Mit einer Tasse Kamillentee setzt sich Bilbo in das Gesellschaftszimmer und legt die Füße auf einem Hocker hoch. Er seufzt: „Was für ein Tag.", und kann es kaum erwarten, sich nach dem Abendessen ins Bett zu legen. Aber anstatt die Ruhe zu genießen und sich zu entspannen, hallen Lily Eichlers Worte in seinem Kopf nach. Zum ersten Mal hat man ihn direkt mit den Gerüchten konfrontiert, die seit Wochen durchs Auenland kursieren. Natürlich hat er davon gewusst, er hat vom Fenster aus gesehen, wie manche an der Straße stehengeblieben sind und versucht haben, einen Blick ins Innere seiner Behausung zu erhaschen. Nur erst seit dieser Begegnung ist ihm das Ausmaß darüber bewusst, was die Anstellung und der Einzug von Margaret Braun überhaupt für ihn und sein Leben bedeutet.
Auf dem hölzernen Beistelltisch stellt er die Porzellantasse ab und wartet bis der Tee gezogen ist. Dabei fällt ihm das sauber zusammengefaltete Taschentuch ins Auge, das er zur Begutachtung in die Hand nimmt. Sofort entdeckt er am unteren Eck die Initialen BB, was ihm ein Lächeln auf die Lippen zaubert bei dem Gedanken, dass sich seine Haushältern bemüht hat, sein Monogramm in die Wäsche zu sticken.
Jene taucht zum gleichen Zeitpunkt in der Tür auf und entdeckt ihren Arbeitgeber im Sessel, der gerade ihre Stickerei begutachtet. „Ah ja.", bemerkt sie vergnügt, „Anscheinend hast du es bereits gefunden. Ich hab mich lediglich mal darin probiert.", erklärt sie hinsichtlich ihrer dilettantischen Nadelarbeit. Während Margaret das gemütliche Gesellschaftszimmer betritt und nach einer Vase sucht, erhebt sich Bilbo von seinem Sessel und hält das Taschentuch ins Licht: „Da endlich meine Anfangsbuchstaben draufstehen, kann es mir ab sofort niemand mehr nehmen.", er faltet es wieder zusammen und blickt zu seiner Angestellten: „Vielen Dank, Margaret. Ich weiß das zu schätzen.". Sie ist darüber erleichtert, dass ihm ihre Arbeit zusagt, wo ihr doch noch immer Erfahrung in manchen Bereichen fehlt wie dem Sticken. Aber Margaret hat sich gedacht, dass man bei zwei Buchstaben nicht viel verkehrt machen kann.
Nachdem sie endlich eine geeignete Vase in der Vitrine gefunden hat, bewegt sie sich zurück in die Küche und befüllt sie mit Wasser. Sie hat vorher noch einen Blumenstrauß im Garten gepflückt, den sie in die maisgelbe Vase steckt. Irgendwann taucht auch Bilbo in der Küche auf, steht im Türrahmen und trinkt seinen Tee. Als sie die Blumen auf den Esstisch stellt, fragt sie neugierig: „Soll ich für heute Abend die Forellen herausbraten?", „Ja, eine gute Idee. Ich muss sowieso ein paar Pfunde abnehmen, die Weste wird mir immer enger um den Bauch...", wobei er besorgt auf seinen Körper hinabsieht. Lachend erwidert sie: „Das bildest du dir ein.".
Zu ihrer Verwunderung verzieht er sich nicht wie gewöhnlich in sein Studierzimmer oder setzt sich mit der Pfeife nach draußen, um die letzten Strahlen der untergehenden Sonne zu genießen, sondern bleibt geduldig in der Küche stehen. Etwas scheint ihn zu beschäftigen. Er trägt beunruhigt die Tasse zur Spüle und meint in einem ernsten Tonfall: „Lily Eichler... sie will mir einfach nicht mehr aus den Kopf gehen.".
Augenblicklich hält Margaret inne, als der Name ihrer Tante fällt. Eigentlich hat sie gehofft, dass sie nicht darüber sprechen, nachdem Frau Eichler partout nicht von seiner Seite weichen wollte. Sie kann sich bereits denken, worüber die beiden gesprochen haben. Etwas unbeholfen zuckt sie mit den Schultern und fragt: „Was hat sie denn gesagt?", während sie ihre Aufregung herabspielt, indem sie aus dem Küchenschrank eine Pfanne nimmt. „Sie hat mir gesagt, was man über uns erzählt.", meint Bilbo begleitet von einem Hauch Amüsement als fände er die Angelegenheit witzig. Aber in Wirklichkeit ist er nicht weniger aufgeregt wie seine Haushälterin und faltet in seiner Unruhe die Hände zusammen: „Es... es war mir bewusst, was sie über uns sagen werden. Ich kann es auch irgendwie verstehen... es ist nicht üblich, dass eine unverheiratete Frau in den Haushalt eines alleinstehendes Mannes zieht.", wobei man nicht überhören kann, wie schwer es ihm fällt, darüber zu sprechen, „Dennoch macht es das nicht besser. Ich will nur noch einmal klarstellen, dass mir das Gerede der Leute nichts ausmacht und du dir das nicht zu Herzen nehmen sollst.".
Nur Margaret kann das nicht unbeantwortet stehen lassen: „Man hat schon immer schlecht von mir und meiner Familie gesprochen.", und schaut ihm endlich in seine Augen, gefüllt von tiefgreifender Besorgnis, die sich auch im Rest seines Gesichtes bemerkbar macht, als sie erklärt: „Ich hab irgendwann angefangen, einfach wegzuhören, denn es hat mich nicht länger interessiert, was die Leute davon halten. Oder besser gesagt von mir... Aber du solltest dich dafür interessieren. Du bist ein angesehener Hobbit, der einen guten Ruf zu verlieren hat. Vielleicht ist es besser, wenn ich von hier ausziehe, dann...", „Nein.", wendet Bilbo ein und stellt sich ihr unmittelbar gegenüber, „Lass dich ja nicht von den anderen verunsichern. Die Nachbarn können reden, was sie wollen. Sie sollen ruhig glauben, dass ich mir eine junge Frau ins Haus geholt habe. Hauptsache du und ich wissen, dass dem nicht so ist.".
Er kann sich in keinster Weise vorstellen, dass Margaret ihn nach so kurzer Zeit wieder verlässt. Auch wenn er sie für ihre Dienste großzügig entlohnt, schätzt er gleichermaßen ihre Gesellschaft. Sie ist gutmütig, hilfsbereit und lacht stets bei seinen Witzen, so schlecht sie auch sein mögen. Und er glaubt, dass sie sich in Beutelsend wohlfühlt. Nein, Bilbo kann sie nicht verlieren.
Angesichts seiner Worte strahlt Margaret über das ganze Gesicht. Das, aus seinem Mund zu hören, bestätigt nochmal, was sie die ganze Zeit über geglaubt hat. Bilbo Beutlin ist ein anständiger Hobbit, der sie nicht in seinen Haushalt eingestellt hat, weil er Interesse an ihr hegt. Erleichtert atmete sie aus und flüstert: „Du hast Recht. Und irgendwo hat es ja auch seine guten Seiten – wir sorgen wenigstens für Gesprächsstoff.", und mit diesem Gedanken widmet sie sich der Zubereitung des Abendessens, während Bilbo sich etwas Legeres zum Anziehen sucht.
Margaret dreht mit dem Pfannenwender die Forelle um und starrt in ihre goldgelben Augen. Dabei lässt sie sich nochmal seine Worte durch den Kopf gehen und grinst in sich hinein. Erst jetzt ist ihr klar geworden, was sie an Bilbo Beutlin hat. Er ist ein aufrichtiger Hobbit, manchmal etwas verkorkst und unbeholfen, aber aufrichtig. Bilbo ist kein Herr Butterblume, der sie fürs Zuspätkommen bestraft, sondern stets Verständnis für ihre Lebenslage aufbringen kann und ihr in manchen Situationen auch frei gibt, wenn beispielsweise ihr kleiner Bruder Theobald an einem schweren Fieber erkrankt. Sie kann sich glücklich schätzen, für ihn zu arbeiten, denn nicht jeder würde seiner Haushälterin so viel erlauben. Wie kann sie nur eine Sekunde lang in Betrachtung ziehen, diese Anstellung aufzugeben?
Eingewickelt in seinem bunt, gefleckten Morgenmantel, der eher an den Stoff eines zusammengeflickten Teppichs erinnert, kehrt er zurück in die Küche und setzt sich hungrig an den gedeckten Esstisch nieder. Margaret entnimmt der Pfanne die Forellen, die sie auf zwei separaten Tellern serviert, worüber Bilbo erfreut in die Hände klatscht: „Ich kann's kaum erwarten.", denn er schätzt wie viele andere Hobbits die warmen Mahlzeiten, die in ihrem Tagesablauf eine große Rolle spielen. Sieben Mal am Tag bekocht Margaret ihren Arbeitgeber und um etwas Abwechslung reinzubringen, probiert sie stets neue Rezepte aus, was sie ab und an in die Verzweiflung treibt. Sie reicht ihm die Zitronenspalten und wünscht ihm: „Einen guten Appetit.".
Gerade presst er die Zitrone über seinen Fisch aus, da hämmert es plötzlich laut an der Eingangstür. Margaret zuckt erschrocken zusammen und sieht mit geweiteten Augen zu Bilbo, der nicht weniger überrascht ist. Wer in Henkers Namen will um diese Uhrzeit zu Bilbo Beutlin? Besorgt fragt seine Angestellte: „Erwartest du jemanden?", aber er schüttelt verneinend den Kopf. Er zieht die Serviette aus seinem Kragen und erhebt sich von dem Stuhl. „Vielleicht ist es der Nachbar.", meint er im Hinausgehen, um seine Haushälterin zu besänftigen. Nur jene plagt ein ungutes Gefühl. Was kann so dringend sein, dass man noch zur späten Stunde vor der Tür eines Hobbits steht? Kann das nicht bis morgen warten?
Nachdem Herr Beutlin im Vorraum verschwindet und dem Besuch die Tür öffnet, hört Margaret eine ungewöhnlich tiefe Stimme und erhebt sich augenblicklich von ihrem Platz. Ihre erste Eingebung ist ein Einbrecher. Aus Angst vor einem Überfall sucht sie nach der nächstbesten Waffe, die sie glaubt in dem Pfannenwender gefunden zu haben. Sofort nimmt sie ihn in die Hand, als sich schwere Schritte der Küche nähern, während sie sich gewappnet mit ihrem Kochinstrument an die Tür stellt. Mit Schrecken beobachtet sie, wie ein riesiger, halbglatziger Zwerg den Raum betritt und sie an der Wand entdeckt. Er kann sich ein Lachen nicht verdrücken, als Margaret mit erhobenen Pfannenwender vor ihm steht und unschlüssig ist, ob sie dem Eindringling eins überziehen soll oder nicht. Erheitert spricht er: „Was? Willst du mich damit angreifen? Es braucht schon etwas mehr, um mich zu bezwingen.".
Zu ihrem Glück kehrt Herr Beutlin zurück in die Küche, aber bringt kein anständiges Wort heraus. Der Zwerg nimmt am Tisch Platz, wo die unberührten Forellen liegen: „Ist das, das Abendessen?". Bilbo antwortet: „Ja, aber...", „Gut, ich bin am Verhungern.", sagt er und fällt ohne weitere Nachfrage über die Mahlzeit her. Ungläubig hält Margaret inne und beobachtet missmutig, wie der unerwartete Gast ihre Forellen verputzt.
Während er mit dem Essen beschäftigt ist, nutzt sie die Chance und zieht ihren Arbeitgeber hinaus in den Flur. Entsetzt fragt sie: „Was ist hier los? Was macht ein Zwerg in deinem Haus?". Bilbo stemmt die Arme in die Hüften und seufzt: „Ich hab keine Ahnung, was er hier macht. Ich hab ihn nicht eingeladen.", „Warum hast du ihn dann ins Haus gelassen?!", erwidert sie entrüstet, worauf Bilbo fassungslos schnaubt: „Er hat sich selbst reingelassen!".
Fräulein Braun holt tief nach Luft. Sie kann ihm keine Vorwürfe machen, wahrscheinlich hätte sie nicht anders agiert. Aber viel mehr beschäftigt sie der Grund seines Daseins. Was treibt einen Zwergen ins Auenland? Sie hat die schweren Waffen gesehen, die er mit sich führt. Aber ein erfahrener Krieger würde sich nicht einfach so Zutritt in ein fremdes Haus verschaffen. Margaret beschleicht ein befremdliches Gefühl, dass es sich bei ihrem Gast um einen Söldner handelt, der früher oder später sein wahres Gesicht zeigen wird.
Bevor sie ihre Vermutung Herrn Beutlin mitteilen kann, ruft der Zwerg aus der Küche: „Alles in Ordnung da draußen?", „Ja, sicher. Wir sind gleich wieder da.", lacht Bilbo aus reinster Verzweiflung und wendet sich erneut an seine Haushälterin: „Ich... ich werde ihm hernach erklären, dass er wieder gehen soll. Aber solange soll er machen was er will. Nicht, dass...", „...dass er wütend wird. Ich hab's verstanden.", nickt Margaret und folgt ihrem Arbeitgeber in die Küche, wo sie dem großen, schwerbepackten Zwergen Gesellschaft leisten.
Leider erweist sich jener als nicht gerade gesprächig, sondern befasst sich lieber mit dem Abendessen. Verstört verfolgt Margaret, wie er den Fischkopf vom Skelett beißt. In ihrer Befangenheit hört sie, wie er mit vollen Mund schmatzt: „Sehr gut ist das. Gibt es noch mehr?". Herr Beutlin wirft einen besorgten Blick zu seiner Haushälterin, die auf den Teller mit den gebackenen Brötchen zeigt. „Oh, ja, ja.", spricht Bilbo, aber da er nicht weniger hungrig ist, nimmt er sich ein Stück, steckt es in die angenähte Tasche seines Morgenmantels und stellt die restliche Platte auf den Tisch: „Hier, bitte. Bedient Euch.". Obwohl die Brötchen für ihren Arbeitgeber bestimmt waren, zaubert es Margaret ein Lächeln auf die Lippen, als sie sieht, dass dem Zwergen ihr Essen schmeckt.
Trotz aller Umstände versucht Herr Beutlin dem unerwünschten Besuch seine Sicht auf die Dinge zu erklären: „Es ist nur so... ich habe nicht unbedingt Gesellschaft erwartet...", doch unterbricht ihn das Klingeln der Hausglocke. Margaret blickt überrascht zu Bilbo, während der Zwerg grummelt: „Das ist wohl die Tür.". Umgehend macht sich der Hausherr auf dem Weg zur Haustür und lässt somit seine Haushälterin mit dem Zwergen allein. Aber das macht ihr wenig aus. Sie ist es von ihrer vorherigen Anstellung gewöhnt, sich mit Fremden zu unterhalten, und nimmt kein Blatt vor den Mund: „Was bringt Sie ins Auenland, werter Herr?", daraufhin antwortet der Zwerg unbekümmert: „Ein Treffen. Die anderen werden bestimmt gleich da sein... Sagen Sie, haben Sie diese Dinger gemacht?", er erhebt sich von seinem Platz und stellt sich ihr gegenüber, „Die sind köstlich. Ich könnte noch ein Teller verputzen.". Margaret zwingt sich zu einem Lächeln, nachdem er auch das letzte Brötchen verputzt hat und hungrig zur gläsernen Keksdose über den Kamin greift, in die seine große Zwergenhand nicht reinpasst.
Sie ist zwiegespalten, ob sie ihm helfen soll oder nicht, nachdem er sich bereits an zwei Forellen und einem Teller Brötchen ausgiebig bedient hat, aber schon längst ertönt eine weitere Stimme aus dem Vorraum: „Na, mein Bruder?". Augenblicklich stellt er das Glas zurück an seinen vorgesehenen Platz, als ein weiterer Zwerg aufkreuzt, und lacht: „Oh, bei meinem Barte. Du bist kürzer und breiter geworden seit letztem Mal.", „Breiter, nicht kürzer. Und noch schlau genug für uns beide.". Margaret kann nicht fassen, dass ein weiterer Zwerg das Haus betreten hat. Wenn der den gleichen Hunger wie der erste Besucher mitgebracht hat, dann müssen sie sich Sorgen um die Vorratskammer machen.
Geschwind eilt Margaret hinaus zu Herrn Beutlin und erzählt ihm, was sie in Erfahrung gebracht hat: „Ich weiß nicht, was hier vorgeht, aber der Zwerg hat von einem Treffen gesprochen. Hier in deinem Haus.", „Ich weiß!", zischt Bilbo entsetzt. Die Fraglosigkeit steht ihm ins Gesicht geschrieben. Beide können sich keinen Reim darauf machen, was die Zwerge in Beutelsend wollen. Als sie einen Blick zu jenen werfen, stoßen diese gerade ihre Köpfe kräftig aneinander, sodass ein dumpfes Geräusch durch das Haus dringt. Vor Schreck hält sich Margaret die Hände vor den Mund, während Bilbo das Wort an seine Besucher richtet: „Äh... Verzeihung, Tschuldigung... ich störe nur ungern, aber... äh... ich bin nicht ganz sicher, ob ihr im richtigen Haus seid.".
Seine Worte stoßen auf taube Ohren. Die unerwünschten Gäste bewegen sich in Richtung Vorratskammer, die sie unbeschwert mit ihren gierigen Fingern nach etwas Essbaren durchwühlen. Margaret erklärt besorgt: „Gastfreundschaft hin oder her, du musst ihnen sagen, dass sie hier nicht bleiben können.", „Das versuch ich gerade.", macht Bilbo ihr klar und folgt den Herrschaften, während die Haushälterin fraglos stehen bleibt und die Arme in die Luft wirft. Sie befürchtet, dass das noch ein langer Abend wird.
Ihre Befürchtungen bestätigen sich, als sie gerade einen Eimer Holzscheiten in die Küche trägt. Sie stellt ihn neben den Ofen ab, da klingelt es ein weiteres Mal an der Tür. Sie lässt alles stehen und liegen, bewegt sich in den Gang und verfolgt ungläubig, wie sich zwei weitere Zwerge Zugang zum Haus verschaffen, während Bilbo unbeholfen in der Eingangshalle steht und dem Treiben freien Lauf lässt. Schon verrückt, wie sich dieser Abend entwickelt, als gäbe es etwas umsonst in Beutelsend.
Als sie sich kopfschüttelnd von dem Vorgehen abwendet und zurück in die Küche gehen will, wäre sie beinahe in einen alten, weißbärtigen Zwergen reingelaufen, der ihr gegenübersteht und spricht: „Ich glaube, wir hatten noch nicht das Glück. Mein Name ist Balin. Zu Euren Diensten.", er verneigt sich, sieht sie erwartungsvoll an. Der erste, der höflich genug ist, um sich ihr vorzustellen. „Margaret, die Haushälterin.", entgegnet sie in ihrer Bescheidenheit, was der Zwerg namens Balin mit einem Nicken resigniert.
Jedoch hat er sie nicht aufgesucht, um mit ihr einen netten Plausch zu halten, sondern fragt: „Sagt mir, welcher Raum eignet sich am besten dafür, um eine Versammlung zu halten?". Margaret muss tief nach Luft holen. Das ist also die Absicht der Zwerge, die sich hier im Auenland zusammengefunden haben. Angestrengt denkt sie über seine Frage nach, ehe sie ihn in das geräumige Esszimmer des Smials führt: „Das müsste der größte Raum sein. Aber ich weiß nicht, ob Herr Beutlin damit einverstanden ist.", „Das passt schon, Liebes. Wenn man noch einen Tisch und ein paar Stühle holt, dann dürfen alle Platz haben. Vielen Dank.", und er kehrt zu seinem Bruder zurück, der bereits zwei Stühle von einem zum anderen Raum trägt.
Hilflos muss sie mitansehen, wie die Zwerge das gesamte Haus auf den Kopf stellen. Weder sie noch der Hausherr schaffen es, die Situation zu kontrollieren. Zu ihrer Verwunderung bleiben die erst eingetroffenen Gäste, zwei etwas jüngere Zwerge, vor ihr stehen und mustern die kleine Frau von oben bis unten, bis der Schwarzhaarige feststellt: „Ich wusste gar nicht, dass Hobbits so schöne Töchter haben.", woraufhin sein blondhaariger Freund anfügt: „Anscheinend müssen wir öfters ins Auenland kommen, mein Bruder.". Unweigerlich steigt Margaret die Röte ins Gesicht und sucht vergeblich nach einer angemessenen Antwort. Zu ihrer Erleichterung erscheint von der Seite der halbglatzige Zwerg namens Dwalin: „Fili! Kili! Kommt! Packt mal mit an!", und legt einem Burschen den Arm um die Schultern. Er hat sie vor einer unangenehmen Situation gerettet und zerrt die Jungs ins Esszimmer, wo sie ihr Unterfangen fortsetzen.
Zu ihrer Rechten taucht Bilbo auf, bepackt mit unzähligen Dolchen und Schwertern, und beobachtet kritisch die Szenerie, die sich ihnen im Esszimmer darbietet. Herr Balin koordiniert die eingetroffenen Freunde: „Schiebt das in den Flur, sonst kriegen wir hier niemals alle rein.", „Hey! Alle? Wie viele kommen denn noch?", verlangt der unfreiwillige Gastgeber zu erfahren, bis erneut jemand energisch den Türring betätigt. Noch nie hat Margaret ihn in dieser Verfassung erlebt, als er sich aufgebracht abwendet, im Gehen die Waffen achtlos zu Boden wirft und schreit: „Oh, nein! Nein, nein! Es ist niemand zuhause! Geht einfach wieder und belästigt jemand anders! Es sind auch schon zu viele Zwerge in meinem Esszimmer! Wenn, wenn sich da irgendein Holzkopf einen Scherz erlaubt... dann kann ich nur sagen, er ist äußerst... geschmacklos!".
Besorgt folgt ihm seine Haushälterin und meint: „Es ist besser, wenn du sie...", doch seine Hand liegt schon längst am Griff und lässt den nächsten Besucher herein. Nur anstelle eines einzigen Zwergen, fällt eine ganze Scharr wortwörtlich mit der Tür ins Haus. Sie liegen auf einem Haufen ausgebreitet vor ihren beharrten Füßen. Margaret beendet noch ihren Satz: „...nicht reinlässt.", mit Blick auf die zappelnden Zwerge, die sich nicht befreien können. An der Schwelle entdeckt sie ein vertrautes Gesicht, das neugierig durch den kreisrunden Eingang blickt.
„Gandalf.", seufzt Bilbo entnervt. Der Grund für diesen katastrophalen Abend ist der graue Zauberer, der noch gestern vor seinem Gartentor stand, mit ihm über dieses lästige Guten Morgen diskutierte und schließlich von einem Abenteuer sprach. Das konnte Bilbo nicht ernstnehmen und hat auch seiner Haushälterin nichts davon erzählt, da er geglaubt hat, der Zauberer hätte das Auenland verlassen. Aber anscheinend ist dem nicht so. Nein, Gandalf bringt stattdessen einen Haufen Zwerge vorbei, die keinerlei Feingefühl besitzen und ganz Beutelsend auseinandernehmen.
Obwohl Margaret sich im Moment wünscht, nicht länger in Beutelsend zu sein und das ganze Chaos hinter sich zu lassen, fühlt sie sich zugleich dazu verpflichtet, Herrn Beutlin in dieser aussichtslosen Situation Beistand zu leisten. Als er an ihr vorbeirennt, hält sie ihn auf und meint: „Vielleicht wäre es besser, du würdest dir etwas anderes anziehen. Mir scheint, dass das ein längerer Abend wird.", „In der Tat, Margaret. Überall sind Zwerge in meinem Haus und ich habe sie nicht eingeladen... würdest du ein Auge auf sie werfen? Solange ich mich umziehe...", aber er wartet keine Antwort von ihr ab, lässt sie allein im Gang stehen und verschwindet im Schlafzimmer.
Währenddessen kümmert sich die Haushälterin um die muntere Versammlung, die ungefragt damit beginnt, das Esszimmer für die bevorstehende Versammlung vorzubereiten. Und ihr bleibt wohl nichts anderes übrig, als ihnen zu helfen. Man hat Margaret nicht darum gebeten, aber im Handumdrehen hat sie sich wieder in ihrer Rolle als Bedienung eingefunden. Nachdem sich die Zwerge zum Großteil selbst versorgt haben, fragt sie herum, was sich die Herrschaften zum Trinken wünschen. Darauf ertönt klar und deutlich: Bier. Ein jüngerer Zwerg hilft ihr dabei, ein gutes Fass aus der Speisekammer ins Esszimmer zu tragen, in dem mittlerweile alle Gäste mit anpacken. Selbst der viel zu große Zauberer, der gebückt in dem kleinen Smial steht, richtet das Besteck neben den Tellern an.
Recht überrascht wirft Gandalf einen Blick auf die Hobbit-Dame, die in dem ganzen Durcheinander untergegangen ist. Sogleich huscht sie durch die Räumlichkeiten und trägt in ihren kleinen Händen etliche Krüge ins Esszimmer, bis der Zauberer seine Stimme erhebt: „Ah, Sie sind doch die Haushälterin. Schön, Sie zu sehen.", „Gleichfalls.", erwidert Margaret kleinlaut und beginnt damit, das frisch gezapfte Bier in die hölzernen Krüge zu füllen, die sie den durstigen Zwergen reicht. Aber Gandalf lässt nicht locker und fragt: „Seit wann arbeiten Sie für Bilbo?", „Puh, schon ein Weilchen. Vier... oder fünf Wochen?". Obwohl Gandalf sich fragt, warum der wohlhabende, emeritierte Hobbit eine Haushälterin benötigt, kann er verstehen, dass Bilbo sie angestellt hat, als sie fleißig den Forderungen der Zwerge nachkommt und sie willentlich mit Speis und Trank versorgt.
Während alle ihre Zeit in Beutelsend genießen, kehrt Bilbo angezogen aus dem Schlafzimmer zurück in den Gang und muss tatenlos mitansehen, wie seine Speisekammer geplündert wird. Margaret versucht ihren Arbeitgeber zu beschwichtigen: „Sicherlich werden wir noch erfahren, warum die Zwerge hier sind. Vielleicht sollen wir...", „Auf deinen Ratschlag kann ich im Moment verzichten!", lässt er sie abblitzen. Mit besorgter Miene beobachtet sie, wie er gereizt versucht, die Zwerge davon abzuhalten, seine Vorräte ins Esszimmer zu tragen. Er rast schier vor Wut, aber keiner der Anwesenden will den Hobbit ernstnehmen.
Nachdem sich alle eingefunden haben, speisen sie ungehemmt am überhäuften Esstisch. Margaret reicht auch dem letzten Zwergen seinen Krug und kann sich nicht erklären, was gerade passiert. Ein reges Durcheinander herrscht im überfüllten Zimmer, die Haushälterin will sich am liebsten die Ohren zuhalten, als sich das Lachen der Zwerge überschlägt, doch das ist nicht das Schlimmste. Schnell bemerkt man, dass es ihnen an Tischmanieren fehlt, als sie im Laufe des Abends beginnen, sich mit Essen zu bewerfen. Tomaten, Speck, Käse, Wurst – alles Mögliche fliegt durch die Luft. Das ist der Moment, wo Margaret entscheidet, die Gemeinschaft sich selbst zu überlassen und zieht sich zurück in die leere Vorratskammer, um für einen Moment dem ganzen Chaos zu entfliehen.
Kurz setzt sich auf einen kleinen Hocker und legt eine kurze Pause ein. Sie ist es nicht mehr gewohnt, so viele Gäste zu bedienen, und ist gänzlich erschöpft von diesem Tumult, der an ihren Nerven zehrt. Nur ist sie nicht allein, denn schon bald kreuzt Herr Beutlin auf, der angespannt vor seiner Haushälterin stehen bleibt. Auch er sieht danach aus, dass er eine Auszeit vertragen könne.
Aber anstatt sich neben sie zu setzen, sorgt er gleich für die nächste Aufregung. „Was fällt dir eigentlich ein?", schimpft er. Margaret erhebt ihren brummenden Kopf von ihren abgestützten Unterarmen: „Was?", „Das fragst du noch? Wieso hast du zugelassen, dass dieses Pack meine Vorratskammer plündert? Sieh dir das an! Alles weg! Warum hast du nichts dagegen getan?". Sie kann nicht glauben, was ihr Bilbo gerade vorwirft. Aufrecht setzt sie sich hin und erklärt ihm: „Was hätte ich tun sollen? Ihnen das Essen aus den Händen reißen sollen? Die Vorratskammer blockieren sollen? Glaubst du, die nehmen mich ernst, wenn sie nicht einmal dich ernstnehmen?".
Bilbo erhebt die Hände, ballt sie zu Fäusten und zwickt die Augen zusammen: „Ich weiß einfach nicht, wie ich diesen Pöbel wieder loswerde!". In seiner Not wendet er sich von ihr ab und hält sich am Türrahmen fest. Margaret steht auf, nähert sich ihrem Arbeitgeber und legt ihm behutsam eine Hand auf die Schulter: „Wir können nicht viel dagegen tun. Weißt du bereits, warum sie hier sind?". Er schüttelt den Kopf und seufzt: „Nein. Und vielleicht will es auch gar nicht wissen.". In Wirklichkeit nimmt er bereits an, zu wissen, warum sich 12 Zwerge und ein Zauberer in Beutelsend versammelt haben. Vor einem Tag war Gandalf hier, auf der Suche nach einem Abenteurer, den er glaubt in Bilbo Beutlin gefunden zu haben. Aber das kann er vergessen. Bilbo wird nie und nimmer auf ein Abenteuer gehen, dafür schätzt er viel zu sehr sein sorgloses Leben im Auenland mit seiner folgsamen Haushälterin, die er nicht unnötig beunruhigen möchte.
Im Abgehen spricht Margaret zu ihm: „Es ist wohl das Einfachste, wenn wir das Beste, aus der Situation machen.", und bewegt sich in die überfüllte Küche, wo es sich bereits einige Zwerge gemütlich gemacht haben. Recht befangen hält sie inne, bleibt in der Tür stehen und beobachtet die Zusammenkunft, bis es einer wagt an sie heranzutreten und sich ihr vorzustellen: „Ich glaube, wir sind uns noch gar nicht einander vorgestellt worden. Sie müssen Frau Beutlin sein, nicht wahr?". Entsetzt lacht sie: „Nein, nein. Ganz und gar nicht. Ich bin nur Margaret, die Haushälterin.", „Oh... Freut mich, Haushälterin Margaret.", und der Zwerg greift nach ihrer Hand, „Ich bin Bofur, zu Euren Diensten.", und zückt höflichkeitshalber die Mütze von seinem Kopf. Er will etwas sagen, aber beide hören bereits, wie der Gastgeber empört die Küche betritt und einem Zwergen das gehäkelte Tischdeckchen aus der Hand reißt. Zum Glück taucht Gandalf auf, der den kleinen Hobbit versucht zu besänftigen und sich mit ihm nach draußen in den leeren Gang begibt. Auch die übrigen Zwerge haben die Küche verlassen und sie ist endlich wieder allein.
Eigentlich will sie damit beginnen, den Abwasch zu erledigen, der sich bereits gestapelt hat , jedoch macht ihr ein Zwerg mit einer Axt im Kopf einen Strich durch die Rechnung. Er drängt sie zur Seite, greift nach dem Lappen und übernimmt ihre Tätigkeit. Höflich meint Margaret zu ihm: „Ich... ich mach das schon. Lassen Sie mich das machen.", aber als Antwort erhält sie lediglich eine Aneinanderreihung von zwergischen Begriffen, die sie nicht versteht.
Gleichgültig winkt sie mit der Hand, verlässt erneut die Küche und kommt draußen im Flur zum Stehen. Nachdenklich wischt sie sich durch den Haaransatz und bemerkt wie ihre Knie nach der ganzen Aufregung zittern. Vielleicht soll sie heute Abend nach Hause gehen. Vielleicht ist es das Beste, wenn sie Bilbo der Versammlung überlässt, denn allmählich verliert Margaret die Beherrschung.
Ehe sie sich versieht, fliegt an ihrem Kopf ein Teller vorbei. Bestürzt weicht sie den Gegenständen aus und entdeckt die Zwerge, die das benutzte Geschirr über den Luftweg in die Küche befördern, hinein zu Bifur, der es letztlich abwäscht. Dabei überhört jeder die aufgebrachte Stimme von Herrn Beutlin: „Tragt das zurück... entschuldigt mal, das ist das gute Westviertelgeschirr meiner Mutter, das ist über hundert Jahre alt!". Das ist nicht genug. Einige Zwerge am Tisch erzeugen mittels Besteck rhythmische Klänge. Das Klirren des Messings erregt die Aufmerksamkeit des Gastgebers, der seine Gäste ermahnt: „Und lasst ihr das bitte sein! Ihr macht sie stumpf!".
Bofur amüsiert sich an Bilbos Verärgerung: „Oh, Jungs, habt ihr gehört? Er hat gesagt, die Messer werden stumpf!", nebenbei stampfen die Zwerge mit ihren Füßen gegen den Boden. Margaret kann dem Geschehen kaum folgen, denn schließlich beginnt die Versammlung ein Lied anzustimmen:Schlitzt das Tischtuch von Damast,Kork und Gummi steckt in Brand,Werft die Gläser an die Wand,Tut was Bilbo Beutlin hasst!
Spritzt den Wein an jede Türe,In den Boden stampft das Fett,Tränkt die Chaiselongue mit Bier,Schmeißt die Knochen unters Bett!
Wir zerkleinern mit dem Beil,Töpfe, Schüsseln, Porzellan.Und ist dann noch etwas heil,Fangen wir von vorne an.
Alle mal mit angefasst!Tut was Bilbo Beutlin hasst!
Am Ende steht das gesamte Geschirr gestapelt in hohen Türmen auf dem Tisch. Kein einziges Teller ist zu Bruch gegangen, was nach diesem Zirkus ein wahres Wunder ist. Margaret, die ins Eck zurückgewichen ist, klatscht erfreut über die meisterliche Darbietung in die Hände. Endlich kann auch die Haushälterin wieder lachen.
Jedoch ist ihre Freude nicht von langer Dauer. Jeglicher Frohsinn löst sich in Luft auf, als es laut an der Tür klopft. Gandalf, der sich gerade eben seine Pfeife angezündet hat, spricht: „Er ist hier.".
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Frühlingsgefühl
FanfictionMargaret Braun führt für eine Hobbitfrau ein recht unstetes Leben, das sich durch eine schicksalshafte Begegnung im tänzelnden Pony schlagartig ändert.