1. Wer der Verwirrte ist

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the only heaven I'll be sent to
is when I'm alone with you

Noch immer fassungslos den Kopf schüttelnd saß Bob in seinem gelben Käfer und fuhr gedankenverloren die Straße entlang, während die Zeilen des Songs "Take me to church" im Radio ertönten. Er konnte immer noch nicht ganz fassen, was ihm in der Bibliothek widerfahren war.

Im letzten Moment bog der dritte Detektiv in die Straße ein, in der Peter wohnte. Mit quietschenden Bremsen kam das Auto in der Auffahrt der Shaws stehen und Bob stieg aus.

Nachdem er den Wagen abgeschlossen hatte, fiel ihm ein, dass er seine Tasche auf der Rückbank vergessen hatte, in der er das Buch verstaut hatte, dass er Peter aus der Bibliothek mitbringen sollte. Er seufzte tief und schloss das Auto wieder auf. Heute war wirklich nicht sein Tag.

Eine Minute später klingelte er an der Haustür der Shaws und kramte dann in seiner Tasche das Buch hervor. Als er hörte, wie sich die Tür öffnete, sagte er ohne aufzublicken: "Du glaubst gar nicht, was mir gerade passiert ist." 

Als er nach oben sah, blickte er in das verwunderte Gesicht von Peters Mutter, die gerade sagte: "Hallo Bob. Ich nehme an, dass du zu Peter wolltest. Er ist leider gerade nicht da." 

Der Dritte antwortete etwas beschämt: "Tut mir leid für die etwas unangebrachte Begrüßung, ich war davon ausgegangen, Peter hier anzutreffen. Wissen Sie zufällig, wo er ist?" Er musste sich wirklich zusammenreißen, um nicht "mein Freund" zu sagen. Meine Güte, er war wirklich neben der Spur.

"Kein Problem", die Frau lächelte freundlich, "Er ist erst vor zwanzig Minuten aus dem Haus gegangen und so, wie ich ihn verstanden habe, wollte er mit Jeffrey am Strand surfen gehen. Am besten schaust du dort mal nach ihm. Möchtest du noch kurz reinkommen und etwas trinken?"

"Das ist wirklich nett, Mrs. Shaw, aber ich mache mich lieber direkt auf die Socken. Danke, einen schönen Abend noch!" 

Sie winkten sich noch zu, ehe Bob sich wieder auf den Weg zu seinem Käfer machte. Ein wenig verwundert war er schon. Normalerweise hatte Peter den Freitagabend immer für ihn reserviert, aber er konnte gleichzeitig nicht von ihm erwarten, dass er immer auf Knopfdruck bereitstand. Der dritte Detektiv lenkte seinen Wagen auf die Straße und fuhr dann in Richtung Küste davon.

Auf dem Parkplatz stieg Bob aus und sah schon von weitem zwei Surfer in den Wellen umhergleiten. Ansonsten war es erstaunlich leer am Strand und der Dritte verlor keine Zeit, an den Strand zu kommen.

Unten angekommen konnte er erkennen, dass es sich bei den beiden Surfern tatsächlich um Jeffrey und Peter handelte. Sein Freund glitt konzentriert auf seinem Board durch die tosenden Wellen und registrierte ihn erst gar nicht. Als er schließlich doch seinen Kopf hob, winkte er ihm so stürmisch zu, dass er fast das Gleichgewicht verlor. Lachend schlug Bob die Hände vor dem Gesicht zusammen und rief: "Nur nicht vom Board fallen, Peter!", auch, wenn er sich ziemlich sicher war, dass der zweite Detektiv ihn nicht hören konnte. 

Da der Zweite wohl dachte, dass Bob etwas wichtiges gesagt hatte, lenkte er sein Board in Richtung Strand und kam kurze Zeit später am Ufer an. "Was hast du eben gesagt?", rief er schon von weitem. 

"Eigentlich habe ich nur gesagt, dass du nicht vom Board fallen sollst", antwortete der Dritte belustigt, als Peter schließlich neben ihm stand.

"Och menno, und ich dachte, es wäre etwas wichtiges gewesen", maulte der zweite Detektiv. 

"Freust du dich denn gar nicht, mich zu sehen?", fragte Bob gespielt empört und stemmte die Hände in die Hüften.

"Oh doch, natürlich habe ich mich auf dich gefreut. Sehr sogar!", raunte Peter zurück und wollte gerade unauffällig nach der Hand seines Freundes greifen, als Jeffrey zu den beiden aufschloss.

"Na, ihr beiden? Ich wollte sowieso gerade nach Hause gehen, mein Magen knurrt und zu Hause wartet eine große Portion Lasagne auf mich. Habt Spaß", sagte er, zwinkerte ihnen kurz zu und verschwand in den Dünen, ohne sich noch einmal umzudrehen.

"Was war das denn?", fragte der dritte Detektiv etwas verdattert, als Jeffrey außer Hörweite war. "Hast du es ihm etwa erzählt?", lautete seine nächste Frage.

"Nein, nein!", beschwichtigte der Zweite ihn, " Ich habe ihm nichts erzählt. Wo denkst du hin? Er wäre der Letzte, den es stören würde, aber ich weiß, dass wir abgemacht haben, dass wir uns zuerst absprechen, bevor wir es jemandem erzählen. Aber vielleicht hat er gemerkt, dass wir uns im Beisein des anderen anders verhalten, keine Ahnung." Er zuckte mit den Schultern.

"Puh, in Ordnung" Bob atmete erleichtert aus. "Warum hast du mir eigentlich nicht Bescheid gesagt, dass du an den Strand fährst? Ich bin erst bei dir zu Hause vorbeigefahren, weil ich dir doch das Buch vorbeibringen wollte, aber deine Mutter hat mir gesagt, dass du mit Jeffrey am Strand bist", hakte er nach.

"Schau mal auf dein Handy, du Schlaumeier", grinste der Zweite.

"Wie jetzt?"

"Na, schau mal nach", lachte Peter.

Bob kramte in seiner Hosentasche nach seinem Handy und seine Augen blieben verwirrt bei der Benachrichtigung auf dem Sperrbildschirm hängen. Drei verpasste Anrufe von Peter.

Der zweite Detektiv erklärte derweil: "Jeffrey hat mich angeschrieben und gefragt, ob ich Lust habe, mit ihm surfen zu gehen. Da ich wusste, dass du wahrscheinlich nach dem Besuch in der Bibliothek direkt zu mir fahren würdest, um mir das Buch vorbeizubringen, habe ich versucht dich anzurufen. Allerdings ohne Erfolg, wie du gemerkt haben dürftest. Was war denn los?"

"Ach, frag lieber nicht", blockte Bob die Frage ab und seufzte. 

"So schlimm?", kam eine weitere Frage hinterher.

Der dritte Detektiv seufzte wieder nur und erwiderte dann schelmisch grinsend: "Wenn ich ein angemessenes Dankeschön für das Buch bekomme, überlege ich es mir."

"Das lässt sich sicherlich einrichten", lächelte Peter, der mit dem Rücken zur untergehenden Sonne stand, sodass seine roten Haare golden funkelten.

Er nahm Bob die Tasche von der Schulter und legte sie vorsichtig im Sand ab. Dann öffnete er die Sweatjacke seines Freundes, zog sie ihm aus und ließ sie dann ebenfalls zu Boden sinken.

Bob ließ all das geschehen und genoss die sanften Berührungen, die jedes Mal ein wohligwarmes Kribbeln auf seiner Haut hinterließen.

Schließlich zog Peter ihn zu sich heran, nahm sein Gesicht in die Hände und küsste ihn zärtlich. Sie hatten sich zwar erst gestern gesehen, doch für Bob hatte es sich wie eine Ewigkeit angefühlt, seit er seine Lippen zuletzt gespürt hatte. Fast schon gierig vertiefte er den Kuss.

Als sie wieder ein wenig Platz zwischen ihnen geschaffen hatten, murmelte Bob in Peters Haare, durch die er gerade mit seinen Fingern fuhr: "Ich habe es so vermisst."

"Was hast du vermisst?", lautete etwas verwirrt die Gegenfrage.

"Alles an dir."

Die drei Fragezeichen und die Gesetze der Unmöglichkeit | Part 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt