47. "Ich denke, da gehöre ich hin"

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"Das dachte ich, beziehungsweise habe ich versucht mir einzureden", antwortet Noah mir.

"Die Wahrheit ist, ich hatte Angst! Ich hatte schon bevor ich deinen Nachnamen kannte große Zweifel."

Ich will etwas erwidern, aber Noah ist schneller: "Lass mich ausreden! Meine Bedenken hatten nichts und ich meine wirklich gar nichts mit dir zu tun. Du bist die wundervollste und atemberaubendste Person, die ich kenne. Du hast mich von Anfang an vollkommen durcheinander gebracht."

Vollkommen verwirrt und überrascht von Noahs Worten frage ich: "Was ist es dann?"

"Meine Mutter ist eine der stärksten und liebsten Frauen, die ich kenne. Mein Vater" - er schnauft genervt - "er hat sie nicht verdient! Seit ich klein bin, hat er sie ständig betrogen und hatte immer etwas mit anderen Frauen. Aber meine Mutter hat ihm immer wieder vergeben. Ich habe in den letzten Jahren vermutlich mehr Zeit bei Kyle verbracht, als bei mir zu Hause. Meine Mutter hat es erst vor knapp einem Jahr über das Herz gebracht, sich von meinem Vater zu trennen." Noah schweigt.

"Aber was hat das mit mir zu tun?", frage ich verwirrt. Ich sehe wie es Noah zu schaffen macht und lege meine Hand auf seinen Arm. Er blickt auf meine Hand und schließt dann für einen Moment die Augen. Dann blickt er mir wieder ins Gesicht.

"Kinder bestehen zu circa 50 Prozent aus jedem ihrer Elternteile. Und wenn ich nur ein halb so großes Arschloch bin wie mein Vater, möchte ich auf keinen Fall, dass du da irgendwie drin involviert wirst. Ich könnte dir niemals gerecht werden."

Ich bleibe stehen und sehe Noah geschockt an. Dann lege ich meine Hände an seine Wangen und schaue ihm tief in die Augen. "Ich kenne deinen Vater nicht, aber ich kenne dich! Und du bist in keinem Fall ein Arschloch! Das was du mir von deinen Eltern erzählt hast, lässt mich eher glauben, dass deine Mutter die dominanten Gene hat und du nach ihr kommst."

"Es tut mir alles so unfassbar Leid! Ich wollte dich nie in diese ganze Gangsache mit reinziehen. Ich dachte, dass es das beste wäre, mich von dir zu distanzieren. Und glaub mir, ich habe alles versucht. Aber ich konnte dich einfach nicht vergessen. Und eigentlich wollte ich es auch nicht."

"Aber ich hänge doch wegen meiner Brüder sowieso schon mit drin", erwidere ich.

Noah nimmt meine Hände in seine. "Das weiß ich jetzt auch. Hör zu, ich habe lange gebraucht, um es zu sehen oder habe alles versucht, um es zu verdrängen, aber Kyle hat es sofort gesehen und selbst deine Brüder haben es gesehen. Und ich weiß, dass du eigentlich in wenigen Stunden in den Flieger steigst, aber ich muss dir das sagen. Vielleicht ist es egoistisch, aber wenn ich es nicht tue, werde ich es mir nie verzeihen."

Verwirrt schaue ich Noah an.

"Ich habe es von Anfang an geliebt Zeit mit dir zu verbringen und dich zum Lachen zu bringen. Und auch, wenn ich so lange gebraucht habe, weiß ich jetzt, dass du mir von Anfang an den Kopf verdreht hast. Ich habe mich in dich verliebt, Sky! Und in der ganzen Zeit, in der wir nicht gesprochen haben und ich nur sehen konnte, wie du leidest, bin ich daran zerbrochen. Ich wollte dich in die Arme schließen, dich zum lachen bringen und dich küssen! Du bist etwas ganz besonderes. Und ich bin der größte Idiot, dass ich das nicht eher gecheckt habe."

"Du bist was?", frage ich geschockt. Mit all diesen Worten hatte ich überhaupt nicht gerechnet.

"Ich bin in dich verliebt, Skylar!", während er das wiederholt, schaut er mir in die Augen und lächelt.

In meinem Bauch fangen die Schmetterlinge an verrückt zu spielen. Langsam kommen seine Worte bei mir an. Er konnte mir alle meine Fragen beantworten. Ich wusste nicht, was ihn alles in seinem Leben geprägt hat, aber ich verstehe sein Handeln.

"Sky?", fragt Noah vorsichtig und ich sehe die Unsicherheit in seinen Augen. Ich war anscheinend sehr in meinen Gedanken versunken.

Ich entziehe ihm eine meiner Hände und platziere sie wieder auf seiner Wange. Dann stelle ich mich ein wenig auf Zehenspitzen und küsse ihn. Und in mir drin erweckt ein Feuerwerk. Ich merke, wie sehr Noah mir gefehlt hat. Wie sehr ich seinen Geruch, seine Stimme und auch seine Lippen vermisst habe. Es dauert keine Sekunde und Noah erwidert den Kuss. Seine eine Hand legt er ebenfalls auf meine Wange, während er seinen anderen Arm um meine Taille legt und mich näher zu sich zieht. Meine zweite Hand findet ihren Weg in seine Haare.

Als wir uns ein Stück lösen, gucken wir uns lächelnd an. Noah scheint gar nicht daran zu denken, mich loszulassen und hält mich nah bei ihm. Was mich jedoch nicht im geringsten stört.

"Ich habe mich auch in dich verliebt! Und nicht mit dir zu reden, war für mich das schlimmste! Aber ich hatte Angst! Angst vor der Gangsache, davor, dass du mich wegstößt und insgesamt haben mich all die Begegnungen mit Dillen, Jordan und Jerk vollkommen verängstigt", antworte ich ehrlich. Sofort schließt Noah wieder die Lücke zwischen uns und küsst mich erneut, was ich sofort erwidere.

"Ich lasse dich nie wieder los, ich hoffe, dass ist dir klar! Ich tue alles, damit dir nie wieder etwas passiert! Und wenn es sein muss, komme ich mit dir nach London", sagt Noah etwas atemlos, als wir uns wieder lösen.

"Ich glaube, ich will gar nicht wieder zurück nach London!"

Geschockt sieht Noah mich an.

"Ich wollte weg, um wieder bei meiner Mama zu sein, aber sie kann auch hierher ziehen. Und ich denke der andere Hauptgrund war, dass ich es nicht ertragen konnte, dich täglich zu sehen, aber nicht mit dir zu sprechen."

Noah gibt mir einen kurzen Kuss auf die Wange und fragt mich dann: "Aber was ist mit den Gangs?"

"Ich glaube, da ist noch vieles, was ich nicht verarbeitet habe, aber für das erste denke ich, gehöre ich hierher!"

Glücklich lehne ich mich an Noah und küsse ihn erneut.

"Du bleibst also hier?", fragt Noah nochmal ungläubig. Ich nicke und er zieht mich noch enger in die Umarmung.

Dann laufen wir nochmal ein Stück weiter um den See und ich erzähle ihm, warum ich überhaupt hierher gezogen bin. Unsere Unterhaltung unterbrechen wir immer wieder durch Küsse. Ich bin im Augenblick rundum glücklich und verdränge alles, was mir versuchen könnte mein Glück zu nehmen.

"Ich finde es übrigens, dass mein Pulli dir wirklich hervorragend steht!", sagt Noah irgendwann. Ich grinse ihn an.

"Ich gebe ihn dir gerne wieder, im Tausch gegen einen anderen."

Noah zieht fragend eine Augenbraue hoch. Ich überlege kurz, ob ich ihm das sagen soll, entscheide mich dann dafür, da reden vermutlich das einzige ist, was mir hilft über all das hinweg zu kommen.

Wo gehöre ich hin?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt