"Und, was ist nun in der Bibliothek passiert?", fragte Peter erneut, als sie schließlich Hand in Hand am menschenleeren Strand entlangschlenderten.
"Wie soll ich das in Worte fassen? Ich bin in die Bibliothek gegangen und habe zuerst nach dem Buch gesucht, nach dem du mich gefragt hast. Als ich es gefunden hatte, bin ich noch ein wenig durch die Gänge gelaufen und habe Ausschau nach einem neuen Werk zum Schmökern gesucht. Da hat mich plötzlich jemand angetippt und obwohl ich mich noch gar nicht richtig umgedreht hatte, wurde ich schon unter einem Wasserfall aus Wörtern begraben." Der Dritte seufzte.
"Und, wer war es?", hakte der zweite Detektiv neugierig nach.
"Kennst du Mrs. Heather, die -"
Weiter kam er nicht, denn Peter fiel ihm unsanft ins Wort: "DIE Mrs. Heather? Die Freundin deiner Mutter, die einem immer den neuesten Klatsch und Tratsch auftischt, ob man will oder nicht und die einem die Worte immer im Mund herumdreht?"
"Ja, genau die", murmelte Bob resigniert. "Und es kommt noch schlimmer. Sie meinte zu mir, dass sie uns beide zusammen gesehen hat, letztens im Eiscafé, und sie hat mich gefragt, ob das denn jetzt mein Ernst wäre. Es gäbe doch so viele hübsche Frauen da draußen, die nur auf so einen zauberhaften Ehemann wie mich warten würden und sie einfach nicht verstehen könnte, was in die Jugend von heute eigentlich gefahren wäre. Wir würden alle guten Sitten über den Haufen werfen und uns vergnügen mit wem wir wollten, aber vom richtigen Leben würden wir nichts verstehen. Ich solle erwachsen werden und der Wahrheit ins Auge blicken. Eine kleine Spielerei in der Jugend sei ja noch zu verschmerzen, aber ich müsste mir klar werden, dass ich im 'echten Leben' ohne Frau und Kinder ja wohl kaum erfolgreich und glücklich werden würde."
"Und ich fürchte, das ist nur die Kurzfassung dessen, was sie dir alles an den Kopf geworfen hat, stimmt's?"
"Mmh, leider schon."
Eine kleine Pause entstand, ehe Bob niedergeschlagen hinzufügte: "Ich hoffe, dass sie es meiner Mutter nicht am Telefon erzählt oder es sogar schon getan hat. Meine Eltern sind ja gerade im Urlaub und ich habe wenig Lust auf ein ernstes Gespräch à la 'Robert Andrews, was hast du dir dabei nur gedacht?'" Er seufzte erneut.
Bob wollte weitergehen, doch Peter hielt ihn am Arm zurück und sagte: "Erstens: Ich bin der festen Überzeugung, dass diese Mrs. Heather aus mehreren Gründen ein paar lockere Latten in ihrem geistigen Gartenzaun hat.
Zweitens: Ich bin zwar keine hübsche Frau, aber ich bin mir sicher, dass du einen zauberhaften Ehemann abgeben würdest.
Und drittens: Egal, was deine Eltern von wem erfahren, wir lassen uns nicht unterkriegen. Bob, wir sind Detektive! Und noch dazu ziemlich erfolgreiche. Da wäre es doch gelacht, wenn ein Gespräch mit deinen Eltern unangenehmer ist als ein paar Stunden eingesperrt im dunklen Keller eines Ganoven.""So optimistisch und positiv kenne ich dich gar nicht, mein Peterchen", lachte der Dritte.
"Für dich spiele ich immer gerne das Sonnenscheinchen, Bobbele."
"Rutsch mir nur nicht auf deiner Schleimspur aus. Du wirst noch zum wahren Meister des Kitschs", grinste der Detektiv weiter.
"Ich und kitschig? Das glaubst du doch selbst nicht", lachte nun auch der zweite Detektiv.
"Doch, ich habe es ja gerade mit eigenen Augen gesehen, du Romantiker."
Bob genoss es, seinen Freund aufzuziehen, der Peter vor dem Beginn ihrer Beziehung oft als nörgeligen und ängstlichen Sportler erlebt hatte. Umso glücklicher stimmte es ihn, dass der Zweite auch ganz anders drauf sein konnte. Prompt drückte er dem Rotschopf einen kurzen Kuss auf die Lippen.
"Sollen wir zu mir fahren? Ich bin mit dem Auto gekommen und meine Eltern sind wie gesagt im Urlaub", fragte er anschließend.
"Klar, gerne! Meinst du, mein Fahrrad passt in deinen Kofferraum?"
Bob nickte zuversichtlich und sie machten sich auf den Weg zum Parkplatz.
Als sie schließlich beide im Auto saßen und der gelbe Käfer gerade auf die Straße rollte, schaltete Peter das Radio ein. Und da war es wieder, das Lied, das er auch schon auf der Hinfahrt gehört hatte. Nach einigen Sekunden schallte wieder Hozier's Stimme durch den Innenraum des Wagens.
We were born sick
You heard them say it"Das passt ja wie die Faust aufs Auge", murmelte Peter und ließ sich etwas tiefer in seinen Sitz sinken.
"Na, ist da wieder mein Miesepeter?", neckte Bob seinen Freund weiter.
Er konnte es einfach nicht lassen, wollte er doch Peters Lächeln sehen, wie sich niedliche Kringel um seine Augen legten und seine Mundwinkel sich nach oben hoben. Er schmolz förmlich dahin bei dem Anblick dieses hübschen Gesichts.
"Guck auf die Straße, meine Güte!", rief da der Zweite erschrocken aus und der Dritte lenkte den Wagen mit einem Ruck wieder auf die richtige Fahrbahnseite. Er durfte beim Autofahren wirklich nicht so viel träumen, auch wenn sein Beifahrer ihm wirklich allen Anlass dazu gab.
Quietschend bremste der dritte Detektiv in der Einfahrt des Hauses seiner Eltern. Schweigend stiegen sie aus und gingen zum Eingang, wo Bob die Haustür aufschloss. Noch ein letztes Mal schauten sie gen Himmel, an dem die Sonne nur noch als kleiner orangener Fleck zu sehen war.
Drinnen entledigten sie sich ihrer Jacken und Taschen und Bob kam endlich dazu, Peter das Buch zu überreichen. Mit einem feierlichen und doch müden Lächeln hielt er es ihm hin.
"Du hast mir zwar schon gebührend dafür gedankt, aber gesehen hast du es trotzdem noch nicht. Viel Spaß mit deinem neuen Lesestoff."
"Endlich kann ich den neuen Krimi von Ben Hustler lesen, ich habe mich schon so lange darauf gefreut, dass er ein neues Buch herausbringt. Danke, dass du mir sein Buch 'Höhenangst' gegeben hast, nachdem der Fall abgeschlossen war. Nur so bin ich auf den Geschmack gekommen."
Lächelnd nahm er den Wälzer entgegen und fügte hinzu: "Ich rufe eben meine Mutter an und sage ihr Bescheid, dass ich bei dir übernachte. Ich kann doch über Nacht bleiben, oder?"
Peter warf einen fragenden Blick zu seinem Freund, der nur breit grinsend erwiderte: "Nichts lieber als das."
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Die drei Fragezeichen und die Gesetze der Unmöglichkeit | Part 2
Fiksi RemajaNachdem der letzte Fall der drei Fragezeichen erfolgreich zu den Akten kommt, versuchen Peter und Bob ihre Liebe und ihren Alltag zu arrangieren. Blöd nur, wenn man dabei versucht, seine Beziehung vor Freunden und Familie geheim zu halten und gleich...