Kapitel 15 - Ayla

35 3 0
                                    

Mein Handy weckte mich um 4 Uhr und ich sah mit verschlafenen Augen, dass ich eine Nachricht hatte.

>Es tut mir leid, meine Kollegin hat mich auf meine unpassende Wortwahl hingewiesen. Mit „wir müssen reden" meinte ich eigentlich nur, dass wir wirklich darüber reden sollten, nicht mehr und nicht weniger.<

Sofort speicherte ich seine Nummer wieder ein. Jaro musste eindeutig noch lernen mit Frauen zu sprechen, dabei lachte ich und hatte kleine Schmetterlinge in meinem Bauch. Vielleicht würde er mich doch nicht abschießen, sicherheitshalber freute ich mich aber erst einmal nicht zu sehr.
Noch müde kam ich beim Laden an und schloss ihn auf, zog mich um und bereitete mich auf den Ansturm vor. Es gab morgens zwei Zeitfenster, die richtig heftig waren, 6 Uhr 30 und 8 Uhr 30, danach war bis 11 tote Hose und da ich heute nur bis 14 Uhr Dienst hatte, würde ich den Abendansturm nicht mehr mitbekommen, Gott sei Dank.
Fido kam pünktlich um halb sechs und half mir, gleich dabei die Frischware durchzugehen. Unser Boss hasste es, wenn wir ein Ablaufdatum übersahen, da war er sehr pingelig.
Der erste Ansturm war schnell geschafft, ich hatte die Kasse übernommen. Gestresste Angestellte wollte ich Fido noch nicht zumuten und deswegen hatte er den Boden gewischt und angefangen ein paar Regale einzuräumen, dabei half ich ihm jetzt.
„Irgendwie ist das Arbeiten mit dir richtig entspannend", lächelte er mich breit an.
„So sollte es aber nicht sein", so richtig verstand ich einfach nicht, was er mir damit sagen wollte.
„Nein, so meinte ich es nicht. Ich finde einfach nur, dass du sehr gut strukturiert bist und es deswegen angenehm ist, mit dir einen Dienst zu haben. Sam ist total chaotisch und ich musste oft hin und her laufen, weil er immer etwas vergessen hatte", nun lächelte er verlegen und ich nickte verständnisvoll. Dienste mit Sam waren wirklich anstrengend.

Nach dem zweiten Ansturm gönnte ich mir ein Kirschcola und lehnte mich an den Tresen bei der Kassa. Fido beobachtete mich während er die Kaugummis auffüllte.
„Was ist?", sah ich ihn an.
„Nichts, ich dachte nur gerade daran, dass sich dein Freund sehr glücklich schätzen kann", dabei sah er wieder zum Regal.
„Fido? Flirtest du mit mir?", lachte ich laut auf, diese Situation war zu befremdlich, um ernst bleiben zu können.
Langsam stand er auf und sah mich an, „Ja", dabei legte er seine Hand wieder in den Nacken.
„Mach das lieber nicht", warnte ich ihn vorsichtig, ich war kein Mensch für so etwas.
Fido wirkte nett und süß und was ich dem letzten Mann angetan hatte, der so war, wisst ihr ja.
„Liegt es an mir oder daran, dass wir Kollegen sind?", hob er nun die Kiste auf und war auf dem Weg ins Lager.
„An mir. Ich kann das nicht, okay? ", grinste ich und er ging davon.
Was sollte ich ihm jetzt großartig erklären? Dass ich unfähig zu Bindungen war? Dass ich nur darauf wartete zu sterben?
Jaro hatte Recht, meine Vergangenheit hatte er mir nicht genommen und das war auch gut so, ich war nun einmal wie ich eben war.

Um Eins wollte Fido eine Pause machen und ich schickte ihn weg, ich war viel zu aufgeregt, um etwas essen zu können. In einer Stunde würde Jaro mich abholen und wir würden reden, was auch immer er darunter verstand.
Fünf Minuten noch, dann würde ich mich umziehen gehen. Marc und Derek waren schon da und wir waren alles durchgegangen. Eigentlich nahm ich mir für die Dienstübergabe immer viel Zeit, aber heute hatte ich keinen Kopf dafür, zu sehr beschäftigte mich das baldige Gespräch.
„Geh", sagte Derek zu mir, aber ich sah ihn nur fragend an.
„Du bist so nervös, du hast doch sicher ein Date oder so etwas", lachte er und schob mich in die Umkleide, „Geh", lächelte er und ich zog mich schnell um, dann verabschiedete ich mich und war weg.

Jaro stand schon vor dem Laden und lächelte mich breit an, das war kein Lächeln, das zu einer Trennung führen würde, mein Herz hüpfte vor Freude.
„Gute gelaunt?", empfing Jaro mich in seinen Armen.
„Ja, jetzt schon", lächelte ich und wir machten uns auf den Weg.
„Du wolltest reden?", beschloss ich, dieses Thema lieber noch auf der Straße anzusprechen.
„Ja, richtig, hätte es fast vergessen", gab er zu und sein breites Grinsen verschwand langsam.
Er blieb nun vor mir stehen und stoppte mich so, sehr sanft.
„Ayla, du musst mir jetzt wirklich gut zuhören, das ist mir wichtig, okay?", seine Stimme klang tief aber ruhig.
Um ihn nicht zu unterbrechen nickte ich nur und sah ihm dann in seine leuchtend grünen Augen, da fiel mir zum ersten Mal auf, dass sie sogar schwarze Linien und blaue Punkte hatten und mein Herz begann zu rasen, was er natürlich sofort bemerkte.
„Du bist nicht aufmerksam", lachte er und legte dabei seine Hand auf meinen Hals, jetzt konnte ich sehen, wie die schwarzen Linien minimal breiter wurden, so passierte das also.
„Jetzt", räusperte ich mich und sah Jaro nun auf den Brustkorb, hier war weniger, was mich gefangen nehmen konnte, dachte ich.
Sein Schlüsselbein trat markant hervor und ich konnte es am Kragen seines schwarzen Shirts bewundern, seine Brustmuskulatur war enorm ausgeprägt und ich musste schwer schlucken, als ich das perfekte Sixpack durch den engen dünnen Stoff sah, wie kleine Brötchen die auf seinem Bauch lagen sah es aus und mein Atem ging plötzlich sehr schnell.
„Ayla?", lachte er und drehte mich von sich weg, dabei flüsterte er mir ins Ohr, „Hier sollte es nichts geben, dass dich ablenkt", hatte er mich an eine graue Hausmauer gedreht und ich nickte verlegen, so sollte es wirklich gehen.
„Also", begann er mit tiefer Stimme und war meinem Ohr verdammt nahe, ich spürte seinen Atem an meinem Hals und meine Nackenhaare stellten sich auf, so ging es eindeutig auch nicht.
Jaro atmete frustriert ein und aus und drehte mich erneut um, „Also, wie machen wir das?", dabei umspielte ein kleines Lächeln seine Lippen und ich musste grinsen.
„Es geht jetzt, ich höre dir zu, versprochen. Ich schaue einfach auf den Boden", war ich voll bei der Sache und mein Körper reagierte entspannt.
„Ich will dass du begreifst, dass ich dich töten kann, verstehst du das?", dabei schluckte er schwer und ich nickte, „Mir ist es wichtig, dass du verstehst, dass es nicht meine Absicht ist und du deswegen jedes STOPP von mir ernst nehmen musst, begreifst du das?", mein Bauch begann zu kribbeln, sprachen wir gerade darüber vielleicht Sex haben zu können?
„Ich bewege mich, bei unseren Treffen, in einer Grauzone, da es mir aufgrund meiner Arbeit genau genommen verboten ist in Kontakt mit Menschen zu treten, verstehst du das?", ich nickte aufmerksam und sah wie sich seine Beinmuskulatur etwas anspannte, gleich würde er etwas sagen dass ihm wirklich wichtig war.
„Der Auftrag, bei dem wir uns kennenlernten, hat diese Grauzone ermöglicht, davor wäre ich sofort suspendiert worden, aber meine Arbeit ist mir verdammt wichtig. Was wir gestern gemacht haben, hätte ich nicht tun dürfen", jetzt kam es gleich, seine Hände umfassten sanft meine Oberarme und sein ganzer Körper spannte sich an, vorsichtig hob ich meinen Kopf und sah in die dunkelgrünen Augen, „Ich habe aber jede Sekunde davon genossen", mein Herz begann zu rasen und ich schluckte schwer, er sprach aber einfach weiter, das musste jetzt aus ihm raus, „Ich will aber ehrlich sein, ich habe daran gedacht dich zu töten, mehrmals. Der Drang war real und greifbar", sein Gesicht war ruhig und sein Atem auch.
„Ich weiß", flüsterte ich leise und er riss die Augen auf.
„Ayla", klang er verzweifelt, „Ich wollte dich töten", dabei veränderten sich seine Augen wieder, sie hellten sich immer mehr auf.
„Jaro, ich weiß das, ich war dabei, aber du musst verstehen, dass mir das keine Angst macht. Du musst einsehen, dass mir mein Leben nicht wichtig genug ist, um Angst davor zu haben, was passieren könnte, wenn du dich einmal nicht im Griff hast. Es ist bei uns wie in jeder normalen Beziehung, obwohl mich ein Fehler im Straßenverkehr töten könnte, würde ich dennoch in das Auto meines Freundes steigen, verstehst du das?", seine Augen waren hellgrün und er nickte langsam.
„Beziehung?", lachte er dann und ich spürte die Hitze in meine Wangen steigen.
„So habe ich das nicht gemeint", lachte ich verlegen und ging gespielt verärgert an ihm vorbei, das Gespräch war damit beendet.
Auch er musste verstehen, dass ich kein Bindungstyp war.

Verliebt in GrünWo Geschichten leben. Entdecke jetzt