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~𝐵𝑎𝑘𝑢~

Seid zehn Minuten starrte ich nun ununterbrochen auf die Uhr über der Tür.
Noch fünf Minuten.

Ich überlegte fieberhaft, wie ich mit ihm reden sollte. Was ich sagen sollte.

Der Sekundenzeiger bewegte sich für meinen Geschmack viel zu schnell im Kreis herum.
Ich fragte mich, ob der schon immer so schnell war.

Mein Bein wippte in regelmäßigen Abständen nervös auf und ab und mein Herz schlug von Sekundentick zu Sekundentick schneller.
Alle Geräusche rückten immer mehr in den Hintergrund und irgendwann nahm ich nur noch das Ticken der Uhr wahr.

Als das Klingeln der Schulglocke ertönte, fuhr ein Blitz durch meinen Körper und mein Herz fing an zu rasen.
Ich packte so schnell wie es nur ging meine Sachen ein und sah mich dann nach Izuku um.
Er war gerade noch dabei, sein Federmäppchen in seine Tasche zu stecken und sich nebenbei von Iida und Ochako zu verabschieden.
Ich wartete, bis die beiden die Klasse verlassen hatten und wollte dann losgehen, doch eine Hand an meinem Arm hielt mich auf.

„Du schaffst das", flüsterte Eiji mir zu, „Um die anderen kümmere ich mich." Er gab mir einen flüchtigen Kuss auf die Wange und ging dann zu den drei anderen Chaoten.
„Wo bleibt Baku?", hörte ich Mina fragen.
„Der hat noch was mit Izuku zu besprechen. Er wird euch später hoffentlich alles erklären."

In Gedanken bedankte ich mich noch schnell bei Eiji, bevor ich mir einen Ruck gab und zu Izuku eilte, der gerade aus der Klasse gehen wollte.
„Hey! Ähm-", fing ich an und stockte dann jedoch, als er sich umdrehte und mich verängstigt ansah. „Ich ähm- also... k-können wir vielleicht mal reden...?" Ich sah in seine smaragdgrünen Augen und bereute es gerade massiv, ihn angesprochen zu haben.
„W-wieso...?", fragte er und sah zu Boden.
„Ich finde... es gibt- es gibt da so einiges,... was noch zu klären ist... Ich möchte wirklich nur reden..."

Erst schwieg er für die längsten zehn Sekunden meines Lebens und sah dann wieder zu mir.
„Okey... Aber nicht hier... Lass- Lass uns aufs Dach gehen..."
Ich nickte stumm und machte mich dann zusammen mit ihm auf den Weg zur Treppe rauf zum Dach.
Mein Herz schien von Sekunde zu Sekunde schneller zu schlagen und ich war so unglaublich aufgeregt.

Und nun standen wir hier. Die warme Spätsommerluft umgab uns und es ging ein angenehmer Wind.
Die Vögel zwitscherten fröhlich und vom Schulhof hörte man noch vereinzelt Stimmen.
„Also...?", riss der Grünhaarige mich aus meinen Gedanken.

Im Unterricht hatte ich mir eigentlich schon ziemlich genau überlegt, was ich sagen wollte, doch jetzt war alles weg. Mein Kopf war wie leergefegt.
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
„Ich- also ähm..." Ich atmete tief durch und erinnerte mich an Eiji's Worte.

„Du schaffst das."

„Erinnerst du dich noch an damals in der ersten Klasse, als wir zusammen mit den anderen diese Übernachtungsparty in der Grundschule hatten? Wir hatten das ganze Gebäude für uns. Wir haben zusammen mit Isa-Sensei Plätzchen gebacken und waren im Wald Fangen spielen.
Nagi war doch der Anfangsfänger und jeder, den er gekriegt hat, musste mit fangen.
Und als letzte waren nur noch wir beide übrig. Wir haben uns in einem hohlen Baumstamm versteckt.
Und dann, als wir von den anderen entdeckt wurden und weglaufen mussten, bist du hingefallen.
Und ich bin weitergerannt. Ich habe nicht angehalten, ich bin nicht zu dir gestürmt und habe dich gefragt, ob alles ok ist oder du dich verletzt hast. Ich habe dir keinen besorgten Blick zugeworfen.
Du hättest all das bestimmt getan...
Aber du warst mir auch nicht böse oder so. Du hast dich ganz normal verhalten, als ob nichts gewesen wäre...
Ich war nie wie du und ich wollte auch nie so werden wie du.
Aber du wolltest so werden wie ich. Du hast zu mir aufgesehen, hast mich die ganze Zeit über bewundert.
Und ich habe das so schamlos ausgenutzt, habe dich ausgenutzt.
Egal was war, wenn ich jemanden brauchte, auf den ich die Schuld abladen konnte, dann warst es immer du. Weil du nie etwas gesagt hast. Nie hast du dich gewehrt.
Es wurde immer selbstverständlicher für mich, alles dir aufzubürden und irgendwann habe ich nicht mal mehr darüber nachgedacht, wie du dich fühlst und ob ich überhaupt etwas Gerechtfertigtes tue.
Ich habe gesehen, wie verletzlich du warst und irgendwann war ich so unglaublich sauer, dass du nie irgendwas gesagt hast, dich nie gewehrt hast, dass ich einen so unglaublichen Hass dir gegenüber entwickelt habe, der mich all die schlimmen Sachen sagen lassen hat.
Ich wollte, dass du dich wehrst, ich wollte, dass du was sagst. Und deshalb habe ich immer schlimmere Sachen gesagt, immer schlimmere Dinge getan.
Und dann, als ich das kaputt gemacht habe, wovon ich dachte, dass es dich endlich aus deiner Haut fahren lassen würde und du trotzdem nichts gemacht hast, war es für mich vorbei.
All diese aufgestaute Wut, die ich immer nur in kleinen Teilen rausgelassen hatte, ist mit einem Mal explodiert und ich habe gesagt, dass du verdammt nochmal endlich sterben sollst.
Gemerkt, was verdammt nochmal ich da eigentlich gesagt habe, habe ich erst, als du mit glasigen Augen vor mir gekauert hast und dir die erste Träne die Wange runtergelaufen ist. Und anstatt zufrieden zu sein, dass du endlich nach all diesen Jahren eine Reaktion gezeigt hast, habe ich so eine gewaltige Angst bekommen, dass ich kaum noch atmen konnte. Ich bin wie der letzte Feigling weggerannt und hab mich in meinem Bett versteckt.
Und dann, als... als meine Mutter in mein Zimmer gestürmt ist und mir voller Angst und Schock erzählt hat, dass du aus dem Fenster gesprungen bist und fast dabei gestorben wärst, ist mir erst richtig klar geworden, wie sehr ich dich all diese Zeit schikaniert habe und was ich dir eigentlich angetan habe. Ich habe alles bis aufs Äußerste bereut und mir ist klar geworden, dass das alles meine Schuld war.
Noch nie in meinem Leben habe ich etwas so sehr bereut, wie an diesem Tag..."

Stille.

„Reue, ja...?", wisperte der Grünhaarige und sah mir mit einem brennenden Blick direkt in meine Augen. „Reue... Was ein Wort... Wie hätte mir Reue weiterhelfen sollen? Wie hätte das mein Leben retten sollen? Wie, huh?? Glaubst du, nur weil du jetzt hier stehst und mir all das erzählst, ist alles wieder gut??! DENKST DU DAS??!" Er schrie mich an. Aber ich ließ ihn machen, schließlich hatte ich das verdient.
„DU HAST MEIN LEBEN RUINIERT!! WEGEN DIR HABE ICH EINEINHALB JAHRE MEINES LEBENS IN EINER KINDERPSYCHIATRIE VERBRACHT, ZWISCHEN LEUTEN, DENEN WIRKLICH NICHT MEHR ZU HELFEN WAR!! JEDEN TAG HABE ICH MICH GEFRAGT, WIESO EIGENTLICH GENAU ICH IN DIESEM IRRENHAUS WAR!! UND DANN, ALS ICH WIEDER ENTLASSEN WURDE, WAR ICH DIE GRÖẞTE ATTRAKTION DER SCHULE! JEDER HAT MICH ANGESTARRT UND MICH GEFRAGT, WIE ES MIR GEHT UND DU WEIẞT, WIE SEHR ICH AUFMERKSAMKEIT HASSE! DU KANNST DIR GAR NICHT VORSTELLEN, WIE SCHWER MIR ALL DIE JAHRE IN DER MITTELSCHULE GEFALLEN SIND! ICH- Ich hab es kaum ausgehalten..." Zum Ende hin wurde er immer brüchiger und die angesammelten Tränen suchten sich nun ihren Weg seine Wangen runter.

„Ich weiß..." Auch ich weinte. „Ob du es mir nun glaubst oder nicht, ...mir ging es auch sehr schlecht... Es tut mir alles so unendlich leid... Es tut mir so sehr leid, was ich alles gesagt habe, was ich gemacht habe, dass ich dir dein Leben schwer gemacht habe, es ruiniert habe...
Ich weiß, dass eine Entschuldigung nichts, aber auch gar nichts wieder gut macht, aber... ich wollte das trotzdem gesagt haben..." Ich sah in seine zutiefst verletzten Augen.
„Ich... ich wollte dich eigentlich hassen... Ich wollte dich bis zu meinem Lebensende verachten und dich nie wiedersehen... Aber ich kann nicht- Ich kann dich irgendwie nicht hassen... Dich jetzt hier so zu sehen... so voller Reue... genauso sehr am weinen wie ich. Ich weiß nicht was ich fühlen soll..."
„Ich weiß es auch nicht...", meinte ich.

Und dann herrschte erstmal wieder Stille. In meinem Kopf passierte gerade gar nichts. Ich stand einfach nur da und sah auf den Gitterzaun hinter Izuku.

„Ich glaube, ich brauche jetzt erstmal ein bisschen Zeit, um alles nochmal zu verarbeiten", meinte der Grünhaarige nach einiger Zeit und sah mich an, "Ob ich dir je vergeben kann, ...weiß ich nicht... Ich brauche einfach Zeit..."
„Das verstehe ich... Ich werde dir alle Zeit geben, die du brauchst und natürlich müssen wir nie sowas wie Freunde werden, weil ich denke, dass würde eh nicht funktionieren."
Izuku nickte. „Weiß denn irgendjemand hier... von unserer Geschichte...?"
„Bis jetzt weiß es nur Eij- Kirishima."
„Verstehe... Ihr beiden seid zusammen, nicht wahr?" Er sah mich an.
„Ja... Ja, das sind wir"
Mein Gegenüber nickte. „Ihr seht glücklich zusammen aus. Glückwunsch euch."
„Danke..." Ich sah dem Grünhaarigen in die Augen, die zu meiner Verwunderung einen leichten Schimmer in sich trugen. „Ich hoffe, dass du eines Tages auch vollkommen glücklich mit jemandem wirst..."

Und dann sah ich etwas, was ich noch nie zuvor erlebt hatte.
Er lächelte mich an.
Es war ein sanftes, kaum erkennbares Lächeln, aber trotzdem.
Es war an mich gerichtet.

„Das hoffe ich auch."
___________

...

...

Wow.

Ich hab's geschafft, in einer Woche ein weiteres Kapitel rauszubringen.

Ich sitze hier schon seid drei Stunden in meinem Bett rum und schreibe.
Wir haben mittlerweile viertel nach 2 nachmittags und ich bin immer noch nicht aufgestanden und hab gefrühstückt xD
Das mach ich jetzt erstmal.

Naja, anyways
Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen.
Ich denke mal, dass diese Story sich so langsam dem Ende zuneigt, aber ein paar Kapitel kommen denke ich noch.

Aber wie auch immer
Ich wünsche euch noch eine schöne Nacht/ einen schönen Tag♡♡

Hit me | KiribakuWo Geschichten leben. Entdecke jetzt