, Heu, Leder... Ich rümpfte die Nase. Das war jetzt nicht so ganz meins. Aber schlimm war es auch wieder nicht. Ich schritt an den vielen Boxen vorbei, auf der Suche nach meinem Pferd. Die schönsten und edelsten Pferde sahen mir entgegen. Ich trat um eine Ecke, und erblickte weitere Boxen. Aber da war jemand. Eine Person stand vor einer der Boxen und kraulte einem Pferd die Nase. Ich versuchte mich möglichst leise zu bewegen um sie oder ihn nicht zu stören. Da bemerkte ich auch mein eigenes Pferd, nur zwei Boxen entfernt von der Person. Vorsichtig trat ich zu dem jungen Hengst und ließ ihn an meiner Hand schnuppern. Wahrscheinlich hatte er mich aber eh schon von weiter weg erkannt. Ich kümmerte mich in Kakariko oft um ihn, und es war ein intelligentes Tier. Damals waren Paolo und ich bei seiner Geburt dabei gewesen. Hinter mir hörte ich leise das Stroh rascheln, als wären es Schritte. ,,Oh, Verzeihung! Ich hatte nicht mitbekommen dass Ihr hier seid." entschuldigte sich jemand. Diese Stimme... Ich sah über meine Schulter, und erstarrte. Meine Arme sanken nach unten und ich drehte mich ganz um. ,,Link!" rutschte es mir heraus, ehe ich darüber nachdenken konnte. Der junge Mann vor mir blieb wie angewurzelt stehen und musterte mich. ,,Kennen wir uns etwa?" Sein Blick war misstrauisch und kalt. Doch zum Glück hellten sich seine Augen deutlich auf, als ich vorsichtig die Kapuze vom Kopf nahm. Kurz sah er mich nur an. ,,Kira!" rief er dann überrascht aus. Ich lächelte. Er erinnerte sich an mich! Er erinnerte sich wirklich noch! ,,Kira. Das muss doch jetzt bestimmt schon über ein ganzes Jahr her sein. Was machst du denn hier? Sag bloß... du bist die Botschafterin aus Kakariko, von der das ganze Schloss redet?" Ich stutzte. ,,Ich bin die Botschafterin, in der Tat. Aber was heißt, das ganze Schloss redet über mich?" Grinsend lehnte Link sich an die Stallwand. ,,Alle wundern sich, wie Kakariko ein so junges Mädchen losschicken kann. Aber als ich die Nachricht vorher zum ersten mal gehört hatte musste ich irgendwie direkt an dich denken." Ich schmunzelte geschmeichelt. ,,Danke. Aber was machst du eigentlich hier?" Link seufzte und warf einen Blick zu dem Pferd hinüber, bei dem er vorhin gestanden hatte. ,,Ich komme immer hier her wenn ich etwas Ruhe brauche. Hier im Stall bei Epona ist es viel ruhiger als im Schloss." Ich nickte zustimmend. Das hatte sogar ich schon festgestellt. Im Schloss herrschte das reinste Gewusel. ,,Wie heißt dein Pferd?" fragte Link neugierig. Ich strich dem jungen Gaul sachte über die Nase. ,,Das ist Keiro. Paolo hat ihm den Namen gegeben." Link sah auf. ,,Paolo? Ist das der Junge aus Kakariko? Wie geht es ihm?" Ich hielt inne und suchte nach den richtigen Worten. Die aktuelle Situation mit Paolo war... kompliziert. Aber im positiven Sinne. Angefangen hatte es schon damals, als wir vor mehr als einem Jahr Liku und Anika verkuppelt hatten. Je glücklicher die beiden zusammen wurden, desto klarer wurde ich mir über meine eigenen Gefühle. Aber ich konnte ja wohl schlecht zu Link sagen: Also, folgendes. Der Junge den ich schon eine Ewigkeit kenne hat mich vor ein paar Wochen gefragt ob ich mit ihm zusammen sein will. Paolo und ich sind ein Paar. Das konnte ich so doch nicht sagen! Kurz druckste ich herum. ,,Also... Paolo und ich, wir... wir... wir sind seit kurzem..." Link hob eine Augenbraue. ,,Ein Paar?" versuchte er mir zu helfen. Ich nickte nur verlegen. ,,Herzlichen Glückwunsch! Dein Leben scheint im Gegensatz zu meinem ja direkt aufregend zu sein." Ich folgte ihm und lief an seiner Seite als wir den Stall verließen. ,,Aufregend? Ist es denn langweilig der Leibwächter der Prinzessin zu sein? Das kannst du mir doch nicht erzählen!" Link seufzte vernehmlich. ,,Doch, doch, das kann sein. Glaub es oder glaub es nicht, der Job ist öder als du denkst." Ich musste mir das Grinsen verkneifen. ,,Darfst du wieder Halsketten jagen?" scherzte ich. Link rollte mit den Augen und seufzte. Wie wir da so nebeneinander liefen kam es mir irgendwie vor, als würden wir uns schon eine Ewigkeit kennen. Wir waren wie zwei gute Freunde, dabei sahen wir uns gerade zum zweiten Mal in unserem Leben. ,,Wie ist das Leben in Kakariko?" erkundigte sich Link nachdem wir uns auf dem Rand eines großen Springbrunnens niedergelassen hatten. Ich zuckte mit den Schultern. ,,Eigentlich war es bis vor kurzem ganz normal. Aber seit einer Weile verschwinden immer wieder..." Ich erinnerte mich erschrocken daran, was Impa mir eingeblüht hatte. ,,Entschuldige. Ich darf nicht darüber reden, hat Impa gesagt." Link nickte verständnisvoll. ,,Es geht um die Botschaft, oder? Natürlich musst du da Stillschweigen bewahren. Aber geht es allen gut?" Ich wiegte den Kopf von links nach rechts. ,,Jaaaaa... fast allen zumindest. Es ist kompliziert." Ich beobachtete, wie immer mehr Lichter in den Fenstern des Schlosses angingen. Es wurde Nacht. Plötzlich sprang Link wie von der Tarantel gestochen auf. ,,Bei Hylia, die Zeit! Ich sollte schon längst wieder bei der Prinzessin sein!" Ich sah überrascht auf. ,,Entschuldige mich Kira. Ich bin sicher, wir sehen uns noch einmal." Lächelnd nickte ich. ,,Geh ruhig und mach deinen Job. Ich bleibe ja noch ein bisschen." Ich sah dem jungen Ritter hinterher, wie er auf die Haupttreppe zu rannte und die Stufen hoch joggte. Noch immer wollte ich nicht so recht glauben, dass sein Leben als königlicher Leibwächter wirklich so langweilig war wie er behauptet. Insgeheim hoffte ich, wir würden uns während meines Aufenthalts im Schloss noch einmal sehen. Ich würde wirklich gerne noch mehr über das Leben hier erfahren, und Link stand da ja wohl mitten drin. Wie krass war das eigentlich? Ich hatte tatsächlich eine freundschaftliche Verbindung zum Leibwächter der Prinzessin von Hyrule! Allerdings hatte ich ihm ja auch das Leben gerettet, von dem her... Eine Weile blieb noch auf dem Brunnenrand sitzen, und kam etwas zur Ruhe. Die Aufregung, welche ich während der ganzen Reise verspürt hatte, war inzwischen weg. Ich hatte das Gefühl, bis hier hin einen echt guten Job als Botschafterin gemacht zu haben. Wenn ich doch nur nicht meine Brüder hätte alleine lassen müssen... Ich fragte mich jede Minute wie es Mick und Manu wohl gerade ging. Natürlich vertraute ich Amera mit den Beiden. Aber trotzdem hatte ich in gewisser Weise das Versprechen gebrochen, welches ich vor Jahren gegeben hatte. Als unser Vater gestorben war. Da war ich gerade so elf Jahre alt gewesen. Seitdem bin ich wie ein Elternteil für die Zwillinge. Mick und Manu waren erst zwei, als unser Vater gestorben war. Und ich hatte an dem Tag sein Versprechen übernommen, immer und überall auf meine kleinen Brüder aufzupassen. So wie es mein Vater einst meiner Mutter versprochen hatte... Ob die beiden wohl stolz auf mich wären, wenn sich mich jetzt hier sehen würden? Als Botschafterin von Kakariko ausgesandt ins königliche Schloss. Ich denke sie wären stolz. Vielleicht sahen sie mich ja auch, von wo aus auch immer. Schnell schickte ich ein kurzes Gebet zur Göttin Hylia, sie möge meinen Eltern Grüße ausrichten, sofern sie mich überhaupt hörte. Dann machte ich mich auf den Weg zurück in mein Zimmer im Schloss. Ich nahm das Buch aus dem Regal, welches ich vorher so vertieft angefangen hatte, und las weiter. Bis spät in die Nach glitten meine Augen über die Zeilen und Wörter, bis mir irgendwann die Augen zufielen und ich einschlief. 

Secret Friend ...1... (botw Link ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt