Während Peter das Badewasser einließ, lehnte Bob am Wäschekorb und beobachtete seinen Freund. Mein Gott, dieser Körper. Er mochte es nicht, sich selbst so oberflächlich zu erleben, war er doch eigentlich ein tiefgründiger und am Charakter interessierter Mensch. Aber was konnte der Verstand schon ausrichten gegen die magische Anziehung zweier Menschen?
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Eine Weile später saßen die drei Freunde in einem der Restaurants auf dem Gelände des Ferienparks und machten sich über die wunderbar duftenden Pizzen auf den Tellern vor sich her.
Justus begann eine Konversation: „Ich kam noch gar nicht dazu, euch von meinem nachmittäglichen Ausflug zu berichten."
„Dann schieß mal los, Erster!", mampfte Peter.
„Also: Ich bin ein wenig durch den Park gegangen, um mir die anderen Hütten anzuschauen. Dabei konnte ich in einer der Hütten zufällig ein Gespräch mithören. Es war das Haus Nummer 63, also nur zwei Häuser neben dem unseren. Das Küchenfenster stand zufälligerweise offen und ich konnte belauschen, wie eine Frau vollkommen aufgelöst immer wieder rief: „Er ist weg! Er ist weg!" Ich konnte leider nicht herausfinden, worum es sich bei „er" handelt. Aber das klingt nach genau der richtigen Angelegenheit für uns, Kollegen."
„Dein Elan in allen Ehren, Just. Aber es kann sich auch um etwas ganz banales gehandelt haben, das verschwunden ist. Wir müssen nicht immer vom schlimmsten ausgehen", erwiderte Bob.
„Und falls du es schon vergessen haben solltest: Wir sind hier, um Urlaub zu machen. Nicht, um schon wieder auf Verbrecherjagd zu gehen. Dafür müssen wir nicht nach Santa Monica fahren", schloss sich der Zweite an.
„Trotzdem", ließ Justus sich nicht unterbuttern und verschränkte schmollend die Arme. Nun sah er mehr aus wie ein Kleinkind und nicht wie ein gestandener Jugendlicher. „Wenn ihr nicht mitkommen wollt, ist das eure Sache. Aber ich werde dem Grund des merkwürdigen Gespräches auf den Grund gehen.
„Okaaay, meinetwegen", gab Peter sich geschlagen. Seine Neugier war nun doch geweckt und er war sich sicher, dass es Bob genauso ging. „Dann lasst uns nach dem Essen noch einmal zur Hütte aufbrechen und fragen, ob alles in Ordnung ist. In Ordnung, Bob?"
„Ja, in Ordnung", seufzte Bob, „Auch wenn ich mir eine wesentlich schönere Abendgestaltung erhofft hatte."
„Als da wäre?", sprang Justus auf den Zug auf, „Vor dem Fernsehern sitzen und Krimis schauen? Davon kannst du im echten Leben schon genug haben, wie du gerade siehst."
Der dritte Detektiv zuckte nur mit den Schultern. Er wusste, dass es keinen Sinn hatte, mit Justus diskutieren zu wollen.
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Nachdem sie alle ihre Pizzen vertilgt hatten, machten sie sich auf den Weg zur Hütte Nummer 63. Im Inneren brannte kein Licht, aber noch war die Dämmerung nicht hereingebrochen, also war dieser Umstand nicht weiter verwunderlich.
Die drei Jungen stellten sich an die Haustür und klingelten. Eine Weile geschah nichts, ehe sich langsam Schritte näherten und sich schließlich die Tür öffnete. Eine Frau Mitte dreißig mit verquollenen Augen und müdem Blick öffnete den Detektiven.
„Was gibt es? Wer seid ihr?", lautete die erste Frage. Die Stimme der Frau klang nicht harsch, sondern eher weich und ausgebrannt.
Justus schilderte ihr, was er am Nachmittag mitbekommen hatte und reichte ihr schließlich die Visitenkarte mit den Worten: „Das ist unsere Karte, Madam. Wir sind Detektive und ich dachte, dass sie vielleicht unsere Hilfe gebrauchen könnten."
Die junge Frau nickte und antwortete dann: „Vielleicht könnte ich wirklich eure Hilfe gebrauchen. Kommt rein."
Sie trat einen Schritt zur Seite und ließ die drei Freunde herein.
„Setzt euch", forderte sie die drei auf und deutete auf ein braunes Ledersofa. Sei selbst ließ sich erschöpft in einen Sessel sinken.
Dann begann sie zu erzählen: „Ich bin mit meiner Freundin und unserem Sohn hier im Urlaub. Er ist gerade mal vier Jahre alt. Und seit heute Nachmittag ist er einfach verschwunden. Er ist nicht mehr aufzufinden. Meine Freundin ist zu einer Sightseeing Tour gefahren und als ich sie heute Nachmittag so aufgelöst angerufen habe, ist sie sofort losgefahren. Sie sollte eigentlich jeden Moment hier sein. Ich habe schon jeden Winkel des Feriendorfes abgesucht, viele Besucher gefragt, doch niemand hat meinen Kleinen gesehen." Sie schluchzte laut. „Tut mir leid."
„Wir verstehen, dass das eine sehr aufwühlende Situation für Sie ist. Nehmen Sie sich Zeit", redete Justus beschwichtigend auf die junge Frau ein.
„Sagen Sie, haben Sie ein Foto von Ihrem Sohn? Damit wir wissen, nach wem wir suchen müssen. Kinder gibt es hier schließlich einige", hakte Peter nach.
Die Frau nickte, holte ein Bild hervor und zeigte es den dreien. Darauf war ein lachender kleiner Junge mit hellblonden Locken und stahlblauen Augen zu sehen. Er trug einen Matrosenanzug. „Das ist mein Sohn."
„Haben Sie denn schon die Polizei informiert?", fragte Bob weiter.
„Ja, das habe ich bereits gemacht, aber auch sie haben bis jetzt nicht mehr gemacht als ich. Nur die Besucher und mich haben sie befragt und dann sind sie gefahren, um ihre Ergebnisse auszuwerten. Der Inspektor hat mir allerdings seine Nummer dagelassen, vielleicht könnt ihr damit ja etwas anfangen", erklärte die Frau.
Justus erwiderte: "Ja, die Nummer könnte wirklich hilfreich für uns sein."
Die Frau kramte in ihrer Hosentasche und zog einen Zettel heraus. Auch ohne die Nummer gelesen zu haben, wussten die drei Detektive, dass es sich um die Nummer von Inspektor Cotta handelte. Seine Handschrift war unverkennbar.
"Wir kennen den Inspektor persönlich. Wir werden uns mit ihm in Verbindung setzen, um so schnell wie möglich dafür zu sorgen, dass ihr Sohn wieder auftaucht", fügte der erste Detektiv hinzu.
Dann öffnete sich die Haustür mit einem Klicken und eine weitere junge Frau betrat die Hütte. „Schatz!", rief sie und stürmte auf den Sessel zu, in dem die noch immer aufgelöste Frau saß. Die beiden verfielen in eine innige Umarmung und der Seelenschmerz war ihnen eindeutig anzusehen.
„Wen hast du denn eingeladen?", fragte sie und blickte die drei Detektive an.
„Das sind drei Detektive, Sandra. Sie sollen beim Suchen von Milo helfen", erwiderte die Frau im Sessel.
„Entschuldigung, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Ich heiße Mina Parker und das ist meine Freundin Sandra Lizbeth. Ihr habt sicherlich schon gehört, was passiert ist. Wir können uns das gar nicht erklären. Wir sind schon seit drei Tagen hier und es gab keinerlei ungewöhnliche Vorkommnisse. Und plötzlich ist Milo weg." Fassungslos schüttelte Mrs. Parker den Kopf.
„Ich habe im Bad meine Haare geföhnt und als ich wiederkam, war er verschwunden. Die Terrassentür stand offen, obwohl ich der festen Überzeugung bin, dass sie vorher geschlossen war. Ich verstehe das alles nicht!" Auf Mrs. Lizbeths Gesicht zeichnete sich stark die Verzweiflung der letzten Stunden ab.
„Danke für die vielen hilfreichen Informationen. Wir werden diese jetzt für uns ordnen und sobald wir eine Spur haben, melden wir uns bei Ihnen. Und wenn Ihnen noch etwas einfällt, das von Wichtigkeit sein könnte, melden Sie sich bei uns." Dabei tippte Justus auf die Visitenkarte, auf die er mit einem Kugelschreiber seine Handynummer gekrakelt hatte.
„Wir haben zu danken! Wir sind euch so dankbar, dass ihr uns helfen wollt, unseren Sohn wiederzufinden", erwiderte Mrs. Parker und die beiden Frauen begleiteten die drei Detektive zur Tür.
Draußen ergriff Bob das Wort: „Und was machen wir jetzt?"
„Wir gehen zurück in unser Haus, sortieren die Informationen und dann werden wir unsere nächsten Schritte planen", erwiderte der Erste.
„Aber ich bin müde", klagte Peter.
„Die Arbeit fängt gerade erst an", murmelte Justus.
„Na toll", lauteten die letzten Worte des zweiten Detektivs, ehe sie ihre Hütte betraten.
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Die drei Fragezeichen und die Gesetze der Unmöglichkeit | Part 2
Teen FictionNachdem der letzte Fall der drei Fragezeichen erfolgreich zu den Akten kommt, versuchen Peter und Bob ihre Liebe und ihren Alltag zu arrangieren. Blöd nur, wenn man dabei versucht, seine Beziehung vor Freunden und Familie geheim zu halten und gleich...