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Minho Pov:

Gedankenverloren schlendere ich durch die Straßen von Seoul. Was war das heute bei den Toiletten? Wieso hat er mich weggestoßen, obwohl ich ihm helfen wollte? Einige Fragen fliegen in meinem Kopf durcheinander. Jisung hat anscheinend irgendein Problem, weswegen er so reagiert. Aber der Jüngere kennt mich kaum, deshalb ist unser Vertrauen zueinander auch nicht existent, da wir uns nur ab und zu in der Schule über den Weg laufen. Wie soll man da auch eine Freundschaft aufbauen?

„HILFE!"„HILFE!", schreit jemand angsterfüllt, reißt mich somit in die Realität. Für eine kurze Zeit halte ich inne, ehe mein Kopf eine Erinnerung hochkommen lässt. Irgendwoher kenne ich diese Stimme, aber mir fällt nicht ein, von wem sie kommt.

„Komm schon. Jetzt ist nicht die richtige Zeit, um Detektiv zu spielen! Wem gehört diese Stimme?", dränge ich meinen Kopf, ehe es mir wie Schuppen von den Augen fällt. Das ist Jisung! Sofort renne ich in eine Gasse und was ich dort zu sehen bekomme, gefällt mir ganz und gar nicht. Es ist nicht nur, dass der Mann ihn belästigt, sondern auch etwas anderes. Ein Gefühl des Ekels fließt durch meinen gesamten Körper. Er hat nämlich eine Hand an Jisungs Hintern und die andere unter seinem Pulli, während man erkennt, dass Jisung am Zittern und Weinen ist.

Sofort renne ich zu dem Mann und schlage ihm mitten ins Gesicht. Ich kann mich einfach nicht zurückhalten, so sehr widert mich das an und ehe ich mich versehe, blutet seine Nase schon. Ich stürmte zu Jisung, welcher zusammengekauert auf dem Boden liegt, weint, zittert und schnell atmet. Der Mann rafft sich wieder auf, kommt auf uns zu, weswegen ich mich schnell aufrichte und ihn kalt in die Augen starre. „Muss ich dir noch eine klatschen oder hast du es beim ersten Mal verstanden?", balle ich wütend meine Hände zu Fäusten, um deutlich zu zeigen, der Ältere habe sich mit dem Falschen angelegt.

Im Endeffekt rennt der Typ weg, sieht dabei ziemlich geschockt aus und schreit noch frustriert hinterher: „Ich werde dich wieder finden, Han Jisung und du wirst nicht immer jemanden an deiner Seite haben, der dir hilft!" „Verschwinde, du Verrückter! Sonst landest du im Krankenhaus!", drohe ich ihm zornig.

Als ich meine Konzentration endlich auf den Jüngeren lenken kann, knie ich mich zu ihm auf den Boden, streichle sanft seinen Rücken. Viel Erfahrung habe ich mit Panikattacken nicht, aber probieren geht bekanntlich über studieren.

„Wir sind alleine, der Typ ist zum Glück verschwunden", versuche ich den Kleineren vom Boden hochziehen, damit er sich an der Wand hinter ihm abstützt. Mit dem Hintergedanken, dass er gerade gegen seinen Willen angefasst wurde, beschränke ich den Körperkontakt auf das Mindeste.

Jisung scheint sich jedoch keineswegs beruhigen zu können, stattdessen verschlimmern sich die Symptome. Ich weiß nicht, wie viel ich dem Jungen damit helfen werde, aber irgendwas muss ich machen, ansonsten fällt er mir an Ort und Stelle noch in Ohnmacht und das können wir beide wirklich nicht gebrauchen. Ich setze mich langsam näher an ihn heran und umarme ihn sanft. Seine erste Reaktion fällt wie erwartet aus. Er versucht mich wegzustoßen, als der Jüngere jedoch bemerkt, dass ich keine bösen Absichten habe, klammern sich seine Arme fest in meine, als wäre ich sein rettender Anker.

Eine Weile dauert es, bis Jisung sich beruhigt, wobei ich ihm alle Zeit der Welt gebe. Es mag komisch klingen, da wir uns eigentlich kaum bis gar nicht kennen, aber jemanden alleine zu lassen ist noch schlimmer. „Geht es wieder?", erkundige ich mich mit entspannter Stimme. „Ja, danke Minho", erwidert mein Gegenüber, blickt mir vorsichtig in die Augen. „Willst du mir sagen, wer dieser Mann war?", frage ich einfühlsam nach, bekomme daraufhin ein Kopfschütteln, was  kein Problem darstellt. Wenn er darüber reden möchte, dann kann der Kleinere das gerne machen, aber aus Zwang muss der Junge mir nichts erzählen.

Als der Koreaner sich von mir löst, steht er auf und fällt wegen seiner wackligen Beine fast wieder hin, anscheinend ist man nach Panikattacken noch nicht vollständig bei seinen Kräften. „Du kannst auch zu mir kommen. Meine Eltern sind nicht da und du scheinst es alleine auf keinen Fall zu schaffen", mache ich ihm ein Angebot, welches er abnickt. Wahrscheinlich ist sein Körper zu erschöpft, um irgendetwas anderes zu machen. Vorsichtshalber helfe ich ihm beim Gehen, damit er wirklich sicher bei mir zu Hause ankommt.

——

Bei unserem Ziel angekommen, mache ich uns in Windeseile etwas zu essen, aber der Jüngere isst gefühlt nichts. Ich stelle keine weiteren Fragen zu diesem Thema und verschwinde nach ihm ins Bad. Manchmal ist es besser, wenn man die Sachen anspricht, sobald das Gespräch angemessen ist, was jetzt keineswegs der richtige Zeitpunkt zu sein scheint.

Ich betrete mein Zimmer, räume ein paar Minuten das Schlimmste weg und mache mich danach auf den Weg in das Wohnzimmer, weil Jisung dort auf der Couch wartet. Als ich sehe, wie der Kleine auf dem Sofa liegt und ruhig schläft, ist es unmöglich, ein Lächeln zu unterdrücken. Er sieht ja mal sowas von aus wie ein Eichhörnchen.

„Jisung, du musst dich noch umziehen", merke ich an, wecke ihn sanft mit einem leichten Grinsen. „Mhm, aber ich habe keine anderen Klamotten dabei. Sonst habe ich kein Problem damit, auf dem Teppich oder Boden zu schlafen. Ich will ja nichts schmutzig machen", brummt er in einem leicht traurigen Ton, dreht sich von mir weg, sodass nun sein Rücken in meine Richtung liegt. „Du musst unter keinen Umständen auf dem Boden schlafen. Ich leihe dir etwas von mir und schalte deine Sachen währenddessen in der Waschmaschine ein, ist doch gar kein Thema", erwidere ich freundlich.

Als sich der Teenager umgezogen hatte, hebe ich ihn im Brautstyle hoch und trage den Kleineren in mein Zimmer und lege meinen Besuch sanft auf das Bett. Er gibt nur ein leises Murren von sich. Kurz genieße ich noch seine Präsenz, ehe mein Weg sich ins Wohnzimmer bahnt, in welchem ich mir noch etwas auf dem Handy anschaue, weil mich die Müdigkeit noch keineswegs einholt.

Ein unerwarteter, lauter Schrei, der aus meinem Zimmer wahrzunehmen ist, lässt meinen Körper intensiv zusammenzucken. In gefühlter Lichtgeschwindigkeit rase ich dort hin und sehe, dass Jisung auf dem Bett sitzt, schnell atmet, weint und zittert. Mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit versucht sein Kopf, den Vorfall von heute zu verarbeiten. Ich setze mich aufmunternd zu ihm, woraufhin er aufstehen will.

„Wo willst du hin?", erkundige ich mich sichtlich verwirrt. Ist mein Bett so ungemütlich? „I...Ich l-le...lege mich auf die Couch, sonst wird es dir zu ungemütlich", erwidert er stotternd, immer noch mit einer gewissen Panik in seinen Augen. Ja, sie ist kaum zu übersehen. Die Panik davor, auf sich alleine gestellt zu sein und wieder der Person von ein paar Stunden zu begegnen.

„In dieser Verfassung lasse ich dich ganz sicher nicht alleine. Keine Sorge, ich werde auf dich aufpassen und wenn du reden willst, dann bin ich für dich da und höre dir zu", spreche ich empathisch, um meinem Gegenüber Komfort zu bieten.

Er tut mir so leid. Es ist echt nicht schön, aus einem Albtraum aufzuwachen und niemand ist für einen da, was zum Glück heute nicht der Fall ist, aber wie geht er damit bei sich zu Hause um? Ich werde morgen mit ihm reden, falls er sich bereit dazu fühlt.

Jisung rutscht etwas rüber, damit ich auch Platz habe. Der Jüngere dreht sich mit dem Rücken zu mir, weshalb ich nicht anders kann, als meine Hand, um seine Hüfte zu legen und die Andere unter seinem Kopf, wobei er sich ein bisschen an mich drückt, was mich unbewusst schmunzeln lässt. „Ist das okay für dich?", will ich mich doch versichern, schließlich sind wir keine Freunde oder sonstiges. Zu meiner Frage nickt der Koreaner kurz mit dem Kopf, ehe er tief ausatmet. Ich streichle ihn noch ein wenig, bis wir beide einschlafen.

——

Am nächsten Morgen wache ich auf und sehe zu meinem Bedauern, dass Jisung nicht mehr neben mir im Bett liegt. Jetzt bin ich hellwach.

Schnell springe ich auf, rase ins Wohnzimmer, da wir dort gestern die kleine Diskussion hatten, ob er nun bei mir schläft oder nicht. Bei dem bereits erwähnten Ort angekommen, muss ich erleichtert ausatmen und ein wenig schmunzeln, weil auf dem Sofa der Kleine liegt. Habe ich schon erwähnt, dass er aussieht wie ein Eichhörnchen? Ich betrachte ihn noch etwas Genauer bis mir auffällt, wie angeschwollen und rot seine linke Hand ist. Ich hebe sie hoch, um sie besser durchzuchecken.

Dabei fällt mir auf, dass...

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Hey Leute, wie geht es euch so?

Ich weiß hat jetzt länger gedauert, aber ich hoffe es gefällt euch trotzdem. ;)

Bye Bye

Loneliness\\ Minsung ✔︎Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt