17. Wie wir noch nie miteinander gesprochen haben

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Ein wenig beschämt saßen Bob und Peter auf der Bettkante, beide immer noch nur in Boxershorts, während sie Justus leise in der Küche vor sich hin fluchen hörten.

„Wir müssen vorsichtiger sein, Peter", sagte der Dritte enttäuscht. Die Schamesröte wollte ihm noch immer nicht aus dem Gesicht weichen, er war immer noch von sich selbst geschockt, da er sich anscheinend nicht gut genug zusammenreißen konnte. War es denn wirklich so schwer, eine Beziehung vor den Augen der Öffentlichkeit halbwegs geheim zu halten?

„Ich weiß", murmelte sein Freund in diesem Moment frustriert zurück. „Meinst du, Just wird sehr sauer sein?"

„Ich weiß es nicht. Er ist sicherlich nicht amüsiert, dass wir uns nicht um das Rätsel gekümmert haben. Und er wird sich hintergangen fühlen. Der Geräuschkulisse nach zu urteilen ist er ziemlich wütend."

Bob seufzte. Er hatte sich den Urlaub ganz anders vorgestellt. Alles hatte so harmlos angefangen, sie hatten eine schöne Zeit zusammen gehabt. Und waren mal wieder vollkommen ahnungslos in einen völlig undurchsichtigen Fall geschlittert.

„Wir sollten uns wieder etwas anziehen", schlug der dritte Detektiv resigniert vor und stand vom Bett auf.

Peter nickte zwar, machte aber keine Anstalten, aufzustehen. Als der Dritte seine Hose vom Boden aufhob und sich dann kurz zu seinem Freund umdrehte, breitete dieser die Arme aus und bettelte mit seinem unverbesserlichen Hundeblick nach einer Umarmung.

Doch Bob schüttelte nur den Kopf. „Jetzt nicht, Peter. Das ist nicht der richtige Zeitpunkt für Liebesbekundungen. Justus ist schon sauer genug."

Nach weiteren zehn Minuten standen sie zusammen mit dem Ersten in der Küche. Seine Augen waren angespannt zusammengekniffen und er fragte wütend: „Ihr habt euch also nicht um das Rätsel gekümmert?"

Seine beiden Freunde antworteten im Chor: „Nein."

„Und jetzt wollt ihr mir wahrscheinlich sagen, dass es euch super doll leid tut." Er klang verächtlich.

„Ja", lautete die Antwort seiner Detektivkollegen.

„Was ist so schwer daran, einfach mal die Finger voneinander zu lassen? Das hat doch früher auch funktioniert! Ihr gefährdet mit eurem Rumgeknutsche immer wieder irgendeinen Fall und ich kann es einfach nicht mehr sehen! Reißt euch doch einmal zusammen!" Sein lautes Sprechen war zu einem Schreien angeschwollen.

Bob blickte zu Peter, dessen ganzer Körper bebte.

„Wir sollen uns zusammenreißen? Weißt du eigentlich, wie scheiße es sich anfühlt, sich immer wieder verstecken zu müssen, weil niemand versteht, dass wir etwas füreinander empfinden? Ich dachte, wenigstens du wärst auf unserer Seite!", brüllte der Zweite dem Ersten entgegen.

„Beruhigt euch doch mal!", rief der Dritte, doch die beiden ignorierten ihn einfach.

„Euer Verhalten kotzt mich an! Immer verbringt ihr Zeit zu zweit, immer schließt ihr mich von euren Aktivitäten aus! Sobald ich einmal für zehn Minuten weg bin, landet ihr im Bett! Das ist einfach nur ekelig, ich will mir das gar nicht vorstellen! Wir waren mal ein Team, erinnert ihr euch daran?", schrie Justus gerade zurück.

Der dritte Detektiv zuckte zusammen. Der Erste hatte sie gerade ekelhaft genannt. Sie hatten sich schon oft gestritten, doch so sehr beleidigt hatten sie sich schon lange nicht mehr.

„Kann ja sein, dass du einsam bist! Aber dann such dir jemanden, mit dem du nerdige Strategiespiele spielen und den ganzen Tag geschwollen reden kannst! Ich will einfach nur mein Leben leben und nicht jeden Tag darum bangen müssen! Und wenn du es so ekelig findest, was Bob und ich machen, dann stell dich halt nicht in die Tür und guck zu! Das ist ja nicht auszuhalten mit dir!" Bei seinem letzten Satz schlug Peter so heftig mit der Faust auf den Küchentisch, dass die Gläser für einen kurzen Augenblick klirrten.

„Ich gehe!", schrie der Zweite noch, dann drehte er sich um und wollte die Küche verlassen. Bob hielt ihn am Arm fest, doch Peter schüttelte ihn ab und brüllte ihm entgegen: „Lass mich gefälligst in Ruhe!" Mit diesen Worten stürmte er hinaus und schlug die Tür hinter sich zu.

Auch Justus verließ wutschnaubend den Raum und nach kurzer Zeit fiel die Haustür ein weiteres Mal ins Schloss. Nun war der dritte Detektiv alleine. Er seufzte tief. Peters letzte Worte hatten ihn verletzt, doch das hätte er vor sich selbst wahrscheinlich niemals zugegeben. Stattdessen zog auch er sich seine Schuhe an und trat vor die Tür. Die Nachmittagssonne strahlte ihm ins Gesicht und er überlegte fieberhaft, wohin er nun gehen konnte. Dann kam ihm eine Idee.

Er lief zwei Hütten weiter und kam vor der Tür von Mina Parker und Sandra Lizbeth zum Stehen. Unschlüssig wanderte er davor auf und ab und raffte sich schließlich dazu auf, zu klopfen.

Erst hörte er Schritte, dann öffnete Mina Parker mit einem müden Lächeln die Tür.

„Hey Bob, kann ich dir irgendwie helfen?"

„Kann ich reinkommen?" Seine Frage klang plump, doch vielleicht konnte er an dieser Stelle zwei wichtige Dinge miteinander verbinden.

„Natürlich!"

Sie trat zur Seite, sodass der Dritte in den Flur gehen und sich seine Schuhe ausziehen konnte.

„Komm doch mit ins Wohnzimmer, dann setzen wir uns. Möchtest du etwas zu trinken haben?", fragte die Frau freundlich.

„Hast du eine Cola da?", hakte er nach.

„Ja klar, ich gehe eben eine holen. Setz dich schon mal."

Bob ließ sich in die weichen Kissen fallen und merkte erst jetzt, wie erschöpft er eigentlich war. Der Streit hatte ihm den letzten Rest seiner Energie geraubt.

„Hier." Mina stellte ihm eine eisgekühlte Dose Cola auf den Wohnzimmertisch.

„Danke." Ein Lächeln huschte über das Gesicht des dritten Detektivs, ehe er nachfragte: „Bist du alleine hier?"

„Ja, Sandra ist noch einmal zum Polizeipräsidium gefahren. Ich hoffe, dass sie dort neue Informationen für uns haben. Vorhin war zwar schon Justus hier und hat uns auf den neuesten Stand gebracht, aber sie wollte trotzdem noch einmal zur Polizei fahren. Warum bist du hier?"

Der Dritte dachte eine Weile nach, ehe er antwortete: „Hat Justus euch das Rätsel gezeigt?"

„Welches Rätsel?", fragte Mina ungläubig.

„Ich habe zum Glück ein Foto mit meinem Handy gemacht. Ein Unbekannter hat uns ein Rätsel auf dem Laptop hinterlassen, aus dem wir einfach nicht schlau werden. Vielleicht weißt du mehr."

Bob zeigte der interessiert wirkenden Klientin das Foto und sie las leise murmelnd die Rätselzeilen. Mit jeder Zeile wurde sie blasser und ließ am Ende des Textes schließlich perplex das Handy sinken. Der dritte Detektiv sah, wie sich in Minas Augenwinkel eine Träne bildete, die sie verstohlen wegwischte.

„Du weißt also mehr als wir?", hakte er vorsichtig und sanft nach.

„Ja. Ich weiß, wer dieses Rätsel geschrieben hat. Mein fast Ex-Mann."

Die drei Fragezeichen und die Gesetze der Unmöglichkeit | Part 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt