Sie stand auf den Stufen vor einer Gruft. Es war die Gruft von Joseph Crackstone, dem Gründervater Jericho's. Es war nicht genau auszumachen, ob es Tag oder Nacht war. Der Himmel war grau und dunkel, doch es war noch hell genug, um die kahlen Bäume ringsum zu erkennen. Gespenstisch wippten sie im Wind.
Eine warme Hand legte sich sanft auf ihre Schulter. Es war Xavier "Da bin ich"
"Ich hab mich schon gefragt, wann du auftauchst" entgegnete sie lächelnd.
"Ich würde dich doch nicht versetzen" antwortete Xavier mit seiner beruhigenden Stimme und umarmte sie.
"Du wolltest mir noch sagen, warum du mich hier her bestellt hast" meinte sie, nachdem sie sich von Xavier gelöst hatte.
"Ja ich.. wollte dir das hier geben" er holte ein kleines braunes, schlecht verpacktes Päckchen mit einer süßen roten Schleife aus seiner Jackentasche "Ein Abschiedsgeschenk"
Mit fahriger Hand nahm sie das Päckchen entgegen und zog an der Schleife. Etwas silbriges kam zum Vorschein und...Das Klicken der Badezimmertür hatte May unliebsam aufgeweckt. Warum hatte Yoko nicht zwei Minuten später auf Toilette gehen können?
Diese Erinnerungen, wie kurz sie auch sein mag, war eine von Mays liebsten. Diese hatte sie nie vergessen und wollte es auch nicht.
Es war noch stockdunkel. Ein Blick auf die Uhr verriet May, dass es erst 02:23 Uhr war. Sie hatte noch Stunden zu schlafen. Müde schloss sie die Augen um erneut einzuschlafen, jedoch vermeintlich.
Das Geschenk, welches Xavier ihr im Traum gegeben hatte... May wurde geweckt, bevor sie es komplett auspacken konnte. Dennoch wusste sie, was es war, denn sie hatte es ja im wachen Zustand schoneinmal ausgepackt.
Der Tatsche bewusst, dass sie nicht mehr einschlafen konnte, bevor sie nicht nocheinmal den Inhalte des Päckchens gesehen hatte, stand sie leise auf und ging zu ihrem Kleiderschrank. Behutsam öffnete sie die oberste Schublade und kramte die unordentlich zusammengefalteten Socken beiseite, bis sie einen kleinen, gold schimmernden Griff zu Gesicht bekam. Sie griff danach und zog ihn nach oben. Es war ein doppelter Boden, welcher ein winziges Fach zum Vorschein brachte. Und da lag es; Das Päckchen aus ihrer Erinnerung. Seit mehr als einem Jahr hielt May es nun dort versteckt. Doch nun holte sie es aus seinem verstaubten Hohlraum heraus und nahm es mit zu sich ins Bett. Leise knippste sie ihre Nachttischlampe an und setzte sich ans Kopfbrett. Sie öffnete die Hand, in der sie das schmutzige Päckchen hielt und beäugte es, als würde sie es das erste mal sehen. Es war keine Schleife mehr darum, deswegen war es nur halb so aufwendig, den Inhalt auszupacken. Wie in ihrem Traum glitzerte ihr etwas Silbriges entgegen, als sie begann, das Papier zu entfehrnen. Eine feingliedrige Kette rutschte aus dem Papier auf ihren Schoß. Vorsichtig, mit spitzen Fingern hob May die Kette aus den Falten ihrer Bettdecke und ließ den Anhänger vor ihrem Gesicht baumeln. Es war ein glitzernder, tropfenförmiger Edelstein. Und er hatte exakt den selben hellen Blauton, wie Mays Augen, in denen nun kleine Tränen glänzten. Ein dicker Kloß bildete sich in ihrer Kehle und erschwerte ihr das Atmen. Mit beiden Händen umschloss sie den Anhänger und drückte ihn sich gegen die Brust. Markerschütternde Schluchzer unterbrachen die nächtliche Stille. Alles in ihr zog sich zusammen und plötzlich stach etwas in ihrem Inneren. Es war ein beunruhigendes Gefühl, welches sich in ihrem Herzen ausbreitete. Fühlte sich so Schmerz an? May kannte keinen Schmerz. Sie sollte ihn nicht kennen und doch... Ihr Inneres blutete beim Anblick der Kette. Aber warum? Es war bloß eine Kette! Klar, rede es dir so ein! sagte eine kleine leise Stimme in ihrem Kopf.
Plötzlich klickte die Badezimmertür erneut. Bevor Yoko heraustrat, versteckte May hastig die Kette unter ihrem Kopfkissen und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.
"Oh, du bist ja auch wach" gähnte Yoko und schaltete das Licht im Bad aus.
"Ja ich.. wollte aber gleich wieder schlafen gehen. Gute nacht" haspelte May
"Ja ok gute N- warte mal" unterbrach sich Yoko "Sag mal weinst du?"
"Was? Oh nein, ich hab bloß was im Auge" entgegnete May gespielt fröhlich "Ich meine, warum sollte ich Traurig sein, wo ich doch Morgen meinen Gips loswerde?"
"Wenn du meinst" erwiederte Yoko mit einem skeptischen Gesichtsausdruck.
May schenkte Yoko noch ein letztes aufgesetztes Lächeln, bevor sie das Licht ausknippste.
"Nacht" murmelten Beide, dann wurde es wieder Still.
Im Dunkeln griff Mays Hand unter ihr Kopfkissen und tastete nach der Kette. Dann fiel sie in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
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Painful Memories || Xavier Thorpe FF (ABGEBROCHEN)
Fiksi PenggemarABGEBROCHEN ××× May Kingster. Mit Narben vom Leben gezeichnet, doch spüren konnte sie das nicht. Um so mehr machte es ihr Angst. Angst, dass sie es doch irgendwann spüren könnte und an dem Schmerz zerbricht. Hätte sie doch nur gewusst, dass es noch...