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Magnus, Micah und ich scheinen gleich schockiert zu sein, doch Felicia und Derrick wirken bedrückt, als würden sie wissen, wovon er spricht.

"Das machen die doch nicht wirklich", sage ich und hoffe von meinem Mate die Antwort zu bekommen, die ich brauche, doch seine Gefühle und Gedanken kommen ihm wieder zuvor.

"Mir wird schlecht", sage ich und halte mir die Hand an den Bauch.

"Manche Rudel halten sich an alten Traditionen fest, Lilo", sagt Felicia bedrückt.

"Es gibt ihnen Sicherheit und Halt", fügt Derrick neben mir hinzu.

"Auch wenn dieses Kind nicht hätte im Rudel großgezogen werden dürfen, konnte es weiterleben. Wer hätte gedacht, dass die alte Hexe irgendwann mit einem weiteren Kind vor meiner Tür steht und mir von irgendwelchen Bestimmungen zu flüstert", sagt Nael und wischt sich erneut durch das Gesicht.

"Wenn du gekämpft hättest, wäre trotzdem alles anders gelaufen. Vielleicht wäre sie dann noch am Leben", sagt Magnus plötzlich wieder.

"Du kannst die ganze Sache nicht einfach auf ihm abladen. Mag zwar sein, dass er einen Teil der Schuld bei sich trägt, aber wenn du ihm die ganze Schuld gibst, hast du eindeutig nicht genau zugehört", höre ich mich plötzlich sagen und schon liegen die Augen meines Bruders auf mir.

Wie seltsam das klingt, wenn ich es alleine schon denke.

Bruder.

Ein Bruder.

Mein Leben lang, war ich alleine, doch plötzlich habe ich eine Familie, mit einem neuen Vater und auch noch einen Bruder.

Ich drehe mich, sodass meine Füße wieder den Boden berühren und lehne mich nach vorne, um meine Tasse auf den Tisch zu stellen.

"Nach dieser ganzen Geschichte, steht mein Entschluss noch fester", sage ich und spüre sofort, wie Derrick seine Hand an meinen Rücken legt.

"Er hat bereits zugestimmt, Makenzie", sagt er sowohl ernst als auch sanft.

"Ist mir egal. Nur, weil ich meinem Schicksal entkommen wollte, ist er in dieser Situation, also werde ich ihm nicht noch mehr aufbürden. Wir finden eine andere Lösung. Eine, die keinen von uns in Gefahr bringt", sage ich entschlossen und stehe auf.

"Abgesehen von dir, weil du mitten in der verfluchten Schusslinie stehst, Gottverdammt!", brüllt Derrick plötzlich hinter mir und springt ebenfalls auf, weshalb ich ihn total perplex betrachte.

"Silas weiß es doch schon längst, also warum können wir das nicht zu unserem Vorteil nutzen?!", schreit er mir direkt ins Gesicht, weshalb ich ihn einfach nur schockiert betrachte.

"Ich werde dein Leben nicht einfach aufs Spiel setzen! Wenn ich jemand anderen dafür ins Messer stoßen muss, dann tue ich das mit einem Lächeln auf den Lippen!"
Mein Herz schmerzt bei seinen Worten und das spürt er sofort.

"Ich habe dich gewarnt", sagt er etwas ruhiger und tritt näher an mich heran.

"Als du die Markierung wolltest, habe ich dich davor gewarnt, dass du mich früher oder später hassen wirst. Hass mich ruhig, wenn ich so denke, aber ich lasse lieber deinen Vater im Mittelpunkt des gottverdammten Krieges stehen, als dich. Und mir ist dabei auch vollkommen egal, ob er am Ende noch steht", sagt er mit ruhigen Worten, was den Schmerz nur leider nicht verringert.

Dann geht er einfach an mir vorbei und die Treppe hinauf, während ich hier an Ort und Stelle stehe und die Tränen an meinen Wangen herunterlaufen.

"Er hat recht, meine Kleine", unterbricht Nael nach einigen Minuten die Stille.

"Derrick tut das, was ich damals hätte tun sollen. Ich hätte eure Mutter beschützen müssen, doch das habe ich nicht. Deiner tut das richtige", sagt er weiterhin ruhig.

Eilig wische ich mir die Tränen aus dem Gesicht und verdränge den Schmerz in mir.

Auch den Hass auf seine Worte.

Ich verstehe nicht, wie er so denken kann, nachdem ich gerade erst einmal ein paar Tage von meinem Vater weiß.

Und trotzdem sagt er so etwas.

Es verletzt mich und es macht mich wütend.

"Meine Meinung ändert sich trotzdem nicht. Wenn jemand sterben muss, damit wir alle leben können, dann ist das definitiv Silas. Ich werde niemanden sterben lassen, den ich liebe oder der zu meiner Familie gehört", sage ich mit zittriger Stimme, ehe ich meinen starren Blick endlich auf Nael richte.

"Dieses Thema ist beendet und diese Option abgelehnt. Wir können ein anderes Mal darüber sprechen, wie wir das ganze Rudel beschützen. Ich bin nicht der Mittelpunkt der Welt, nur weil ich jetzt schwanger bin", sage ich wütend und fixiere ihn mit meinen schilfgrünen Augen.

"Das ist der Grund, warum du der wahre Alpha bist", höre ich Micah dann sagen, weshalb ich ihn verwirrt betrachte, doch er und Felicia lächeln mich unglaublich stolz an.

"Dieser eine Satz ist der Grund dafür. Du denkst nicht für zwei und auch nicht für die, die du liebst. Du denkst für alle", erklärt Felicia stolz, ehe ich verstehe, was sie meint.

Natürlich versuche ich alle zu schützen und nicht nur meine Familie.

Das wäre einfach nicht das richtige.

"Können wir bitte ein anderes Mal weiter darüber sprechen?", frage ich und sehe die vier Leute vor mir unglaublich erschöpft an.

Keiner von ihnen braucht noch etwas zu sagen, denn schon drehe ich mich um und gehe die Treppe nach oben.

The Alpha GirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt