10. Warum wir ein Puzzle eines blauen Himmels lösen müssen

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„Also, was haben wir, Kollegen?", fragte der erste Detektiv in die Stille, die sich über dem Küchentisch ausgebreitet hatte.

Bob saß mit einem Block und einem Stift in der Hand dort, um die Informationen aufzuschreiben, die sie bis jetzt erhalten hatten.

„Zwei Frauen, ein vierjähriger Junge namens Milo, die Tatsache, dass sie seit drei Tagen in der Ferienanlage sind und dass es bis jetzt noch keine komischen Vorkommnisse gab. Und nicht zu vergessen, dass die Terrassentür offen stand, obwohl sie zuvor noch geschlossen war", fasste Peter die neuesten Erkenntnisse zusammen.

„Und was machen wir uns jetzt daraus?", fragte der Dritte.

„Die Besucher wurden sowohl von unseren beiden Klientinnen als auch von der Polizei befragt. Damit kommen wir wahrscheinlich nicht weiter. Wir müssten eigentlich zurück in die Wohnung von Mrs. Parker und Mrs. Lizbeth, um beispielsweise die Terrassentür einer genauen Untersuchung zur unterziehen. Aber-"

Genau in diesem Moment klingelte es an der Tür. Bob stand auf, ging in den Flur und öffnete. Mrs. Parker stand hinter der Schwelle. „Guten Abend nochmal, kann ich kurz reinkommen?"

Der dritte Detektiv lächelte, nickte und ließ die Frau herein.

In der Küche angekommen, sagte sie: „Entschuldigt die Störung, Jungs, aber mir sind noch einige Sachen aufgefallen, die den Fall betreffen. Darf ich mich setzen?"

„Natürlich", erwiderte Peter und deutete auf den vierten Küchenstuhl. Dankbar lächelnd setzte sich Mrs. Parker und begann zu erzählen: „Ich und Sandra haben uns gerade die Terrassentür noch einmal genau angeschaut. Sie hat keine Kratzer oder Dellen, das heißt, sie muss normal geöffnet worden sein. Und das geht nur von innen, von außen gibt es keinen Griff."

Sie stockte.

„Und eine Sache habe ich euch vorhin verschwiegen. Es ist nämlich doch etwas vorgefallen. Sandra, ich und Milo waren vorgestern Abend in einem der Restaurants hier auf dem Gelände essen. Unser Schatz hat etwas zum Malen bekommen und hat sich tierisch darüber gefreut." Bei diesem Satz schlich sich ein sanftes und wehmütiges Lächeln auf ihr Gesicht.

„Am Nachbartisch saßen ein Mann und seine Tochter. Zumindest habe ich sie für Vater und Tochter gehalten. Der Mann dürfte so um die Ende dreißig gewesen sein und das Mädchen war so alt wie ihr, schätze ich."

„Wie sah sie denn aus?", hakte Bob nach. Er hatte plötzlich ein ganz mulmiges Gefühl in der Magengegend.

„Sie hatte rot gefärbte Haare, ungefähr auf Brusthöhe, Sommersprossen, blaue Augen. Der Mann hat kurze braune Haare, trägt einen Vollbart und ist etwas fülliger", führte Mrs. Parker aus.

„Danke", nickte Justus und bemerkte nicht, wie Peter und Bob sich besorgt ansahen. Sie hatten das Mädchen schon einmal gesehen.

„Jedenfalls, wir sind nach dem Essen aufgestanden und ich habe nach Sandras Hand gegriffen und ihr einen Kuss gegeben. Wir mussten auf dem Weg nach draußen an unserem Nachbartisch vorbei und ich habe gesehen, wie uns der Mann einen grimmigen Blick zugeworfen hat. Das ist an sich nichts ungewöhnliches, als lesbisches Paar mit Kind zieht man immer Aufmerksamkeit auf sich und die ist nicht immer nur positiv."

„Könnten Sie sich denn vorstellen, wer noch etwas gegen Sie oder gegen Ihre Beziehung haben könnte?", fragte der Dritte nach.

„Duzt mich doch ruhig, ihr könnt mich einfach Mina nennen", lächelte die Frau, ehe sie Bobs Frage beantwortete: „Kritiker unserer Beziehung und unseres Kinderwunsches gab es viele. Arbeitskollegen, Freunde, Eltern. Vor allem meine ältere Schwester ist gar nicht damit klargekommen, dass ich auf Frauen stehe. Und noch weniger konnte sie verstehen, dass ich mit einer Frau dann auch noch ein Kind bekommen wollte. Aber wir haben seit Milos Geburt keinen Kontakt mehr zueinander. Ansonsten fällt mir niemand ein, der gerade etwas gegen uns haben könnte. Aber das weiß man ja sowieso meistens erst hinterher", lachte sie niedergeschlagen.

„Vielen Dank für diese überaus informationsreiche Auskunft. Ich denke, wir sollten zunächst mit dem Mann sprechen, der im Restaurant neben euch saß. Allerdings würde ich das angesichts der späten Stunde gerne auf morgen verschieben, es ist schon reichlich spät", schlug Justus vor.

„Ja, das klingt nach einem guten Plan. Aber eine Sache ist mir gerade noch eingefallen. Gestern Nachmittag, als Sandra einkaufen gegangen ist, ist für gut eine Viertelstunde ein junger Mann die ganze Zeit vor unserem Haus hin und her geschlichen, mit dem Kopf gen Boden gerichtet. Ich habe mich nicht getraut, die Tür zu öffnen und ihn zu fragen, was er dort macht. Ich kann euch auch leider von niemandem den Namen oder die Adresse hier im Park nennen, ich hoffe, ihr werdet auch so fündig. Habt noch einen ruhigen Abend." Mit diesen Worten verabschiedete sich Mina Parker und die drei begleiteten sie noch zur Tür.

Als sie danach wieder in der Küche saßen, gab Peter zu: „Mir schwirrt gerade sowas von der Kopf vor lauter Männern, Mädchen und Türen."

Da rief der erste Detektiv aus: „Peter, du bist ein Genie!"

Dieser sah ihn nur fassungslos an, doch Justus erklärte sich schnell: „Jetzt weiß ich, wie wir morgen vorgehen. Peter, du gehst zu Hütte Nummer 63 und schaust dir dort die Tür noch einmal genauer an und überprüfst, ob es nicht doch einen Weg gibt, ohne Einbruchsspuren in das Haus zu gelangen. Bob, du gehst zu dem Mann und seiner Tochter und ich werde mich um den jungen Mann kümmern, der gestern Nachmittag so auffällig vor der Haustür unser zwei Klientinnen herumgelaufen ist."

„Aber-", wollte Bob noch einwenden, aber der Erste fiel ihm ins Wort: „Kein Aber! Jetzt wird geschlafen."

Der dritte Detektiv wollte einwerfen, dass er nicht zu dem Mann und seiner Tochter gehen konnte, da das Mädchen eben jenes war, das Peter am See so sehr angehimmelt hatte. Sie würde ihm wohl kaum Auskunft erstatten. Aber gegen einen entschlossenen Justus half nichts.

„Ich fürchte, da muss ich dir widersprechen, Just. Wir müssen noch Inspektor Cotta anrufen", warf Peter ein.

„Du hast Recht, Zweiter." Mit diesen Worten schnappte sich der Erste sein Handy und tippte die Nummer des Inspektors ein.

Es tutete einige Male, danach war die brummige Stimme Cottas am anderen Ende zu hören: „Justus Jonas. Lass mich raten, ihr seid gerade auf der Spur höchstgefährlicher Drogendealer und wollt, dass ich meine kostbare Nachtruhe wieder aufgebe, um euer Leben zu retten?"

„Fast, Inspektor, fast. Ich gebe ihnen drei Stichworte: Santa Monica Mountains, Milo, Entführung", wand der erste Detektiv ein.

„Möchte ich wirklich wissen, wie ihr schon wieder auf die Kindesentführung in dem Feriendorf in den Santa Monica Mountains gekommen seid?"

„Wir sind hier eigentlich selbst Touristen. Unsere Hütte ist die Nummer 65."

„Und du musstet deine Nase wieder in die Angelegenheiten anderer Leute stecken, Justus. Habe ich Recht oder habe ich Recht?", regte sich der Inspektor auf.

„Darum geht es doch jetzt gar nicht. Es geht darum, dass wir dringend Informationen brauchen, um den Fall zu lösen", versuchte Bob das Gespräch in die richtige Richtung zu lenken.

„Die bräuchten wir allerdings auch. Unsere Leute tappen völlig im Dunkeln, es ist mal wieder zum Verrücktwerden. Die beiden Frauen haben uns von dem Mann und seiner Tochter am Nachbartisch erzählt. Zu diesem Mann haben wir mittlerweile zum Glück einen Namen. Er heißt Ben Waters, seine Tochter ist uns nicht bekannt. Mehr kann ich euch auch nicht bieten. Aber hütet euch, wenn ihr weiter ermitteln wollt. Wir können eure Hilfe zwar dieses Mal wirklich gut gebrauchen, aber dieser Mann besitzt einen Waffenschein, er ist Jäger. Also tut hinterher nicht so, als hätte ich euch nicht gewarnt. Habt eine gute Nacht."

Danach wurde es still in der Leitung, der Inspektor hatte aufgelegt.

Die drei Fragezeichen und die Gesetze der Unmöglichkeit | Part 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt